2011-01-27
Ein englischer Spitzel soll für die baden-württembergische Polizei in der linken Szene ermittelt haben. SPD und Grüne in Baden-Württemberg haben von Innenminister Heribert Rech (CDU) Aufklärung über den Einsatz des britischen Scotland-Yard-Agenten Mark Kennedy verlangt.
Der Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, hatte am Mittwoch im Bundestags-Innenausschuss berichtet, dass Kennedy auch in Diensten Baden-Württembergs gestanden hat. Der SPD-Rechtsexperte Rainer Stickelberger forderte heute in Stuttgart: “Innenminister Rech muss Rede und Antwort stehen, ob er tatsächlich auf einen verdeckten Ermittler aus dem Ausland zurückgegriffen hat und der Mann auch Straftaten begangen hat.”
Unklar ist noch, wann und wofür die Landespolizei den britischen Spitzel eingesetzt hat. Möglicherweise spionierte Kennedy im Umfeld des NATO-Gipfels 2009 in Baden-Baden und Straßburg militante Gruppen aus. Das Innenministerium in Stuttgart wollte heute aus “einsatztaktischen Erwägungen” keine Auskunft geben. Eine Sprecherin sagte lediglich: “Natürlich werden verdeckte Ermittler eingesetzt, entsprechend dem Polizeigesetz.” Selbstverständlich aber werde man die Fragen der Opposition beantworten.
“Völlig neue Qualität von Spitzeltätigkeit”
Diese Fragen haben SPD und Grüne in getrennten Anträgen bereits dem Innenminister übersandt. Heribert Rech, so die SPD, müsse schon sehr überzeugende Gründe vorlegen, um den Einsatz eines Briten als Spitzel im Land zu rechtfertigen, erst Recht wenn er dabei vielleicht sogar Straftaten verübt habe, wie Ziercke berichtet haben soll.
Auch die Grünen fordern lückenlose Aufklärung und sprechen von einer völlig neuen Qualität von Spitzeltätigkeit im Fall Kennedy. Und das nur wenige Tage, nachdem der Fall eines verdeckten Ermittlers des Landeskriminalamts an der Universität Heidelberg bekannt geworden sei.
Der Grünen-Innenexperte Uli Sckerl sieht Rech in Bedrängnis: "Wenn das zutrifft, dann wird es sehr unbequem für den Innenminister, der seit dem “Schwarzen Donnerstag” im Stuttgarter Schlossgarten angezählt ist." Er bezog sich damit auf den harten Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner am 30. September.
Strafrechtlich in Deutschland aufgefallen
Britische Medien hatten berichtet, dass Kennedy jahrelang verdeckt militante Protestgruppen in ganz Europa ausspionierte. Ziercke hatte nach Teilnehmerberichten in der vertraulichen Ausschusssitzung erklärt, dass der Mann unter anderem beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm (Mecklenburg-Vorpommern) und auch in Berlin im Einsatz war. Kennedy sei zweimal strafrechtlich in Deutschland aufgefallen. In Heiligendamm beteiligte er sich an einer Straßenblockade – in Berlin war er in eine Brandstiftung an einem Müllcontainer involviert.