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2001-10-24

Viktor A.: ZEUGEN-SUCHE GENUA

Die Gefängnistore von Marassi haben sich endlich von der richtigen Seite hinter mir geschlossen. Ich danke allen solidarischen Menschen für den menschlichen und politischen Beistand in der Haftzeit.

Wie Ihr wißt haben die G8-Demonstranten noch verschiedene politisch-juristische Rechnungen in Genua offen. Unsere eigenen Ermittlungsverfahren sind noch nicht eingestellt. Viele Verletzte und Mißhandelte haben Strafanzeigen gestellt. Unser Widerstand gegen Brutalität und Menschenrechtsverletzungen geht weiter. Der Kampf um die Wahrheit von Genua geht weiter. Die Behauptungen, die den Sturm auf die Diaz-Schule, den Polizeieinsatz gegen die Demonstranten und die Verhaftungen noch nach Tagen rechtfertigen sollen, müssen entlarvt werden, denn die Gewalt ging von den Polizei-Formationen aus.

Aus diesem Grunde bitten meine Freunde und ich Euch um Unterstützung und suchen Zeugen für meine Verhaftung und damit zusammenhängende Straftaten.

Ich wurde am Montag, dem 23. Juli, zwei Tage nach der Demonstration, ohne erkennbaren Grund in Genua um 10 Uhr in einer Telefonzelle vor der Via Emilia 10a in unmittelbarer Nähe des Stadions Sciorba verhaftet. Das Stadion Sciorba war ein offizieller Treff- und Übernachtungsort der G8-Demonstranten. 8 Stunden nach der Festnahme wurde mir von DIGOS-Beamten ein Stempel der Banca Carige als "Indiz" untergeschoben. Inzwischen wurde dieser Indizien-Vorwurf hinfällig.
Etwa 2-3 Stunden nach meiner Festnahme wurde ich zu dem Pkw meiner Freunde verhört. Dieser Pkw befand sich ebenfalls beim Stadion Sciorba auf der Brücke Ponte Ugo Gallo. Kurze Zeit danach, am Montag, dem 23. Juli 2001, gegen 13 Uhr wurde der Pkw vermutlich von DIGOS-Beamten mit Plastiksprengstoff aufgesprengt. Es handelt sich um einen dunkelblauen VW Passat Kombi mit Berliner Kennzeichen. Meine Freunde waren während der Autosprengung am Meer. Als sie zurückkamen, erfuhren sie von Augenzeugen, was inzwischen geschehen war.
Die linken Autotüren waren aufgesprengt, beide Türen waren vollständig deformiert, eine Glasscheibe in Stücke zerbrochen und der Autoinnenraum durchwühlt. In diesem Moment kam ein Streifenwagen der Polizei mit Blaulicht, zwei weitere Streifenwagen folgten. Wenig später kam ein weißer Fiat Punto mit drei zivil gekleideten Beamten. Einer dieser Beamten konnte Englisch sprechen und sagte, dass sie den Pkw aufgesprengt hätten, da sie dort eine Bombe vermuteten. Meine Freunde erbaten ein Schriftstück über diesen Einsatz. Er weigerte sich, ihnen dies zu geben und sagte, sie sollen nach Deutschland fahren und der Versicherung erzählen, dass der Schaden am Pkw während der Demonstration entstanden sei. Mein Freund hat bei der Staatsanwaltschaft Genua Strafanzeige wegen Sachbeschädigung, Unterlassung einer Amtshandlung sowie weiterer Straftaten erstattet. Wer zu meiner Festnahme und zu dieser Autosprengung Hinweise geben kann, melde
sich bitte bei: e-mail: johanneshelm@gmx.de

Berlin, 24.10.2001 Viktor A.