2011-05-08 

G8 Razzia 2007 – 2011 Prozess

Am 9. Mai 2007, im Vorfeld des G8 Gipfels in Heiligendamm, durchsuchte die Bundesanwaltschaft gedeckt durch den §129a (Bildung einer Terroristischen Vereinigung), über 40 Wohnungen und Orte. Von den Razzien, an denen über 900 Polizeibeamt_innen beteiligt waren, waren 18 Personen betroffen. Der BGH erklärte später, dass diese Maßnahmen rechtswidrig waren.

Nun verweigert die Hamburger Justizbehörde den Betroffenen die Entschädigungszahlungen, da es für rechtswidrige Handlungen des Staates keine Entschädigung gäbe. Das Entschädigungsgesetz gilt nur für rechtmäßige Maßnahmen, für Rechtsbrüche indes nicht so die Begründung.
Somit sollen die Eingriffe durch die Bundesanwaltschaft nach dem Gesinnungs- und Schnüffelparagraphen §129a gegen globalisierungskritische Menschen in aller Härte erhalten bleiben und nicht einmal die erlittenen Kosten erstattet werden.

Ein Betroffener klagt nun gegen dieses Vorgehen.

Die Durchsuchungen seiner Arbeitsstelle, mehrerer Wohnungen, sowie dem Auto und Wochenendhaus seiner Mutter endeten mit der Beschlagnahme von wichtigen Unterlagen und Computern. Erst 10 Monate später, nachdem der BGH diese Maßnahmen bereits am 20.12.08 für rechtswidrig erklärt hatte, wurden diese zurückgegeben. Nun soll auch die richterliche Grundsatzentscheidung der Entschädigungspflicht vom 17.11.08 nicht mehr greifen.

„Über das Vorgehen der Justizbehörde bin ich empört!
Ich erwarte zwar keine faire Behandlung, lasse mich aber auch nicht einschüchtern! Ebenso bleibe ich widerständig und werde mich weiterhin mit vielfältigen Mitteln für eine gerechte und solidarische Gemeinschaft einsetzen und auf der Entschädigung für die erlittenen materiellen Schäden bestehen!“

Der weltweite Protest gegen die kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung war unüberhörbar. Der Protest richtete und richtet sich weiterhin gegen die herrschende kapitalistische Ordnung, die weltweit verantwortlich ist für Armut, Umweltzerstörung, Ausbeutung, Unterdrückung, und Krieg.

Eine Entschuldigung für die Repression gegen linke engagierte Menschen ist mehr als überfällig.
„Ich fordere die sofortige Rücknahme des Einspruches der Justizbehörde
und dass alle Betroffenen sofort eine angemessene Entschädigung bekommen.“

In Berlin hatten auch Betroffene Entschädigung gefordert, welches ebenfalls abgelehnt wurde.
Dabei haben viele der Betroffenen der rechtswidrigen Razzien 2007 ihren Anspruch auf Entschädigung für die materiell erlittenen Schäden gar nicht geltend gemacht. Der Aufwand dafür wird bewusst von Seiten des Staates hoch gehalten, damit er für das rechtswidriges Handeln seiner Helfeshelfer_innen nicht belangt wird.

Wenn der Staat so ohne Rücksicht auf das Rechtsempfinden mit seinen Kritikern umgeht und sie zum Verstummen bringen will, werden die Auseinandersetzungen an Schärfe zunehmen bis eine grundsätzliche Änderung unumgänglich wird.

