2010-05-17 

Begründung der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils im Diaz-Verfahren durch die Staatsanwaltschaft (Auszug aus der Einleitung)

1) Absolute Mangelhaftigkeit der Begründung, offenkundige Widersprüchlichkeit und logische Abwegigkeit

[...] ist man mit tiefgründiger Untröstlichkeit und Fassungslosigkeit gezwungen, Allem voran anzumerken, dass der die Mangelhaftigkeit der rechtfertigenden Motive des Urteils den vom Richter gesprochenen Urteilsspruch zu einer materiellen Rechtsentscheidung machen, die auch auf verfassungsrechtlicher Ebene und noch vor der berechtigten Erwartung der Parteien im Verfahren - Opfer und Angeklagte - außerhalb des durch das Gesetz vorgeschriebenen typischen Begründungsschemas liegt. [...] Das Urteil erlaubt - in Zusammenhang mit entscheidenden Beweisgrundsätzen - keinerlei Überprüfung der Logik und Schlüssigkeit der entscheidungsbegründenden Argumentationskette - aus dem Einfachen Grund, dass die Begründung vollständig fehlt, so dass die schwerste, durch das vollständige Fehlen einer Urteilsbegründung dargestellte Fehlerhaftigkeit des Rechtsaktes zustande kommt, die per se eine Nichtigkeit begründet, die auch unter dem Gesichtspunkt des unmittelbaren Verstoßes gegen das Gesetz beanstandbar ist (Art. 546, 125 Absatz 3 der Strafprozesordnung, Artikel 111 Absatz 6 der Verfassung, vgl. Cass. Sez. Unite nr. 5876 del 28.01.2004, P.C. Ferazzi in proc. Bevilacqua).

Die Sachlage ist gemäß einer von der Rechtswissenschaft gestützten Äquivalenz auch in den Teilen der Verfügung feststellbar, in denen die Urteilsbegründung völlig scheinbar ist, wenn sie in Argumentationen zum Ausdruck kommt, die nicht geeignet sind, die ratio decidendi zu offenbaren (vgl. Cass. Sez.VI nr. 6839 del 1.03.1999, PG in proc. Menditto , das deren Begrifflichkeit in "Fällen der vollständig wirklichkeitsfremden und von den prozessualen Erkenntnissen abgekoppelten Begründung" ausmacht "oder sich auf Argumentationen von reinster Allgemeinheit oder auf apodiktische Behauptungen oder auf Aussagen ohne Beweiskraft stützt; das heißt, in allen Fällen, in denen der vom Richter geäußerte Gedankengang zur Untermauerung der gefällten Entscheidung bloß künstlich und daher substanziell nicht existent ist"). So viel, um von Anbeginn an die Relevanz der Fehlerhaftigkeit der Begründung in seine Erscheinungsformen anzuzeigen, die häufiger unter dem "nachgeordneten" Gesichtspunkt der Widersprüchlichkeit oder der offenkundigen logischen Abwegigkeit beanstandbar sind.

Bereits in den allgemeinen Vorbemerkungen (die vom Richter im Vorfeld der so genannten "Rekonstruktion des Vorfalls" ab Seite 241 erläutert werden), in denen die im untersuchten Fall angewendeten Prinzipien dargelegt werden müssten, sind besagte Prinzipien schwerlich auszumachen. In der "Rekonstruktion des Vorfalls" werden dann Werturteile geäußert, die als solche nicht überprüfbar und gelegentlich durch methodologische Ausführungen kaschiert sind, die auf aseptische Weise als Urteilsregeln dargestellt werden".