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2007-05-27

Alltäglicher Widerstand statt G8-Spektakel

Es ist stets ähnlich: Die Herrschenden aus Politik und Wirtschaft treffen sich und Proteste wie die gegen das G8-Treffen in Heiligendamm reagieren darauf. Tausende Menschen kommen zusammen zu Aktionen, Demos, etc., um dann nach dem Ende dieses für Staat und Kapital berechenbaren Spektakels (deren Teil sowohl der Gipfel als auch die Proteste dagegen sind) wieder nach Hause zu fahren und zu funktionieren: überall dort, wo der Kapitalismus sich täglich reproduziert, wo wir alle ihn täglich reproduzieren, durch unsere Lohnarbeit, durch unser Mittun: ob nun in der Fabrik, im Büro, in der Klitsche, im Amt, in der Schule oder Uni. Mit konkretem Widerstand vor Ort, wo wir arbeiten und leben, haben die Anti-G8-Proteste und der Demotourismus nichts zu tun.

Das folgende Flugblatt stellt komprimiert (!) unsere Kritik und Position zu dem G8-Gipfel und dem Protest dagegen dar. Es erscheint in deutscher, englischer und französischer Sprache. Lest hierzu auch unsere Broschüre "Welche Perspektive hat die Anti-Globalisierungsbewegung? Eine notwendige Kritik".

Alltäglicher Widerstand statt Anti-G8-Spekatakel

Es ist stets ähnlich: Die Herrschenden aus Politik und Wirtschaft treffen sich und Proteste wie die gegen das G8-Treffen in Heiligendamm reagieren darauf. Tausende Menschen kommen zusammen zu Aktionen, Demos, etc., um dann nach dem Ende dieses für Staat und Kapital berechenbaren Spektakels (deren Teil sowohl der Gipfel als auch die Proteste dagegen sind) wieder nach Hause zu fahren und zu funktionieren: überall dort, wo der Kapitalismus sich täglich reproduziert, wo wir alle ihn täglich reproduzieren, durch unsere Lohnarbeit, durch unser Mittun: ob nun in der Fabrik, im Büro, in der Klitsche, im Amt, in der Schule oder Uni. Mit konkretem Widerstand vor Ort, wo wir arbeiten und leben, haben die Anti-G8-Proteste und der Demotourismus nichts zu tun.

Kritik und Widerstand müssen konkret sein!

Im Aufruf zur Großdemonstration in Rostock am 2. Juni 2007 ist die Rede von einer „Welt der Kriege, des Hungers, der sozialen Spaltung, der Umweltzerstörung und der Mauern gegen MigrantInnen und Flüchtlinge“, von einer „ungerechten Welthandelspolitik“. Was aber ist mit unseren konkreten Problemen hier vor Ort, in unseren Betrieben, in unseren Schulen und Unis? Davon ist keine Rede in den Aufrufen. Kein Wort über Arbeitslosigkeit, die tägliche Demütigung unsere Haut verkaufen zu müssen. Kein Wort über den Zwang, für alles zahlen zu müssen, über die alltägliche Situation am Arbeitsplatz, über die steigenden Mieten. Kein Wort über unsere alltäglichen und konkreten Ängste und Sorgen, aber auch nicht über unsere Träume und Wünsche. Kein Wort auch über Versuche sich zu wehren, über Arbeitskämpfe wie bei Gate Gourmet oder Opel.

Wenn es in diesem Aufruf weiter heißt, daß „Globalisierung im Interesse der Mehrheit der Menschen“ „faire Beziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern“ und „Frieden, Gerechtigkeit, soziale Sicherheit, Demokratie“ bedeute, so könnten diese leeren Phrasen ebenso gut von irgendwelchen anderen (Sozial-)Demokraten stammen. Eine Kritik der kapitalistischen Verhältnisse, die eben auf der Demokratie (derzeit und in unseren Breiten) und der (Markt-)Gerechtigkeit beruhen, eine Kritik der Lohnarbeit, des Staates und des Kapitals lassen diese Worte vermissen. Für uns ist jeglicher Handel der Handel des menschlichen Elends; für uns sind alle Staaten Gefängnisse; für uns ist der kapitalistische Frieden die Voraussetzung des kapitalistischen Krieges; für uns ist die Demokratie die politische Herrschaftsform der Diktatur des Kapitals.

