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2007-03-20

Rechte Gipfelstürmer

Auch Neonazis wollen im kommenden Sommer in Heiligendamm gegen den G-8-Gipfel protestieren. Antifaschisten wollen Aufmarsch in Schwerin verhindern.

Informationsveranstaltungen zum G-8-Gipfel gibt es derzeit viele in Mecklenburg-Vorpommern. Nicht nur linke Gruppen laden dazu ein, sondern auch die Polizei. Sie will die Anwohner rund um Heiligendamm, wo sich vom 6. bis 8. Juni die Regierungschefs der acht führenden Industriestaaten treffen, über die zu erwartenden Szenarien aufklären. Daß auf diesen Informationsveranstaltungen der Polizei nicht nur unbedachte Bürger erscheinen, bewies Udo Pastörs, Landesvorsitzender der neofaschistischen Partei NPD in Mecklenburg-Vorpommern, Ende Februar in Bad Doberan. Gemeinsam mit etwa 25 weiteren Neonazis verteilte er dort Informationsmaterial der NPD und nahm im Anschluß an der Versammlung teil.

Die extreme Rechte hat sich zum Gipfeltreffen einiges vorgenommen. Eine kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke (Linkspartei.PDS) hatte bereits Ende Januar ergeben, daß Neofaschisten in den Monaten vor Heiligendamm und für den Zeitraum des Gipfels selbst zahlreiche Aktionen planen. Auftakt für die Mobilisierung war eine Konferenz des NPD-Jugendverbandes Junge Nationaldemokraten (JN) unter dem Motto "Damit der Wind sich dreht: Globalen Kapitalismus angreifen. Überall kämpfen Völker für die Freiheit der Nation" am 17. Februar in Sachsen. Am 2. Juni will die NPD unter dem Titel "Nein zum G-8-Gipfel! Für eine Welt freier Völker" in Schwerin demonstrieren. Insgesamt seien bezüglich des Gipfeltreffens vier Veranstaltungen angemeldet worden, hieß es in der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage Jelpkes. Drei Anmeldungen kommen demnach von der NPD, die vierte aus dem Spektrum der "freien Kameradschaften", die den "G-8 2007 rocken" wollen. Monty Schädel, Koordinator im Rostocker G-8-Bündnis und Bundesgeschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK), teilte im Gespräch mit junge Welt mit, daß sich bereits ein antifaschistisches Bündnis gegründet habe, um den Nazis unter anderem in Schwerin entgegenzutreten.

Sogenannter Antikapitalismus von rechts ist indes nicht neu. Seit Beginn der Hartz-IV-Proteste im Sommer 2004 versuchten Neonazis sich an vielen Orten in Demonstrationen einzureihen und unter Kundgebungsteilnehmer zu mischen. Bis heute: Erst vor zehn Tagen wollten sich in Dortmund, wo Neonazis einen Aufmarsch "gegen Kapitalismus" für den 1. Mai angemeldet haben, rund 50 Rechte an der dortigen Montagsdemonstration beteiligen. Im vergangenen Jahr hatte ein Bündnis aus NPD- und JN-Verbänden sowie "freien Kameradschaften" eine Kampagne unter dem Motto "Zukunft statt Globalisierung" gestartet. "Die kapitalistische Nation ist ein Widerspruch in sich. Sie betreibt ihre Selbstauflösung im globalisierten kapitalistischen Weltmarkt", hieß es im Aufruf.

In Vorbereitung der Proteste in Heiligendamm setzen sich auch Gipfelgegner und Antifaschisten mit dem vermeintlichen Antikapitalismus der Neofaschisten auseinander. Die "NoG8 Gruppe Kiel" verfaßte Ende Februar ein Papier "Hauptsache dagegen? - Warum Nazis gegen den G-8-Gipfel sind und Globalisierungskritik nicht immer fortschrittlich ist". Sie schildert darin, wie "Volksgemeinschaft und Nation" von den Rechten als positiver Gegenpol zum globalisierten Kapitalismus dargestellt werden. Dies sei eine Mischung "rassistischer und nationalistischer Hetze, populistischer Phrasen und völkischer Parolen". Auch die aktuelle Ausgabe der Lotta - antifaschistische Zeitung aus NRW (free.de/lotta) hat mit "›Antikapitalismus‹ von rechts. Mythos oder Realität?" ihren Schwerpunkt zu diesem Thema gewählt.

[http://www.jungewelt.de/2007/03-07/007.php]