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2007-06-08

Keine Bestätigung für "Säureattacken"

sueddeutsche: Der Witz als Waffe

Sie kämpfen mit Pantomine, Pustefix und roten Nasen - und bringen Polizisten nicht zum Lachen. Auf den Demonstrationen rund um Heiligendamm breitet sich eine neue international bewährte Protestfrom aus.

Die Seifenblasen zerplatzen am Plexiglasschild des schwer geschützen Polizisten. Die Clownin lädt ihr Pustefix-Stäbchen nach, holt Luft und wieder tanzen die ölig-bunten Bläschen durch die Luft. Sie lächelt, schneidet Grimassen. Sie kommt dem Polizisten sehr nahe, fast Nase an Nase steht sie vor ihm.

Sie will gute Laune verbreiten. Eine provozierend gute Laune.

Eine ganze “Clowns’ Army” ist in Heiligendamm angerückt, um gegen den G8-Gipfel zu protestieren. Für viele Polizisten ein neues Phänomen - von dem sie nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Mitlachen oder besser aufpassen? Ein Witz oder eine Waffe?

Die Polizeiführung in Rostock hat verbreitet, es habe Säureattacken auf Polizisten durch einige Clowns gegeben, die mit Wasserpistolen unterwegs sind. Bestätigen lässt sich das nicht. Die Substanz werde noch untersucht, heißt es.

Vertreter der G-8-Gegner beschwichtigen, die Meldung gehöre zu den üblichen Fehlinformationen der Polizei. Es könne sich höchstens um eine Seifenblasenflüssigkeit handeln, sagt eine Sprecherin der Blockierer. Von den Clowns ist dazu nicht viel zu erfahren. Wer sie anspricht, bekommt kindliches Geqäuke zu hören. Viele sagen einfach nichts. Sie ziehen Grimassen.

Experten wie der Hamburger Verfassungschützer Manfred Murck sehen die Clowns als Teil der “seit längerem zu beobachtenden Tendenz, Demonstrationen bunter zu machen”. Gesinnung: grundsätzlich friedlich. Das Konzept stammt aus Großbritannien, berichtet eine Sprecherin der Blockade-Organisatoren. Es soll nicht mehr sein als eine weitere Ausdrucksform für die Demonstranten.

Workshops zum “Clowning”

Im Vorfeld des G-8-Gipfels hat es in ganz Deutschland Vorbereitungstreffen gegeben, auf den auch Workshops zum “Clowning” angeboten worden sind. Dort haben sie gelernt, wie sie als einzelne Clowns angstfrei auf die Polizisten zugehen können. Immer mit dem Ziel, die Staatsmacht insgesamt ins Lächerliche zu ziehen. Fotografen lieben solche Bilder: ein Clownin, die dem Polizisten Seifenblasen entgegenpustet.

Polizisten, die bei den Demonstrationen ebenso unter Stress stehen wie manche Demonstranten, könnten sich von den blasenden Clowns leicht provoziert fühlen. Am Checkpoint Rennbahn, der seit Mittwoch blockierten Hauptzufahrt nach Heiligendamm, haben einige Clowns vor den Augen der Polizei und unter dem Beifall der Blockierer pantomimisch Knüppelszenen nachgespielt. Der darin enthaltene Vorwurf: Die Polizisten prügelten aus Spaß.

Die bunten Klamotten mögen auf den ersten Blick Heiterkeit vermitteln - wirklich lustig sind solche Aktionen für die meisten Polizisten wohl nicht. Und eine richtige fröhliche Antwort haben sie auch nicht.

(sueddeutsche.de)