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2007-01-31

Erklärung des SPD-Parteivorstandes zur deutschen G8-Präsidentschaft

29.01.2007 Nummer: 047/07

Der SPD-Parteivorstand hat in seiner Sitzung am 29. Januar 2007 folgende Erklärung verabschiedet:

Für eine gerechte, solidarische und lebenswerte Welt

Deutschland hat am 01.01.2007 für ein Jahr den Vorsitz der G8 übernommen. Im Mittelpunkt der Präsidentschaft und des Gipfels der acht Staats- und Regierungschefs in Heiligendamm vom 6. bis 8. Juni 2007 werden die Ausgestaltung der globalisierten Weltwirtschaft und die Entwicklung Afrikas stehen.

Deutschland hat sich als Motto für die G8-Präsidentschaft "Wachstum und Verantwortung" gegeben.
Die Globalisierung schafft Wachstum und Zukunftsperspektiven für die Menschen in reichen und armen Ländern. Dieses Wachstum in den Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern muss umweltgerecht, nachhaltig und beschäftigungswirksam sein. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, das Ziel der Halbierung der weltweiten Armut bis 2015 zu erreichen sowie bei der Bekämpfung von behandelbaren Krankheiten und von gewaltsamen Konflikten voranzukommen.
Für die politische, wirtschaftliche und soziale Ausgestaltung der Globalisierung tragen die Länder der G8 eine große Verantwortung. In der Frage der gerechten Gestaltung der Rahmenbedingungen der Globalisierung müssen die G8 als führende Wirtschaftsnationen international eine Vorreiterrolle spielen, damit alle Menschen von der fortschreitenden Globalisierung profitieren.
Flankierend dazu müssen die Länder der G8 auch den Dialog mit den Schwellenländern suchen, um die Initiativen auf eine breitere Basis zu stellen.

Wir werden die deutsche G8-Präsidentschaft dazu nutzen, klare sozialdemokratische Schwerpunkte zu setzen und Initiativen für eine gerechte, solidarische und lebenswerte Welt zu ergreifen. Wir nehmen diese Verantwortung an.

1. Kräfte für eine soziale Welt bündeln:

Standortkonkurrenz zwischen Wirtschaftsräumen darf nicht zum weltweiten Druck auf Löhne, zu schlechteren Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen führen. Um die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der globalisierten Weltwirtschaft auch international zu verteidigen, treten wir dafür ein, die Agenda für menschenwürdige Arbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu stärken. Wesentliche Bestandteile der Agenda sind die weltweite Durchsetzung der Kernarbeitsnormen, die Einführung sozialer Sicherungssysteme, die Stärkung des sozialen Dialogs zwischen den Sozialpartnern und die Bereitstellung von menschenwürdigen Beschäftigungsmöglichkeiten mit ausreichendem Einkommen. Wir treten dafür ein, dass diese nicht nur in der ILO, sondern auch im Regelwerk der Welthandelsorganisation WTO verankert werden. Um diese Ziele zu verwirklichen, ist die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften überall in der Welt unverzichtbar.

2. Mehr Transparenz auf den Finanz- und Kapitalmärkten:

Die internationalen Finanzmärkte haben im Zuge der Globalisierung und Liberalisierung der Kapitalströme zunehmend an Bedeutung für die stetige wirtschaftliche Entwicklung insbesondere in den Schwellenländern gewonnen. Ein immer größeres Gewicht haben in den letzten Jahren Hedge Fonds erlangt. Wir unterstützen das Anliegen des Bundesministers der Finanzen, in der deutschen G7/8 Präsidentschaft eine internationale Debatte über die von Hedge Fonds ausgehenden potenziellen Risiken zu beginnen und dabei das Erfordernis einer größeren Transparenz in den Vordergrund zu stellen.

3. Klimawandel abwenden - Erneuerbare Energien und Energieeffizienz fördern:

Energie ist ebenso wie Luft, Wasser und andere natürliche Ressourcen Lebensgrundlage unserer Zivilisation. Der leichtfertige Umgang mit Energie und Ressourcen hat keine Zukunft mehr. Die Natur reagiert auf menschliche Einflüsse. Der Klimawandel gehört zu den größten globalen Gefahren. Das weltweite Wachstum des Energiebedarfs und die Zunahme des Naturverbrauchs machen rasches Umsteuern zwingend erforderlich. Ein Nichthandeln hätte nicht nur ökologische, sondern auch verheerende wirtschaftliche und soziale Folgen.

* Es gilt, Wege aufzuzeigen, wie die globalen Emissionen begrenzt und dann deutlich gesenkt werden können, um gefährliche Klimaänderungen zu verhindern und Anpassungen an den Klimawandel zu ermöglichen. Wir treten dafür ein, den multilateralen klimapolitischen Ordnungsrahmen der Klimarahmenkonvention und des Kyoto-Protokolls fortzuentwickeln.
* Gleichzeitig unterstützen wir die Initiativen des Bundesumweltministers zu Energieeffizienz und erneuerbaren Energien mit den Schwerpunkten auf Gebäude, Kraftwerke und Verkehr, und dabei insbesondere die Förderung alternativer Kraftstoffe. Darüber hinaus muss der Anteil erneuerbarer Energien weltweit erhöht werden, um auch global unsere Wirtschafts- und Lebensgrundlagen in Zukunft zu sichern.
* Wir erachten die Einbeziehung der Schwellenländer in einen Dialog über Energieeffizienz und Klimaschutz für unerlässlich ebenso wie die Förderung erneuerbarer Energie in Entwicklungsländern durch die Entwicklungszusammenarbeit.

