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2007-06-14

politblog.net: Lasst uns mal Krawall machen

3000 Schwerstverbrecher

Knut Abramowski, Leiter der Polizeisondereinheit KAVALA, hat in seiner abschließenden Presseerklärung am vergangenen Freitag auf den Punkt gebracht, was Deutschlands oberster Sicherheitsschützer Schäuble hören wollte: “Es hat einen einheitlichen Konsens der Deeskalation gegeben, den haben wir geschlossen bis zum Schluss eingehalten, obwohl sich unter den Versammelten 3000 Schwerstverbrecher befanden.”

Eine Definition des Begriffes “Schwerstverbrecher” scheint an dieser Stelle nicht nötig. Das Wort “Verbrechen” beschreibt schon die höchste Stufe eines Rechtsvergehens, einen Superlativ sieht das juristische Vokabular nicht vor, allenfalls die Umgangs- bzw. Gossensprache nutzt derartige Begriffe. Und natürlich die gezielte Manipulation, sie wendet eingängige Wortschöpfungen immer dann an, wenn es besonders tief haften soll.

Doch leider hat das Abschlusskommunique der Polizei einen kleinen Schönheitsfehler bekommen. Quasi kurz vor Toresschluss des ungehinderten Treibens der Polizeikräfte, am Abend des vergangenen Mittwoch, passierte das, was nicht hätte passieren dürfen: Ein Agent Provocateur (AP) - das ist ein Staatsbediensteter oder im Auftrag des Staates Agierender, der sich das Aussehen eines Demonstranten gibt und zu Gewalt und Eskalation anstachelt - ist von den Demonstranten entdeckt, entlarvt und “in Gewahrsam” genommen worden.

In ersten Stellungsnahmen erklärte die Polizei, davon sei nichts bekannt, keiner ihrer Leute werde “vermisst” und außerdem gäbe es so etwas überhaupt nicht. Polizisten tarnen sich nicht als Autonome und verdeckte Ermittlungen fänden nicht statt.

Erst auf massiven Druck der Demonstrations- und Blockadenveranstalter lenkte man ein, ja - verdeckte Ermittlungen fänden hier und dort statt. Den enttarnten AP aber kenne man nicht.

Der Druck wuchs stetig, die Anwälte der Demonstranten vor Ort, das sogenannte “Legal Team” legten nach. Ein Foto und die Identität es Enttarnten seien bekannt, wenn die Polizei nicht selbst eine Erklärung zu dem Vorfall abgeben würde, werden Foto und Personalien an die Presse gegeben.

Kurz darauf folgte eine erste Veröffentlichung des Fotos auf der Webseite von indymedia, bei dem man dem AP jedoch ein Maß an Anonymität zubilligte, indem man die Augenpartie unkenntlich machte.

Was aber war am frühen Abend des 6. Juni am Osttor in Heiligendamm geschehen? Ein vermummter “Autonomer” war, nachdem er zum Steinewerfen gegen anrückende Polizeieinheiten aufgefordert und eine Gruppe Demonstranten ganz eindeutig zur Gewalt angestachelt hatte, als Spitzel enttarnt worden. Die Frage einiger Beteiligter: “Wer bist Du überhaupt”, beantwortete er mit einem “Sie”, was die Anwesenden schon einmal stutzig machte. Sie hielten ihn fest und rissen ihm die Vermummung vom Gesicht. Erst da erkannten einige, dass er ein Bremer Polizist ist! Es gibt also keinen Zweifel: hier war ein Staatsdiener damit beschäftigt, aus einer friedlichen Bewegung eine kriminelle zu machen, Straftaten anzuzetteln oder sie - und das ist in diesem Falle eine Vermutung, die andernorts ihre Bestätigung findet - selbst auszuführen.

Was aber macht nun der Polizeichef von KAVALA daraus?

Schadensbegrenzung!

“Auf die Frage, warum es nötig war, eingesetzte Zivilpolizisten in Vermummung agieren zu lassen, sagte Abramowski: „Wir wollten Informationen über die Strategie dieser kriminellen Elemente bekommen.“ Augenzeugen, die berichteten, die Zivilpolizisten hätten zu Gewalt aufgerufen, forderte er auf, sich bei der Staatsanwaltschaft zu melden, die in diesem Fall Ermittlungen aufgenommen hat. „Eine solche Strategie hat es bei der Polizei nie gegeben und wird es nie geben“, sagte der Polizeiführer. “

Verdachtsmomente - die “Krawalle” von Rostock

“Eine solche Strategie hat es bei der Polizei nie gegeben und wird es nie geben.” Eine solche Aussage ist nicht nur falsch, sondern schlicht gelogen. Derartige Einsätze hat es in der Geschichte der bundesrepublikanischen Polizei immer gegeben. Es hat sie darüber hinaus nachweislich als probates Mittel, den Widerstand gegen die G8 (G7) - Gipfel zu kriminalisieren und diskreditieren, in Genua 2001 gegeben. Immer nach dem gleichen Schema: Brutalste Strassenschlachten für die Pressekameras. Angezettelt und ausgeführt von Agent Provocateuren! Diese Fälle von Genua, der gezielte Einsatz und die enge Zusammenarbeit der Polizei mit gedungenen Brandstiftern, gelten als bewiesen.

