Infotour in Portugal und Spanien

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Anti-G8-Infotour in Portugal und Spanien Im November und Dezember 2006


Insgesamt machte die Infotour zwischen dem 22. November und dem 15. Dezember 2006 Veranstaltungen an 16 verschiedenen Orten und kam so von Portugal über Asturias, Leon, in und um Madrid, in vier Städte im Baskenland (Zarautz, Durango,Victoria-Gasteiz und Bilbao) und nach Barcelona. Veranstaltet und organisiert wurden die charlas lokal von verschiedenen Gruppen und Leuten. (Wens intressiert: z.B. der Gruppe centro cultura anarcista concalvez correia, der Umweltorganisation GAYA aus Portugal, Leuten aus dem antikapitalistischen Wohnprojekt Escanda. In und um Madrid organisierte die Gruppe accion globale madrid Veransstaltungen, teilweise in Kooperation mit der Studentengruppe Malayerba oder der CNT in Aranjuez. In Durango vom besetzen Zenter sapuetxe, in Gasteiz von der CNT und in Bilbao dem internationalistischen Comite, in Bilbao Einzelpersonen)

Die Infotour bestand meistens aus einer Person, aber auch mal gemeinsam mit einer Frau, die mit der Infotour-gruppe Trapese gegen den G8-Gipfel 2005 in Schottland mobilisiert hatte, mit Leuten von accion global madrid und zwei Veranstaltungen mit zwei weiteren Personen aus Deutschland und England.

Inhaltlich waren die Schwerpunkte der Infotour folgende: referieren was die G8 überhaupt sind und wie sie Politik betreiben, auf Wunsch ein bisschen zur Geschichte des Widerstands und dann natürlich über den (damaligen) Stand der Mobilisierung für 2007, informieren über die verschiedenen Gruppen und Projekte. Fast alle Veranstaltungen waren klassische Infoveranstaltungen mit PowerPoint, wenn die Technik funktioniert hat, und nur zwei waren Veranstaltungen mit partizipativen Methoden von Popular Education. Im Allgemeinen stieß ich auf ziemlich viel Interesse und viele Leute waren begeistert, wie weit der Stand der Mobilisierung schon ist. Neben dem frontalen Teil war auch bei jeder Veranstaltung die Diskussion wichtig um Ideen und Diskussionen zurück tragen zu können. Ich werde jetzt versuchen die Diskussionsbeiträge der verschiedenen Veranstaltungen zusammenfassen, was gar nicht so leicht ist.

Fast immer leitete ich die Diskussion mit der Frage ein, was die Mobilisierung gegen G8 2007 für die Leute hier für eine Relevanz haben kann. Die Diskussionen drehten sich so gut wie immer um die Frage nach Deutschland zu fahren oder dezentral etwas in der eigenen Region zu G8 zu machen. In Portugal und Asturias, sowie in der Mehrzahl der Städte im Baskenland war die Frage oft, wie der Zusammenhang hergestellt werden kann zwischen der G8-Mobilisierung und den einzelnen lokalen Kämpfen. In Madrid, Aranjuez, in Bilbao und teilweise in Barcelona wurde mehr über die Notwendigkeit von Gipfelprotesten geredet und auch mehr praktische Diskussionen über die Situation im Juni (Anfahrt, Grenzen, (Anti-)Repression,...). Argumente um nach D zu fahren, waren unter anderen -die Einschätzung, dass die Abschottung der Gipfelteilnehmer vor den normalen Leuten, ein Erfolg der Mobilisierungen ist, der ihre Illegitimität sichtbar macht, -white-wash verhindert -dass Gipfelproteste auch über den Gipfel hinaus viel Energie geben können, -dass die Gipfelproteste wichtige Orte sind, um sich über Erfahrungen und formas de lucha (Aktionsformen) auszutauschen Usw.

Für dezentral erst einmal, weil viele Leute gesagt haben, sie können nicht nach Heiligendamm fahren (Geld, Zeit,...), sie haben aber Lust - und einige Gruppen haben das fest vor - lokale Aktionen zu machen. Andere Argumente waren, -dass die Kämpfe in/mit den lokalen Netzwerken nachhaltiger ist, -macht deutlicher, dass Kapitalismus das Problem ist, nicht G8 -Ziel sollte sein, Leute zu erreichen, informieren -weniger Reisekosten, Repression, -dass überall ähnliche Kämpfe laufen und durch eine Verknüpfung dieser das Gefühl eines gemeinsamen Kampfes gegen Kapitalismus geben könnte, Sehr vereinzelt wurde angemerkt dass das Einzig wahre la lucha dia dia (der alltägliche Kampf) ist und Gipfelproteste ein Spektakel. Oft wurde die Frage zentral, dezentral auch nicht als Widerspruch diskutiert, wie beispielsweise in Aljustrel, wo als Ergebnis gesagt wurde: Blockaden ja, wenn wir wirklich den Gipfel stören können, aber auch nicht zu viele Leute, die dann nur in der Gegend rumstehen. Deshalb auch dezentrale Aktionen, die in den verschiedensten Orten, das neoliberale Wirtschaftssystem angreifen und/oder Öffentlichkeit schaffen, gegen die Berichterstattung der kommerziellen Medien. Eine Idee war, mit öffentlichen Video-Screenings in verschiedenen Orten das gleiche auszustrahlen.