„Ich werde die Repression nicht hinnehmen und für eine Entschädigung streiten!“

Landgericht Hamburg Zivilkammer
Haupttermin des Verfahrens
xxx gegen Freie und Hansestadt Hamburg
wg. Beschlagnahme
Freitag 20.05.2011, 9:30 Uhr,
Sitzungssaal A 213, 2.Stockwerk, Sivekingplatz 1 ZJG

Zeitliche Eingliederung des Verfahrens:

seit 08/06 Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes mit Ermittlungsverfahren vertraut.
30.04.07 Durchsuchungsanordnung des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes von Wohnungen, Arbeitsstelle und PKW.
03.05.07 Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes Beschluss zur Entnahme von Körperzellen (Speichel oder Blut).
07.05.07 Durchsuchungsanordnung Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes des Wochenendhauses der Mutter.
09.05.07 Durchsuchung: es werden ohne konkrete Anhaltspunkte 18 betroffene und mehr als 40 Objekte von 900 Beamten durchsucht, es fällt vom BKA der Satz: „Wir haben in den Busch geschossen, nun sehen wir weiter, was und wer sich dort bewegt.“
Es laufen nach § 129a (Bildung einer Terroristischen Vereinigung) sämtliche Repressionsmaßnahmen: „Großer Lauschangriff“, Videoüberwachung der Wohnungen, Telefonüberwachung, Postbeschlagnahme, Observation, GPS Peilsender, Stille SMS zur Ortung, Geruchsprobenabnahme, DNA Analyse, …
09/07 „Akteneinsicht“ von 33 Bände Sachaktenauszug.
17.10.07 Schreiben des Senates mit erheblichen Zweifel an der Zuständigkeit des Generalbundesanwaltes und des Ermittlungsrichters.
23.11.07 Beschluss des Bundesgerichtshofes Ermittlungsrichter zur Sicherstellung/ Beschlagnahme von Gegenständen wird bestätigt.
20.12.07 Beschluss des Bundesgerichtshofes zur Rechtswidrigkeit der Maßnahmen
07.01.08 Übergabe des Ermittlungsverfahren vom Generalbundesanwaltes zur Staatsanwaltschaft Hamburg.
10.01.08 Beschluss des Bundesgerichtshofes Ermittlungsrichter: Beschluss vom 23.11.07 (Sicherstellung/ Beschlagnahme) wird aufgrund der Beschwerde aufgehoben.
14.01.08 Beschluss des Bundesgerichtshofes zur Rechtswidrigkeit der Durchsuchungen.
06.03.08 Herausgabe der beschlagnahmten Gegenständen vom BKA.
19.05.08 Die Staatsanwaltschaft Hamburg beabsichtigt die Löschung der Protokolle und Aufzeichnungen aus der Telefonüberwachung ohne Einstellung des Vorwurfs von §129.
27.05.08 Beschwerde gegen Vernichtung der Telefonüberwachungs-Protokolle und Beantragung einer richterliche Entscheidung.
02.06.08 Die 264 Bände umfassende Akte geht bei der Staatsanwaltschaft Hamburg ein. Die Offenlegung der Akten für die Anwälte (die Aktenordner sind unvollständig, entscheidende Protokolle sind nicht enthalten) erfolgt erst sehr viel später.
23.06.08 Landgericht Hamburg an die Staatsanwaltschaft: geht davon aus, dass die Protokolle nicht vernichtet werden bevor die Staatsanwaltschaft diese durchgearbeitet hat und die Entscheidung wird somit zurückgestellt.
24.09.08 Einstellung des Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen alle Beschuldigten.
24.09.08 Staatsanwaltschaft Hamburg: Möglichkeit zum Entschädigungsantrag, dieser wird fristgerecht innerhalb eines Monats gestellt.
08.10.08 Beschluss des Landgerichts Hamburg zur Einsichtnahme in die Telefonüberwachung durch die Anwälte der Betroffenen.
17.11.08 Beschluss zur Entschädigung der Maßnahmen durch das Amtsgericht Hamburg.
03.02.09 Bezifferung des Schadensersatzanspruches des Entschädigungsantrages
sowie des Antrages auf Gebühren und Auslagen Übernahme der Anwaltskosten.
22.02.10 Ablehnung des Entschädigungsantrages durch die Hamburger Justizbehörde.
31.05.10 Einreichung der Klage gegen die Freie und Hansestadt Hamburg sowie Überweisung der Gerichtskosten zur Klage.
04.04.11 Terminierung zur Hauptverhandlung vom Landgericht Hamburg.

