2003-07-20 

Ratschläge des Legal Teams

07.Jul.02 - • sobald ihr die zeit dazu findet, lest aufmerksam den Ratgeber für aktive DemonstrantInnen, den es kostenlos auf englisch, französisch, deutsch, italienisch und spanisch gibt. er enthält wichtige infos zum ablauf von festnahmen, polizeigewahrsam, anzeigen, gerichtsprozessen und möglichen verurteilungen sowie zur notwendigen unterstützungsarbeit für festgenommene und beschuldigte.

• versucht etwas vorzusehen womit ihr euch im falle einer etwas 'heisseren' situation vermummen könnt (das ist in frankreich nicht verboten) und auch um auffällige kleidung rasch zu wechseln. (die gemeldeten beschreibungen sind oft sehr oberflächlich und basieren auf sehr sichtbaren elementen wie farbe der kleidung oder taschen, frisur, farbflecken...) nehmt besser taschen, die nah am körper anliegen, steckt die kapuzen ein, sonst werdet ihr leichter von den bullen geschnappt.

• seid solidarisch unter demonstrantInnen. manchmal ist es möglich zahlreich und organisiert, um neue festnahmen zu vermeiden, kameradInnen, die gerade festgenommen werden, zu befreien. helft verletzten oder z.b. wegen tränengas nichts sehenden aus einer gefahrenzone herauszukommen.

• generell auf einer demo aber ganz besonders wenn die polizei eingreift: lasst keine panik aufkommen. bleibt gruppiert, aufmerksam und aktiv und vermeidet es in eine sackgasse zu laufen.

•achtung bei photoapparaten und kameras. wenn die polizei die bilder in die finger kriegt können sie als beweise gegen euch verwendet werden.

• bleibt diskret mit anekdoten über eure 'heldInnentaten' oder die anderer, auch nach der demo: festnahmen können auch nach der auflösung oder z.b. in den öffentlichen verkehrsmitteln stattfinden.

• versucht nicht alleine zu einer demo zu gehen und euch auch vor ort mit anderen zu organisieren um nicht isoliert zu sein. lasst keine leute alleine zurück wenn ihr geht: zählt euch, überlegt mit wem ihr gekommen seid, vergewissert euch dass ihr niemanden verloren habt.

• wenn ihr in drogen- oder waffenbesitz (auch taschenmesser, steine, flaschen...) festgenommen werdet, kann dies als festnahmegrund ausreichen. nehmt lieber plastik- als glasflaschen.

•wenn ihr festgenommen werdet, habt ihr das recht die aussage zu verweigern. oft ist es besser ab dem ersten kontakt mit der polizei und während der ganzen zeit auf dem kommissariat nur zu sagen dass ihr nichts auszusagen habt ['je n'ai rien à déclarer'] und nichts anderes. gebt nur eure personalien an (name, vorname, adresse, 'beruf', geburtstag und -ort).unterschreibt nichts.versucht ruhe zu bewahren und abzuwarten.theoretisch müsst ihr auf eurer eigenen sprache über eure rechte informiert werden, es gibt dafür formulare auf verschiedenen sprachen.

wenn ihr länger als 4 stunden festgehalten werdet, handelt es sich nicht meht um eine identitätskontrolle ['conôle d'identité'] sondern um polizeigewahrsam ['garde à vue'] der bis 24 std dauern und auf 48 std verlängert werden kann.eventuel (nicht automatisch) werdet ihr dann direkt einem richter vorgeführt ['comparution immédiate']

ihr habt das recht auf einen anruf, den ihr aber nicht unbedingt selber durchführen könnt. benachrichtigt das legal team. wir kümmern uns dann darum wenn notwendig andere personen, deren telnr uns gegeben wurde, zu benachrichtigen. Verlangt sofort eine/n anwältIn (ihr habt ein recht auf eine/n pflichtverteidigerIn nach der ersten stunde in polizeigewahrsam, d.h. insgesamt fünf stunden nach eurer festnahme, und dann wieder in der 20.std und der 36.std). verlangt auch eine/n ärztIn zu sehen. wenn ihr direkt einem richter vorgeführt werdet, lehnt eine verurteilung ab um eure verteidigung vorbereiten zu können.

• wenn ihr einen 'regelverstoss' in der prozedur der festnahme, der identitätskontrolle oder des polizeigewahrsams feststellt, kann es manchmal nützlich sein, nicht sofort darauf hinzuweisen: das kann später dazu dienen die ganze prozedur für ungültig zu erklären.

• wenn ihr zeuge/-in einer festnahme werdet, benachrichtigt das legal team unter folgender nr. 03 8861 2033

• wenn ihr festgenommen werdet und euch regulär in frankreich aufhaltet ['séjour régulier'] (d.h. ihr kommt aus einem land für welches frankreich KEIN visum verlangt oder ihr seit in besitz eines visums und ihr habt KEIN einreise- oder aufenthaltsverbot ['interdiction du territoire' oder 'refus de séjour'], versucht das legal team unter folgender nummer zu benachrichtigen: 03 8861 2033 versucht präzise angaben zu machen: anzahl der verhafteten, namen wenn möglich, uhrzeit, ort und ablauf der festnahmen. versucht keine falschen infos zu verbreiten.

• wenn ihr festgenommen werdet und euch irregulär in frankreich aufhaltet [séjour irrégulier'] (d.h. ihr kommt aus einem land für das frankreichein touristenvisum verlangt und ihr keins habt oder ihr habt ein EINREISE- oder AUFENTHALTSVERBOT für frankreich oder schengen) ruft die folgende nummer an: 03 8861 2033

• vergesst in der freude einer befreiung nicht das legal team auch hierrüber zu benachrichtigen (über die zweite nummer)

• das legal team ermutigt kräftig jegliche aktive individuelle oder kollektive mithilfe von betroffenen personen oder gruppen (ALLE die die aktion, die ausgangspunkt der repression war, organisiert haben und/oder dabei mitgemacht haben)

KEINE HELDinnEN KEINE MÄRTYRERinnen!

Letzte ratschläge (am 12/07/02 hinzugefügt)
Minderjährige: Ihr solltet versuchen, dass Eure Eltern Ihre gezetliche Vertretung für Euch auf eine erwachsene Personn übertragen, die euch im Camp ist, oder in Strasbourg erreichbar sein wird.
(Wenn Ihr niemandn findet, der bereit ist, seinen Namen für zu geben, nehmt Kontakt mit uns auf).
Der französiche Wortlaut für dieser Schreiben ist: "je confie la garde de mon enfant de façon temporaire a .....", (auf deutsch: Ich vertraue mein Kind vorläufig [Name] an..." Es muss vor einen Elternteil oder gesetzlichen Vertreter unterschreiben sein, der/die eine Fotokopie seines/ihres Personnalausweises beifügen muss.
Dies ist wichtig, damit wenn Ihr Schwiriegkeiten mit der Polizei habt (Polizeigewahrsam ab 13 Jahren möglisch!) oder medizinische Hilfe braucht, Eure Eltern nicht durch halb Europa reisen müssen, um Euch zu suchen...
Alle Franzosen, die es können, sollen einen Nachweis über ihren Wohnsitz mitbringen (z.B. ein stromrechnung); und an ausländische TeilnehmerInnen weitergeben? Sie können damit beweisen, daß die Ausländer beweisen können, daß sie von Freunden in Frankreich beherbergt werden.