Eine weitere Diskussion, die bei einigen Veranstaltungen auftauchte war die Gewaltfrage. Hier wurden gängige Argumente ausgetauscht. Einige nannten die Gefahr der Kriminalisierung der Proteste, für andere ist die Konfrontation wichtig für mehr Sichtbarkeit der Kritik. Oft wurde gesagt, dass alle Aktionsformen wichtig sind, besonders aber dass sie gut zusammenarbeiten. Ein Beispiel wo das gut geklappt hat war in Prag, wo es die verschiedenen Blöcke gab unter denen eine Kommunikation stattfand.

Bei vorhergehenden Gipfelprotesten, insbesondere wenn die auf dem Land stattfanden, hatten Leute z. B. in Schottland, aber auch in Evian, die Erfahrung gemacht, sich nicht wirklich auszukennen und vor Ort schlecht an Informationen zu kommen und dann mit ihrer Bezugsgruppe irgendwo mitten im Nichts zu stehen. Deshalb die Bitte vor an unsre Leute vor Ort eine gute Kommunikation aufzubauen. Aber nicht nur vor Ort auch für das zeitliche Vorfeld des Gipfels kam die Forderung genug und gute Infos rauszugeben. Eine Stimme aus Bilbao: “Du kannst nicht Leute nach D mobilisieren, ohne zu wissen was da passiert und welche Konsequenzen das haben kann. Vor allem auch Infos wo man Leute von bestimmten Spektren findet.“

Als Probleme wurde diskutiert die Situation auf dem Land, wegen wenig Visibilität der Proteste. Außerdem die Befürchtung, dass zu viel Energie und Zeit in große Aktionen investiert werden könnte, in Aktionen, die dann womöglich gar nicht stattfinden werden oder ankommen? es sollte nicht nur um Protest gehen, auch Alternativen wichtig, autonome Orte. Nicht nur G8 Gipfel sollte Hauptpunkt der Proteste werden, auch gegen die G8-Sherpa-Treffen, wo die eigentlichen Dinge beschlossen werden, sollte mobilisiert werden.

Über die Organisationsform wurde gesagt, schon bestehende Netzwerke sollten genutzt werden und keine zentralisierenden Organisationsformen. Immer wieder wurde Schwierigkeit/Unvereinbarkeit angesprochen mit hierarchisch organisierten Gruppen zusammenzuarbeiten. Eine leider offenbleibende Frage war bei verschiedenen Veranstaltungen, wie wir Leute erreichen können und einbinden, die in wirklich prekären Situationen leben, wirklich betroffen sind? Dann noch die folgenden Dinge, die nichts neues sind, aber doch so oft gesagt -Alternativen leben wichtig -das wichtigste ist Öffentlichkeitsarbeit, Informationen raus bringen, auch Argumente -nach G8-Gipfel weitermachen -mehr Leute werden, die sich organisieren -neue Aktionsformen finden!!! -Flexibilität wichtig Daneben gab es noch ein bisschen Träumen von massenhaften Blockaden vom Meer aus oder einer vuelga international (einen internationalen Generalstreik) oder zumindest das Ausrufen eines Tages zur freien Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

Ganz schön lang geworden dieser Bericht. Aber es gab auch viele Diskussionen und Leute in Portugal und Spanien, die sich Gedanken über die Mobilisierung zum G8-Gipfel 2007 machen. Und viele, die sie unterstützen werden, mit uns auf den Straßen stehen oder an anderen Orten den Widerstand sichtbar machen. Freu mich darauf, aber haber auf dieser Tour auch wiedereinmal vor Augen geführt gekriegt, dass es nicht nur um den G8-Gipfel dieses Jahr geht, der vielen Leuten nur ein schwammiger Begriff war, sondern es auch darauf ankommt kapitalistische gesellschaftliche Zusammenhänge zu bekämpfen und Links zwischen den verschiedenen Kämpfen weiter herzustellen. Damit es wirklich um una lucha international contra el capitalismo, einen internationalen Kampf gegen Kapitalismus geht. Dafür kann der Protest gegen den G8-Gipfel 2007 und die jetzige Mobilisierung ein Meilenstein werden. Wichtig ist dafür vor Allem, wie mir bei dieser Infotour klar wurde, die Proteste in Mecklenburg Vorpommern in einen breiteren Zusammenhang zu stellen, Leute zu lokalen dezentralen Aktionen in anderen Orten und Ländern zu ermutigen(?) und beides zu verknüpfen, so dass sich lokale Kämpfe und Netzwerke und Gipfelproteste gegenseitig bestärken.

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