2009-12-14 

Campinski 2006/2009 Freispruch in Bad Doberan

AmtsRichter Röhl: "ein Foto ist immer schöner als eine Zeugenaussage!"

G8 Campinski-Prozess gegen Fritz S. und Hauke B.- 07.12.2009 Bad Doberan - und wie einer der Hauptbelastungszeugen der Polizeibeamte KriminalOberKommissar (KOK) Köppelin persönlich das Foto vor Gericht einreichte, das bestätigte, dass er gelogen hat.

Bild: 070606

Zwei Berichte und eine Erklärung.

Erstveröffentlichung für indymedia.
Der Polizist, einer der Hauptbelastungszeugen im Prozess gegen Fritz S. und Hauke B. über­raschte am zweiten Prozess-Tag kurz vor seiner Entlassung, als er seine immer wieder be­hauptete Lüge, die Angeklagten „ganz sicher“ und „ohne Zweifel“ zu erkennen, selbst ent­tarnte. Er habe selbst im INTERNET recherchiert und legte als Ergebnis dem Gericht ein Foto vor.
Es war ein Foto das, wie er wörtlich sagte: "genau die Situation zeigt, die er beschrieben hat". Der Richter musste sich eine Brille ausleihen, um sicher zu sein, was sein Augen sahen: Der Mensch, den der Polizist ganz sicher als Fritz S. erkannt hatte, war offensichtlich jemand an­deres.
Was eigentlich auch egal war. Weil die Vorwürfe, für die die zwei angeklagt wurden – Nöti­gung der Polizei -, auch von dem Zeugen selber, nicht nur relativiert, sondern der Lächerlich­keit preisgegeben wurden:
"Ja sie hätte er als Rädelsführer ausgemacht, weil sie mehrmals miteinander geredet ha­ben!!!!!"
Auf die Frage des Richters, ob er denke, wenn die beiden Angeklagten die mit den Handschu­hen aufgefordert hätten, sein Auto nicht anzugreifen, ob die den Angeklagten gefolgt wären, meinte er: "nein".
Zwei Tage Prozess, zwei Rechtanwälte, die aus Berlin und Hamburg zusammen mit mehreren interessierten, solidarischen Menschen anreisten und eine unglaubliche skurrile Gerichts-Ver­handlung.
Schon beim ersten Prozess-Tag war der Richter dem Polizeizeugen immer wieder behilflich, sich zu erinnern, indem er ihm die Worte in den Mund legte: "Sie wurden doch bedroht und hatten Angst vor den vielen Menschen mit den schwarzen Handschuhen", und der Zeuge musste nur "ja" sagen. Das wurde dann als Aussage protokolliert.
Der Richter beeindruckte auch mit seinen subjektiven Äußerungen: Als der Polizeizeuge sagte "ich weiß nicht mehr genau, ob ein Kindersitz oder ein Kind hinten im Auto gewesen war..." (ein Auto wurde durch die Menschenansammlung auf der Straße am Weiterfahren gehindert), er konnte nicht genau einsehen, da die vielen Menschen um sein Auto als Sichtblende wirk­ten, half ihm der Richter beim Erinnern, wie schlimm so etwas sein kann: "was? Nicht auszu­denken, wenn meine Tochter in dem Auto gewesen wäre! Das ist dann nicht mehr nur Nöti­gung". Der Polizeizeuge sagte dann bei einer erneuten Befragung, er wisse nicht mehr genau, ob das Kind im Kindersitz oder daneben gesessen habe.
Der Richter beleidigte den RA Beuth, den er während der Befragung immer wieder unter­brach und eigene Fragen stellte mit den Worten: "Sie haben kein Konzept! Wenn sie endlich wissen, was sie fragen wollen, dann helfe ich ihnen bei der Formulierung. Kommen Sie doch morgen in meine Vorlesung, da rede ich genau über solche Techniken".
