2011-07-13
Mit Interesse haben wir die Mobilisierung zu einer nicht angemeldeten Demonstration in Berlin am 16.Juli verfolgt. Wie sich die Polizei verhalten wird ist nicht absehbar. Hiermit wollen wir eine Option in die Debatte werfen, die von den (Nicht)Organisator_innen bislang nicht vorgestellt wurde.
So wie wir es verstanden haben, soll die Demonstration einen Bezug zum Kiez in Kreuzberg haben, mithin also keinen Krawall gegen die dortige Nachbarschaft führen. Damit würde sich normalerweise eine andere Gefährdungsanalyse (aus Sicht der Polizei) ergeben als beispielsweise eine Demonstration durch die City. Das die Polizei durchaus Kosten und Nutzen abwägt, hat sich am 1.Mai gezeigt, als sie eine Sponti in Kreuzberg laufen ließ um keine Randale zu provozieren.
Jedoch ist die Berliner Polizei gegenwärtig in einer Führungskrise.
Innensenator Körting möchte um jeden Preis den Bundespolizist Hansen zum neuen Polizeipräsident ernennen, der schon durch die Tötung eines Abschiebehäftlings in Frankfurt gezeigt hat aus welcher Richtung der Wind weht. So ist es kein Wunder, das Körting mit diesem Wunsch alleine steht; alle anderen Politiker_innen befürchten eine Zuspitzung auf den Strassen Berlins wenn Hansen seine Vorstellung von innerer Sicherheit verwirklichen kann.
Jetzt hat das Verwaltungsgericht die Ernennung gestoppt.
Manchem Hardliner in der Polizeiführung wäre Hansen grade recht gewesen, das schlaue Vorgehen von Glietsch gegen linke Demonstrationen war zwar erfolgreich, passte aber nicht mit dem Weltbild der Bereitschaftspolizei überein, die sich in Berlin lieber als Strassenkampfarmee gebärdet, denn als ausgestreckte Hand.
Möglich also, dass am 16.Juli Einsatzleiter oder Unterführer den Krawall suchen um dem Ruf nach dem Hardliner Hansen mehr gewicht zu geben. Es wäre nicht das erste Mal, bereits am 1.Mai 1989 fuhr die Einsatzleitung einen politisch Kurs, damals gegen den rot-grünen Senat.
Ausserdem ist unter den Vorzeichen des Wahlkampfs, in dem das Thema "linke Gewalt" Stimmen bringen soll, damit zu rechnen, dass die Demonstration am 16.Juli nicht unter den Aspekten der Vernunft begleitet wird, sondern das Tonfa und Pfeffer die Bilder einer wehrhaften Demokratie illustrieren sollen.
Wir wollen deshalb an das überflüssige Zerkloppen der Demonstration nach der Räumung der Liebig 14 erinnern, als die Polizei sich zwar an einigen ausgeschlagenen Zähnen und gebrochenen Knochen der Demonstrant_innen erfreuen konnte, im Übrigen aber für den Rest der Nacht schlecht aussah.
Für den Fall, dass die Demonstration am 16.Juli in Kreuzberg von der Polizei verhindert oder überfallen wird (und wirklich nur für diesen Fall), rufen wir zu dezentralen Aktionen in den nächsten Wochen auf.
Damit erkennen wir die militärische Überlegenheit der Polizei an, kollektive und friedliche Meinungsäusserungen auf der Strasse zu unterdrücken und weichen aus auf den überraschenden und unkontrollierbaren Moment, den das dezentrale Konzept in einer Großstadt bringt.