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2002-06-22

SPANIEN: GENERALSTREIK UND MASSENDEMONSTRATIONEN LEITEN PROTESTE GEGEN EU-GIPFEL

[Generalstreik]

Einen Tag vor Beginn des EU-Gipfels in Sevilla fand am 20. Juni ein überaus erfolgreicher Generalstreik statt, mit dem gegen die neoliberale Umstrukturierung der spanischen Arbeitsgesetzgebung protestiert wurde. Die meisten Fabriken standen still, der öffentliche Verkehr, die öffentlichen Dienstleistungen und die Verwaltung waren lahmgelegt. Die Zahl derer, die auf der Straße waren, ging in die Millionen. Allein in Madrid und Barcelona waren es je 400.000 bis 500.000. Die anarchosyndikalistischen Gewerkschaften CNT und CGT hatten hierbei enorm großen Anteil. Weiterhin wurden auf Strassen Barrikaden errichtet, mehrere Flughäfen blockiert usw.. Die spanische Regierung reagierte mit einer Doppelstrategie: öffentlich wurde der Streik kleingeredet, vor Ort wurde versucht, den Streik gewaltsam zu brechen. Durch Angriffe der Polizei auf Streikposten und Demonstartionen wurden hunderte Menschen teils schwer verletzt. Einen Tag zuvor fand im Baskenland ebenfalls ein Generalstreik statt. Auch dieser wurde von massiven Demonstrationen begleitet. Der letzte Generalstreik in Spanien war 1994. In Lissabon (Portugal) demonstrierten gestern 50.000 Menschen gegen die Regierung und die von ihr vorangetriebenen Privatisierungen.

In den deutschen Medien wurden der Generalstreik meist nur im Zusammenhang mit Einschränkungen für Touristen genannt, dabei wurde häufig die Behauptung der spanischen Regierung übernommen, daß der Streik ein Flop gewesen sei. Über die Demonstrationen wurde kaum berichtet, einige Zeitungen schrieben von eingen Hundert Teilnehmenden.

[Proteste gegen den EU-Gipfel]
Heute beginnt in Sevilla zum Abschluss der Ratspräsidentschaft Spaniens der Gipfel der EU-Regierungschefs. Themen sind unter anderem "Asyl und Einwanderung" -aus diesem Grund besetzten vor einigen Wochen die Sans Papiers eine Universität in Sevilla- sowie Bildungs-, Sozial- und Grundrechteabbau. Nach Sevilla mobilisieren Studierende, Gewerkschaften und verschiedenste gesellschaftliche Gruppen. Demonstrationen und andere Aktionen finden bereits seit Wochen statt. Ein Gegengipfel findet ebenso statt.
[...]
--> Auf Indy.UK finden sich neueste Nachrichten und Breaking News in englischer Sprache.

[indymedia.de, von einige von vielen - 21.06.2002 05:17]

AKTIONEN TROTZ REPRESSION - BILDER+ÜBERBLICK VOM FREITAG IN SEVILLA
Nach den landesweiten Massendemonstrationen in Spanien, an denen am Donnerstag weit mehr als 1 Million Menschen teilnahmen war der Freitag der Tag der Versammlung sozialer Bewegungen "Sozialforum Sevilla". Ausserdem sollten zahlreiche Aktionen und mehrere Demonstrationen - darunter eine Studentendemo - stattfinden.
Die Polizei versuchte die Proteste im Keim zu ersticken, es wurde nicht einmal der Versuch unternommen, das alles auch nur rechtsstaatlich aussehen zu lassen. In der Nacht gab weitere Razzien, Räumungen, Verhaftungen und Misshandlungen. Immer wieder kam es im Laufe des Tages in der belagerten Stadt Sevilla zu brutalen Übergriffen seitens der Polizei und zu Verhaftungen. Einige Aktionen, wie die Global Zoo-Aktion konnte nicht stattfinden. Zig Tausend Menschen wurden nicht nach Spanien oder Sevilla gelassen. Allein an der Grenze von Portugal zu Spanien wurden 2000 aufgehalten.

Brutale Übergiffe fanden am Freitag überall in Spanien statt.
Dennoch gelang es es immer wieder Aktionen und kleinere Demonstrationen an denen mehrere hundert bis mehrere tausend Menschen teilnahmen, durchzuziehen:
Gegen Mittag fand eine Aktion, die sich "paraiso fiscal" nannte statt, bei der Rechnungen gewaschen wurden. Zur selben Zeit versammelten sich 150 bis 200 Leute für "the abolition of the external debt" am Plaza San Francisco. Nicht weit entfernt laufen einige Nackte durch die Gegend, die ihre Genitalien mit jeweils einem Buchstaben bedeckt haben ("Against the Europe of Capital"). Dies ist fast die einzige Aktion, die in deutschen Medien, die sonst die Proteste totgeschwiegen haben, erwähnt wurde. In der San Salvador - Gegend (heisst das so?) haben einige Leute ein antimilitaristisches Puzzle entworfen. Das 4 mal 3 Meter große Werk sagt: "the military expenses for social uses schools, day-care centers, work and hospitals " - hier nehmen insgesamt 300 Menschen teil.
Viele andere Aktionen können nicht durchgeführt werden, da die Polizei Ansammlungen sofort zerstreut, wobei es immer wieder zu Misshandlungen kommt. Sehr viele Aktivisten wurden erst gar nicht nach Sevilla gelassen. Vor einem Jahr wäre das noch ein Skandal gewesen, wie überhaupt die gesamte Strategie der Regierung, die an finsterste Franco-Zeiten erinnert.
Am frühen Abend gibt es den Versuch, eine RTS durchzuführen, zu der die "Anarquists against Capital" aufgerufen haben. Es schaffen aber nur etwa 50 Menschen auf dem Platz zu bleiben. Zur selben Zeit gibt es eine feministische Demonstrationen, an der 500 Frauen teilnehmen. Gruppen sind hier u.a.: Women Against War, Women in Black und die Frauen-Gruppe des Sevilla Social Forum. Ebenfalls zur selben Zeit schafften es etwa 100 Menschen gegen sozialen Ausschluss zu demonstrieren. Aufgerufen hatte hier die anarchosyndikalistische Gewerkschaft CGT. "Europe Against Capitalism" stand auf dem Leittransparent. Diese Demo wird immer wieder angehalten und provoziert.
Gegen 20.00 schafft es doch noch eine RTS mit Samba-Band und mehr zu starten. Zur selben Zeit beginnt die Studentendemo, an der etwa 1500 Menschen teilnehmen. Die Demo wird von 30 Polizei-Vans eingekreist, dennoch kann der Kessel durchbrochen werden. Auf dem Leittransparent der Demonstration steht: "With an education system that is public and of quality another world is possible", eine Parole, die gerufen wurde war: "we are students, not terrorists". Zu diesem Zeitpunkt ist es unmöglich, noch irgendwie in die Innenstadt von Sevilla zu gelangen. Später vereinigt sich die Studentendemo mit den Anarchisten und einer Demo von Umweltschützern.
Am späten Abend konnte dann noch ein kostenloses Konzert stattfinden.
Das Wichtigste an diesem Tag war wohl, daß es trotz des Versuchs, jegliche Meinungsäusserung zu unterdrücken, geschafft wurde, inhaltliche Kritik sichtbar zu machen.

Heute wird die Abschlussdemonstration stattfinden, die wieder sehr groß werden wird. Die faschistoide Linie, die die spanische Regierung (natürlich mit Absprache und Unterstützung der anderen Regierungen in der EU) fährt, lässt einiges befürchten.

[indymedia.de, von Wer? - 22.06.2002 04:45]