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27.07.2007

Camp-AG: Unsere Defizite

Liebe Leute vom Hannover-Kreis,

die Anti-G8-Camps im Grenzschlachthof Rostock, in Reddelich und in
Wichmannsdorf sind von etwa 18 000-20 000 G8-GegnerInnen bewohnt worden.

Gedacht als Rückzugs- und Versammlungsraum für alle AktivistInnen hatten
nicht zuletzt die Camps einen besonderen Anteil am engen Kontakt
zwischen dem Anti-G8-Protest und der örtlichen Bevölkerung sowie bei der
Bewertung der Bewegung von außen.

Von der überwiegenden Zahl der BewohnerInnen wurde die Organisation der
Camps und die Atmosphäre auf den Plätzen ausdrücklich als sehr gelungen
hervorgehoben – diese Stimmung drückt sich auch in dem Rücklauf der
Campbeiträge und allgemeiner Bereitschaft zu Spenden aus.

Damit war es der AG Camping 07 vergönnt, einen Überschuß zu erzielen.

Camping 07

Auch dazu beigetragen hat ein kostenkritisches „Erstellen“ der
Infrastrukturen – unter zum Teil sehr einfachen Bedingungen (z.B. die WG-„Büros“ in
Rostock), ohne bezahlte Kräfte wurde um jede Möglichkeit gerungen, etwas
über persönliche Beziehungen oder Eigenleistung im Vorfeld günstiger zu
bekommen:

Kontakte in Berliner Hausprojekte hinein, zu LKW-Besitzern, zu linken
Strukturen in den Gewerkschaften, zu SpezialistInnen z.B. aus Telephon-
und Elektronikbranche und nicht zuletzt zu den MacherInnen des
Fusion-Festivals haben neben vielen einzelnen Menschen, die sich
engagiert haben, erst das finanzielle wie technische Start-„Kapital“
erbracht, auf dem die Camps entstehen konnten.

Ganz im Gegensatz zur Mitwirkung im Hannoverkreis – mit seinen dort
vertretenen Organisationen und den „großen“ Namen und Figuren vorneweg.

Zu Beginn der Mitarbeit dort hatten wir gehofft, Teil eines politischen
Bündnisses zu sein, das den G8-Protest mit allen Aktionen von Samstag
bis zum Ende des offiziellen Gipfels mit trägt und unterstützt.

Wir hatten von der Hannover-Plattform erwartet, ideellen wie auch
finanziellen Rückhalt für den Aufbau der Camps zu erhalten. Dem war
nicht so!

Camps als Teil einer Widerstandsorganisation und -kultur waren zu Beginn
des Prozesses in Hannover im vergangenen Herbst kein Thema.

Erst durch beharrliches Intervenieren der AG Camping 07 fand sich die
Frage von Camps auf der Tagesordnung, konnten sich Camps als „Modul“
thematisch etablieren.

Dennoch: Im Reigen von Alternativgipfel und Großdemo wurden die Camps
häufig als Nebensache, als irgendwie unpolitisch und bestenfalls nur als
Schlafplatz angesehen. Überschläge hinsichtlich des Finanzierungsbedarfs
wurden als utopisch abgetan – kontrastierend dazu die als
selbstverständlich veranschlagte Summe für die Großdemo in Rostock.

Noch im Februar 07 finden sich im Protokoll (3.02. – Sabine Zimpel) die
Fragen „Was gehört zum Bündnisprozess dazu?“ und „ …bis zum nächsten
Treffen in der eigenen Organisation klären: Kommen wir auch für Kosten
des Camps oder für das Medienzentrum auf?“

Erst vier Monate später findet sich dann im Protokoll eine klare,
verlässliche Antwort :

„Die Verantwortung für das finanzielle Defizit wird gemeinsam getragen.“

Soso!!

Viele in der Camp AG wurmt es gewaltig, wenn ausgerechnet Menschen aus
dem Hannover-Kreis, die in nicht öffentlichen Gesprächen auch gerne mal
durchblicken ließen, dass dieser lose Haufen von Camp-AG ohne
SprecherIn, Büro und Namen ja eh nix gebacken bekäme, nun, am Ende des
Weges, nach dem Kassensturz, an eben diese Camp-AG mit der Frage
herantreten „…ist noch etwas Geld da?“

Ja, es ist noch etwas Geld da!

Und weil das nicht „unser“ Geld ist, fließt ein Teil, derzeit 33 500 €,
dieser Gelder an die Module der Hannover-Plattform.

Darin enthalten sind auch die 7500 €, die der Demo-AG zur Verminderung
des aufgelaufenen Minus von der Camp-AG zur Verfügung gestellt werden.

Eins wollen wir dabei aber nicht verhehlen:

Im Gegensatz zur finanziellen Unterstützung, die wir jetzt auch anderen
Gruppen und „Modulen“ leisten können und wollen, ist die Solidarität mit
den „großen“ Namen und Figuren des Hannover-Kreises bezüglich dem
Ausgleich des Großdemo-Minus nicht frei von abschließendem Zähneknirschen.

Für weitere Bündnisse erwarten wir in der Zukunft etwas mehr Respekt vor
autonomen Strukturen, die zwar ohne labeling, branding und
WortführerInnen daherkommen, für die aber spektrenübergreifende
politische Selbstorganisation von Menschen von attac (!) bis dissent (!)
das emanzipatorische Maß der Dinge ist, um gemeinsam nicht nur Camps „zu
wuppen“.

Preguntando caminamos – fragend schreiten wir voran.

Eure AG Camping 07 im Juli 2007