Gegen die Freiheit und Gleichheit des Kapitals!

Ein „solidarisches und gleichberechtigtes Zusammenleben aller Menschen“ und eine „friedliche Welt“ sind unter kapitalistischen Verhältnissen nicht möglich. Die Verhältnisse beruhen auf der kapitalistischen Konkurrenz (ob nun zwischen einzelnen Regionen, Konzernen oder Arbeiterinnen), auf der alltäglichen Verwertung und Aus- bzw. Eingrenzung. Diese Gesellschaft befindet sich permanent in der Krise, was einen sozialen Krieg gegen uns und unsere Arbeits- und Lebensverhältnisse bedeutet.

In einem anderen dieser Aufrufe (von der Gruppe Avanti, überschrieben „Make capitalism history“) heißt es, es gehe nicht darum „einen 'besseren Kapitalismus' zu realisieren“, gefordert wird aber im gleichen Atemzug „globale Bewegungsfreiheit“, „bedingungsloses Existenzgeld“ und „globale soziale Rechte“. Was aber hat das mit einem Ende des Kapitalismus zu tun?

Ebenfalls werden „gleiche Rechte und Standards weltweit“ gefordert: dabei handelt es sich vor allem um das Recht unsere eigene Haut verkaufen zu dürfen (zugleich ein stummer Zwang der Verhältnisse) und einen gleichen „Lebensstandard“ (mensch lasse sich das Wort auf der Zunge zergehen: „Standard“). Welche „sozialen Rechte“, welche „Errungenschaften“ werden hier verteidigt? Das Recht auf eine Sozialwohnung, auf Arbeitslosengeld, auf einen Mindestlohn? Das alles soll uns nach Art des kleineren Übels schmackhaft gemacht werden, aber ist es wirklich das, was wir wollen? Die Gleichheit, die darin besteht unsere Arbeitskraft zu verkaufen. Wahrlich ein wertvolles Recht, eine großartige Errungenschaft!

Die Gruppe der G8 wird als „selbsternannte informelle Weltregierung“ ohne demokratische „Legitimation“ bezeichnet – im Gegenzug hieße das, es wäre besser wenn sie von der Menschheit demokratisch gewählt wären. Was würde das an den Inhalten ihrer Politik ändern? Was würde das an den gesellschaftlichen Grundlagen ändern? Wenn wir unsere Chefs demokratisch wählten, gäbe es dann keine Ausbeutung mehr?

Kapitalismus läßt sich nicht wegdemonstrieren

Auch ohne G8-Treffen wie das in Heiligendamm gäbe es Kapitalismus, die alltägliche Ausbeutung ist weitaus unspektakulärer. Die G8 ist nicht das Problem, Ausbeutung gab es auch schon vorher. Ebenso wenig ist das Elend unserer Existenz das Ergebnis des Fehlverhaltens einiger Managerinnen.

Kapitalismus ist ein soziales Verhältnis – kein zu blockierendes Treffen und auch kein zu boykottierendes Produkt. All die existierenden Probleme lassen sich nicht wegdemonstrieren, sondern nur mittels konkreten Widerstands bekämpfen!

Wir brauchen weder einen Markt, um herauszufinden, was unsere Bedürfnisse sind, noch Staat und Kapital, um diese zu befriedigen. Im Gegenteil: Wir müssen zur Befriedigung unserer Bedürfnisse den Kapitalismus gemeinsam abschaffen! Wir brauchen keine (alternativen) Politiker, die für uns reden, und keinen Sozialstaat, der sich um uns kümmert: Uns von dem Elend zu erlösen, das können wir nur selber tun! Ein wirklicher Kampf gegen den Kapitalismus beginnt jenseits des Spektakels im Alltag. Unsere Zukunft liegt nicht in der Reformierung, sondern in der Zerstörung der kapitalistischen Ökonomie.

Einige Feinde der Lohnarbeit und Freunde des guten Lebens

http://www.geocities.com/revolutiontimes