Begründung der Hamburger Justizbehörde in Auszügen im Wortlaut:

>> Freie und Hansestadt Hamburg Justizbehörde:
Der Entschädigungsantrag vom 3.2.09 wird abgelehnt.

Gegenstand des im Strafentschädigungsgesetz-Verfahren ist eine Entscheidung des Gerichts in der dem Grunde nach rechtskräftig eine Entschädigungspflicht festgestellt worden ist.

Nach § 2 StrEG besteht eine Entschädigungspflicht für Schäden, die durch rechtmäßig vollzogene vorläufige Strafverfolgungsmaßnahmen entstanden sind. Rechtswidrige Maßnahmen sind vom StrEG nicht mit umfasst.
Die hier vorliegende o.g. Grundentscheidung, nach der für die erfolgte Durchsuchung vom 09.05.2007 (Wohnräume, Arbeitsstelle und PKW) sowie durch die Sicherstellung/Beschlagnahme von Gegenständen vom 09.05.2007 bis 06.03.2008 entstandenen Schäden zu entschädigen ist, im Hinblick auf die vorgenannte formelle Voraussetzung unzutreffend.
Nach Aktenlage „entschied der BGH mit Beschluss vom 20.12.2007, dass die strafprozessualen Maßnahmen rechtswidrig gewesen seien. Eine Strafverfolgungskompetenz des Generalbundesanwaltes und damit auch die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters beim BGH nicht vorgelegen.“ Folglich waren der Vollzug der o.g. Durchsuchung und Sicherstellung/Beschlagnahme rechtswidrig.
Hier wurde also eine nach dem StrEG nicht vorgesehene, sondern eine diesem gerade entgegenstehende Entschädigungspflicht ausgesprochen. Die Justizbehörde ist daher im hiesigen Betragsverfahren an diese Grundentscheidung nicht gebunden.
Der Entschädigungsantrag muss daher schon aus diesem Grund insgesamt abgelehnt werden. <<

Weitere Informationen im Internet:

http://129akten.noblogs.org

Web zur Broschüre zum 129a-Verfahren „129akten – Von Kernseife, Schnüffelhunden und Rumgetüddel“
Broschüre mit sehr persönlichen und emotionalen Berichten über das Leben mit dem Umstand über einen großen Zeitraum Betroffene_r staatlicher Observierung und daraus resultierender Repression in Form einer Anklage nach §129a (Bildung einer terroristischen Vereinigung) zu sein.

http://autox.nadir.org

Über das Buch “Autonome in Bewegung” (G8-Verfahren nach §129(a), Durchsuchungen am 9. Mai 2007).

http://www.Maus-Bremen.de

Zu den bundesweiten Razzien am 9.5.07 im Vorfeld des G8-Treffens, Durchsuchung auch in der MAUS (im Menü unter: „Zu den bundesweiten Razzien am 9.5.07“).

http://einstellung.so36.net

Web zur „Einstellung der §129(a)-Verfahren – sofort! Solidarität mit Oliver, Florian, Axel, Andrej und allen Betroffenen!“

http://soligruppe.blogsport.de/

Soligruppe 19. Juni (Berliner Soli-Gruppe zum Bad-Oldesloe-Verfahren, im Sommer 2008 eingestellt)

Indymediaartikel zu der Ratzzia und den Solidemos:
http://de.indymedia.org/2007/11/199945.shtml
http://de.indymedia.org/2007/08/190016.shtml
http://de.indymedia.org/2007/07/186639.shtml
http://de.indymedia.org/2007/06/184728.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/179208.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/179064.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/178447.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/178130.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/177705.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/177034.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176790.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176772.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176742.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176726.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176526.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176509.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176508.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176494.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176452.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176447.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176426.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176373.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176363.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176348.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176345.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176295.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176292.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176288.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176254.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176245.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176233.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176207.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176203.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176199.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176188.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176176.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176175.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176174.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176160.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176159.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176153.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176122.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176121.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176074.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176043.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176027.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176014.shtml
http://de.indymedia.org/2007/05/176010.shtml

http://129akten.noblogs.org