Wir finden es gut, dass die spektrenübergreifende Dynamik der G8-Proteste und die vielen entstandenen Kontakte und Verknüpfungen sich in Ideen zu diversen Camps umgesetzt hat. Es ist ganz sicher sinnvoll, sich jetzt, ein gutes halbes Jahr nach dem Gipfel, noch mal zusammenzusetzen, thematisch zu arbeiten und sich gemeinsame Aktionen für die nächste Zeit zu überlegen. Dabei ist insbesondere erfreulich, dass alle Konzepte auf eine spektrenübergreifende Vorbereitung und Beteiligung zielen ? und damit eine der Erfolgsbedingungen der Anti-G8-Kampagne fortschreiben wollen.
Nicht sinnvoll finden wir es dagegen, das Ereignis der Gipfelproteste reproduzieren zu wollen, wie es in einigen Beiträgen anklang. Ein Camp, das ebenso viele verschiedene Kreise erreicht und so aktivierend und motivierend wirkt wie Heiligendamm, halten wir für illusorisch. Wenn wir die Latte zu hoch legen, wecken wir Erwartungen, die wir wahrscheinlich nicht werden erfüllen können. Ebenso sind wir skeptisch, ob ein ?Mehrsäulencamp? tatsächlich die logische Schlussfolgerung aus Heiligendamm ist. Hier war schließlich der Gipfel der 8 Regierungen die Klammer, die es aus unserer Sicht richtig erscheinen ließ, für die Gipfelproteste kein Hauptthema zu beschließen, weil eben alle Bewegungen und Initiativen sich mit ihren jeweiligen Zugängen auf die Aktionen gegen den Gipfel beziehen sollten. Für ein Camp 2008 ohne Gipfel oder anderen äußeren Anlass gilt dies jedoch nicht, wenn als Klammer nicht nur ?Camping? übrig bleiben soll. Eine thematische Fokussierung, die gleichwohl Anknüpfungspunkte für viele bietet scheint uns hier sinnvoller zu sein, sowohl wegen der Mobilisierungswirkung nach innen als auch wegen der Darstellung nach außen in die (Medien-)Öffentlichkeit, zumal auf dem Medienmarkt ein Mehrsäulencamp? eine weitgehend unverkäufliche Ware sein dürfte.
Ein Klima- und ein Migrationscamp könnten natürlich, wenn sie zeitgleich und am gleichen Ort stattfänden oder sich überschnitten, von gemeinsamer Organisation profitieren. Da müssen sich die beiden Vorbereitungskreise äußern, ob sie sich das vorstellen können. Eine echte Kooperation, auch inhaltlich und in Aktionen, könnte spannend sein. So eine Kooperation fänden wir auch richtig und zukunftsweisend. Aber wir sind, was beide Themen angeht, keine großen SpezialistInnen.
Klar ist für uns jedoch ob Mehrsäulencamp oder nicht, das Thema Klima könnte sich zu einem Zugpferd entwickeln (sowohl für eine mediale Öffentlichkeit, als auch für ein junges, anpolitisiertes Publikum).
Aus einer emanzipativen Perspektive ist eine Forderung in anbetracht der globalen Erwärmung (die in den Industrieländern produziert, aber größtenteils von den Ländern des Südens ausgebadet wird) "Grenzen auf für alle!" und damit eben der Link zum Thema Migration und AntiRa. Die notwendige Verknüpfung sozialer und ökologischer Fragen, in
einer Weise, die gesellschaftliche Auseinandersetzungen produziert und in unserem Sinne radikalisiert ist auch ein wichtiger Schritt in Richtung eines neuen Internationalismus. Die interventionistische Aufgabe wäre dabei den richtigen Anspruch "Social change not climate
change" auch auf die Lebensrealität der Leute HIER zu beziehen.
Konkret gibt es da eine Menge Ansatzpunkte z.B.: Die immerhin bereits bekannte und gut vermittelbare Forderung nach freier Mobilität ("ÖPNV umsonst") kann durch den Verweis auf die CO2 Emissionen durch Individualverkehr upgedatet werden. Es können mit etwas Gespür gewiss noch viele "soziale" Terrains ausgemacht werden, die direkt mit der Klimakiste im Zusammenhang stehen. Diese Auseinandersetzung als Linke (im Anschluß an den öffentlichen Diskurs um Klimawandel) zu forcieren (eine anspruchsvolle Aufgabe) würde unserer Einschätzung nach sowohl die Antira als auch die Öko-Bewegung durchaus einen ordentlichen Schritt nach vorn bringen.
Es gibt bei uns Interesse für die begrenzte Mitarbeit in beiden Campvorbereitungen, wir haben ein paar Ideen und wollen uns an den Vorbereitungen beteiligen. Wäre toll, wenn wir es schaffen könnten, interessante, gut besuchte Camp(s) auf die Beine zu stellen, die uns
als Bewegung noch einmal weiterbringen.
Solidarische Grüße
Avanti - Projekt undogmatische Linke
Source: email