Als beim zweiten Prozesstag ein Befangenheits-Antrag gegen den Richter von RA Tommy Herzog vorlag, - den die zuständige Richterin bisher nicht bearbeitet hatte -, konnte die Ver­handlung erst eine Stunde später anfangen. Aber dann begann die Mittagspause. Wir waren also alle zwei Stunden zu früh gekommen.
Weil dann, als der Richter den Saal betrat, nicht alle hoch sprangen, schrie er in den Saal :"Sie stehen alle auf, wenn ich reinkomme. Ich gehe jetzt noch mal raus und wenn sie nicht aufste­hen wenn ich wieder reinkomme, dann gibt es Ordnungsgelder." Er rannte raus und kam nicht wieder. Erst nach 6 Minuten, wo fast alle inklusive der Staatsanwältin stehend warteten, kam er wieder rein - und natürlich hatte die Richterin den Befangenheits-Antrag abgelehnt.
Die Befragung des Polizeizeugen zeigte, dass es eine Rache-Anklage war. Er schien absolut überfordert mit seinen beruflichen Aufgaben. Beleidigt, weil Menschen, die er im Auftrag seiner Vorgesetzen beobachtete, kontrollierte und deren Autokennzeichnen er notiert hatte, sich bei im beschwert hatten und ihn zurückgewiesen hatten, ihn aufgefordert hatten, sich zu entschuldigen und zu verschwinden. Das konnte er auf sich nicht sitzen lassen.
Das ganze Publikum saß im Saal mit dem Wissen, dass alles was er beschrieb gelogen war. Alle im Saal wussten, dass die Angeklagten gar nicht an dem besagten Ort gewesen waren. Alle wussten dass es keine Menschen um sein Auto gegeben hatte, in dicker Winterkleidung mit schwarzen Handschuhen (nur eine Person in Sommer-Kleidung die offensichtlich gerade mit Handschuhen vom Bauen kam). Der Polizeizeuge log was das Zeug hielt und alle rech­neten damit, dass noch mehre Prozesstage notwendig sein würden, um alle die Lügen zu wi­derlegen.
Dass er selber den Beweis für seine Lügen mitbrachte, war eine sehr erfreuliche, erheiternde, prozessverkürzende Überraschung, mit dem Resultat, dass die Staatsanwältin und der Richter sich gezwungen sahen, kurz und knapp für Freispruch zu plädieren. Der zweite Polizeizeuge wurde erst gar nicht mehr vorgeladen
Was aber den RA Herzog nicht hinderte, zur endgültige Sicherheit für den Freispruch und weil, wie er dem sich beschwerenden Richter erklärte "ich hab schon Pferde kotzen sehen", einen letzten BeweisAntrag mit Benennung von Zeugen einzubringen: Er beantragte BKA- und VS-Beamte vorzuladen. Als Zeugen, dass sein Mandant Hauke B. den fraglichen Zeit­raum von ihnen beschattet wurde und sie bestätigen können, dass er zur fraglichen Zeit mit seiner Freundin in Frankreich auf einem Campingplatz war. Ra. Andreas Beuth wies auch noch darauf hin, dass er auch noch drei ähnlich lautende Beweisanträge, für den Beweis, dass sein Mandat gar nicht vor Ort gewesen war, in der Tasche habe.
Der Richter baute dem so offensichtlich und penetrant lügenden Polizeizeugen noch eine letzte Brücke indem er sagte:" Sie haben Herrn Dr.Fritz S. verwechselt ! Das kann immer pas­sieren, das war eine Verwechselung!" "Ja! ja! Ich sehe so viele Leute in meinem Beruf" sagte der – immer noch sehr gelassen -von sich selber.
So endete dieser Prozess mit Freispruch und viel Heiterkeit auf Seiten der Prozessbeobach­ter_innen.
Es bleibt die Frage der Gerechtigkeit: Lügen vor Gericht heißt bei Polizeizeugen bei dem Richter: „Verwechselung“. Hätten die zu Unrecht Angeklagten oder deren Zeug_innen ähn­lich gelogen, wie viele Jahre hätte der selbe Richter ihnen gegeben?

einige Prozessbeoachter_innen