Nun melden sich auch in Deutschland Stimmen zu Wort, die die Vorfälle von Rostock während der Auftaktdemonstration der G8-Kritiker in einem anderen Licht erscheinen lassen.

Auch hier ergibt sich mittlerweile ein Bild, das nicht nur die Anwesenheit, sondern vor allem das aktive Inszenieren der Gewaltakte durch verkleidete Polizeikräfte immer wahrscheinlicher werden lässt. Auf der Webseite Oraclesyndicat wurde bereits eine erste Zusammenstellung von Fotos und Filmmaterial gemacht, die deutlich zeigt: Auch in Rostock waren es Zivilbeamte, die die Straftaten entweder selbst durchführten oder Situationen schufen, die die Eskalation initiierte und die Knüppelüberfälle auf friedliche Demonstranten legitimieren sollten.

Auch Politblog hat nun die Aussage eines Zeugen vor Ort als Interview vorliegen (s.w.u.)

Zehntausende friedliche Demonstranten

Die Gipfelstürmer hatten nicht nur ihren friedlichen Protest bestens organisiert, sie hatten auch - vor allem in den Camps - für eine oder zwei Wochen ein Leben nach ihren Vorstellungen geprobt. Basisdemokratie, Solidarität und Frieden hatten sie zum Motto ihres Alltags in Heiligendamm erklärt.

Die Brandstifter, so muss man nun vermuten, kamen nicht aus den eigenen Reihen, auch nicht aus denen der von der Presse zum Dämon erhobenen Autonomen. Die Brandstifter waren Beamte, der Staat selbst hat sein Gewaltmonopol nicht nur während der G8-Tage behalten, nein - er hat es auf schlimmste Weise missbraucht! Er hat Gewalt angewendet gegen friedliche Protestierer. Unschuldige wurden zu Hunderten (insgesamt 1200 Personen) in ein menschenunwürdiges Lager verschleppt, viele durch Knüppeleinsätze und Wasserwerfer verletzt, einige von ihnen so schwer, dass sie zeitlebens gesundheitliche Beeinträchtigungen behalten werden.

Der Rechtsstaat ist außer Kraft gesetzt worden!

Sinn und Zweck der verbrecherischen Einsätze sind unstrittig: Zum einen sollen Proteste und Demonstrationen kriminalisiert werden, niemand - aber auch wirklich keiner - soll jemals wieder auf die Idee kommen, seinen Unmut auf der Strasse zu artikulieren. Erstens ist das gefährlich, zweitens begibt sich ein unbescholtener Bürger damit in eine Reihe mit Schwerstverbrechern. Die Botschaft ist angekommen!

Zweitens - und diese staatliche Forderung kann nun auf breite öffentliche Unterstützung offen - sind Maßnahmen zum weiteren Ausbau der inneren Sicherheit dringend geboten, wollen wir nicht riskieren, dass dieser gewaltbereite Mob unseren Staat in Schutt und Asche legt.

Es ist eine schnelle und grundlegende Änderung zur Bewaffnung der Polizei durchzuführen. Gummigeschosse sind ein probates Mittel, um gegen demonstrierende Straftäter vorzugehen. Die Polizei muss aufgerüstet, ihre Befugnisse ausgedehnt werden.

Nein!

Retten wir den kleinen Rest des Rechtsstaates, der uns noch geblieben ist! Alle Fälle müssen zur Anklage kommen, es müssen staatsanwaltliche Ermittlungen eingeleitet werden, alle Zeugen müssen sich dringend melden und für Aussagen bereitstehen. Keiner darf über das, was er erlebt und gesehen hat, schweigen.

1. Wer waren die “Verhafteten” auf dem Rasen? Die Personalien müssen festgestellt worden sein, sonst ist die gesamte Aktion von vornherein unglaubwürdig.

2. Wer waren die Täter, die das Polizeifahrzeug attackierten? Ein Fotograf dicht daneben hat entsprechende Fotos gemacht. Auch an Augenpartien können kriminologische Untersuchungen Personen identifizieren.

3. Wer ist der Halter des ausgebrannten PKW mit dem Dresdner Kennzeichen? Wann und warum hat er das Auto dort abgestellt?

4. Wer war der andere Vermummte , der an besagtem Mittwoch zum Steinewerfen aufforderte (s.w.u.) und dann, nachdem er als Provocateur erkannt wurde, in den Reihen der Polizei verschwand?

Fordern wir eine unabhängige Aufklärung! Fordern wir, dass gegen alle Zivilpolizisten, die der Anstiftung oder praktischen Gewaltausübung verdächtigt werden, Strafanzeige erhoben wird.

Fordern wir die Mainstreampresse auf, die Vorfälle nicht tot zu schweigen und darüber zu berichten.

Die wahren Täter müssen betraft werden!

Auch wenn es nicht mehr viel ist, was wir verteidigen können, es ist immerhin ein Rest Demokratie.

[http://politblog.net/krieg-terrorismus/lasst-uns-mal-krawall-machen.htm]