4. Rohstoffreichtum für Entwicklung nutzen:

Die internationalen Rohstoffmärkte erfordern wegen der zunehmenden Nachfrage erhöhte politische Aufmerksamkeit. Der Umgang mit Rohstoffen in vielen Entwicklungsländern - nicht nur in Krisenregionen - machen politische Initiativen für mehr Transparenz im Rohstoffsektor, wie in der Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) angelegt, notwendig.
Dazu muss der Dialog mit den G8-Partnern, erdölproduzierenden Unternehmen, Regierungen in erdölreichen Entwicklungsländern und Schwellenländern gesucht werden, um durch die Bündelung der Initiativen zur verantwortungsvollen Nutzung des natürlichen Reichtums den illegalen Rohstoffabbau und die Korruption zu bekämpfen. Die aus dem Rohstoffreichtum resultierenden Zahlungsströme können nur bei mehr Transparenz zu einer sozial gerechten Entwicklung in den Ländern und zur Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele beitragen.

5. Für die Zukunft Afrikas in gemeinsamer Verantwortung:

In den Staaten auf unserem afrikanischen Nachbarkontinent wurde in den vergangenen Jahren viel erreicht. So hatte Afrika in den vergangenen Jahren ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 5 Prozent. Dennoch steht Afrika insgesamt weiterhin vor großen Herausforderungen: die Bekämpfung der HIV/Aids-Epidemie, der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, die Sicherung des Friedens und nachhaltiges Wirtschaftswachstum.

* Seit der Gründung der Neuen Partnerschaft für Afrikas Entwicklung (NEPAD) im Jahr 2001 und der Partnerschaft zwischen den G8 und Afrika, wie sie 2002 in Kananaskis etabliert wurde, hat sich eine enge Kooperation etabliert. Ziel dieser G8-Afrika-Partnerschaft ist es, die Reformanstrengungen der afrikanischen Staaten zu unterstützen. Zentrales Element dieser Reformbemühungen ist der African Peer Review Mechanism, ein Instrument zur Stärkung verantwortungsvoller Regierungsführung. Freie Wahlen, eine rechenschaftspflichtige Regierung, eine unabhängige Justiz, die Wahrung der Menschenrechte und die Bekämpfung der Korruption sind Bedingungen, damit die nationalen Entwicklungsanstrengungen auch nachhaltig sind und das Vertrauen für Kapitalzuflüsse, die für die weitere wirtschaftliche Entwicklung notwendig sind, entsteht. Wir unterstützen alle Bemühungen im Rahmen der deutschen G8-Präsidentschaft, die diese reformorientierten Staaten weiter voranbringen.
* Wir unterstützen auch alle Anstrengungen, damit mehr und nachhaltig in Afrika investiert wird. Nur wo in Afrika breitenwirksames, soziales, ökologisches und ökonomisches Wachstum entsteht, kann langfristig die Armut überwunden werden.
* Unabdingbare Grundlage dafür ist die Sicherung des Friedens. Wir begrüßen den Beitrag der G8-Länder zum Aufbau einer eigenständigen Sicherheitsarchitektur unter dem Dach der Afrikanischen Union. Auch angesichts der aktuellen Krisen am Horn von Afrika fordern wir aber weitere Anstrengungen der G8.
* Die HIV/Aids-Epidemie ist nicht allein ein Gesundheitsproblem, sondern auch ein alle Lebensbereiche berührendes Entwicklungsproblem, das in vielen Ländern in eine umfassende Krise zu münden droht. Verschärft wird dieses Problem noch dadurch, dass mehr und mehr Doppelinfektionen von HIV/Aids und Tuberkulose auftreten. Der in vielen Entwicklungsländern entstandene Teufelskreis von Armut und Infektion muss durch weitere Anstrengungen durchbrochen werden. Dabei muss besonders die
* Situation von Frauen berücksichtigt werden, denn mittlerweile sind 60% aller Infizierten in Sub-Sahara-Afrika weiblich. Wir unterstützen daher die Vorschläge der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, im Rahmen der G8 verstärkt HIV/Aids-Programme zur Verbesserung der Situation von Frauen und Mädchen umzusetzen. Parallel dazu begrüßen wir die strategische Ausrichtung zur Stärkung der Gesundheitssysteme. Beides muss bei der die Arbeit des Global Fund to Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria (GFATM) stärker berücksichtigt werden.

Die Länder der G8 müssen ihre Verantwortung im Dialog mit den afrikanischen Staaten wahrnehmen und Afrika auf seinem Reformkurs weiter begleiten. Dazu zählt auch, dass die G8 ihre Verpflichtungen aus Gleneagles zur Steigerung der ODA umsetzen; wir unterstützen die Bundesregierung in ihren Bemühungen, ihre Zusagen zum ODA-Stufenplan verlässlich umzusetzen. Denn Afrikas Entwicklung ist auch elementar mit unserer eigenen Entwicklung verbunden - wir sind als enge Nachbarn wechselseitig aufeinander angewiesen.