2009-10-11
Am 1.Oktober 2009 um 6 Uhr morgens trat die Joint Terrorist Task Force (ein Zusammenschluss vom lokalen Polizeidepartment und dem FBI) die Haustür unseres Zuhauses auf – einem anarchistischen Hauskollektiv in Queens, New York, das liebevoll als Tortuga bekannt ist. Der scheinbare Anstoß für die Durchsuchung liegt eine Woche zurück, wo zwei Mitglieder unseres Haushaltes festgenommen wurden, ebenfalls mit vorgehaltenen Gewehren in den Vororten von Pittsburgh. Sie werden angeklagt, verschlagene Superhirne gewesen zu sein, die die übermütigen G20 Protestierenden “dirigiert” haben, indem sie Technologien wie Twitter benutzt hätten, um “Festnahmen von Protestierenden zu verhindern”.
Am 1.Oktober 2009 um 6 Uhr morgens trat die Joint Terrorist Task Force (ein Zusammenschluss vom lokalen Polizeidepartment und dem FBI) die Haustür unseres Zuhauses auf – einem anarchistischen Hauskollektiv in Queens, New York, das liebevoll als Tortuga bekannt ist. Nachdem der Rammbock im Eingang die ersten Brüche verursacht hatte, wurde oben schnell weitergemacht und die Polizei brach in die Schlafräume von drei schlafenden Personen ein, indem die nicht abgeschlossenen Türen zerschlagen wurden.
Drei weitere Personen, die von den unangenehmen Auswirkungen umherirrender Tritte, zersplitternden Holzes und rufender Stimmen aufgeweckt wurden, warteten im Untergeschoß – ihre Begegnung mit geladenen Waffen und blendendem Licht ließ nicht auf sich warten. Wir streckten unsere Hände aus, so dass sie gesehen werden konnten. Sie befahlen uns aus den Betten heraus. Sie haben uns nicht gestattet uns anzuziehen aber warfen ein paar Leuten eine Auswahl an zufällig gewählten Klamotten zu. Wir wurden in Handschellen gelegt und obwohl wir zu beginn im oberen und unteren Bereich getrennt gehalten wurden, kamen wir bald zusammen, saßen im Wohnraum auf den Sofas und Stühlen drappiert wie Puppen. Wir wurden stundenlang in Handschellen gelassen und wir waren hilflos, als unser kleiner Vogel, ein Finck den wir gerettet und aufgepäppelt hatten, aus seiner offenen Tür in den plötzlichen Tod flüchtete, nachdem sein Käfig von den Cops zerschlagen wurde in ihrem Eifer die Türen oben zu den Schlafräumen mit Gewalt zu öffnen. Wir schriehen sie an aber sie standen nur da und schauten zu.
Und sie standen da und schauten uns an, Stunde um Stunde. 16 Stunden um genau zu sein, 16 Stunden trampelten das New York Police Department und das FBI durch unser Haus, konfiszierten unser Lebenin einer Fischfangaktion, die mit den Protesten gegen die G20 am 24. und 25. September zu tun hatte. Der Durchsuchungsbefehl, als wir ihn endlich lesen durften, legte die Verletzung von bundesweiten Unruhe-Gesetzgebungen dar und war grob genug ausgelegt, um das gesamte Haus durchsuchen zu können. Sie wiederholten uns gegenüber, das wir ja nicht verhaftet seien und gehen könnten. Aber frei zu sein bedeutet vom FBI überwacht zu werden, überwacht im Badezimmer, stundenlang nicht erlaubt zu bekommen zu telefonieren oder sie dabei zu beobachten wie sie unsere Räume durchstöbern. Frei zu sein meint, daß sie zwei von uns wegen bescheuerter Ladungen mitnahmen und obwohl dies Haus uns gehört, wo wir leben, sollten wir es nicht wieder betreten können, wenn wir es verließen.
Drei von uns waren bis zum bitteren Ende dort. Drei von uns blieben, um zu sehen wie das Gefahrengut-Team reinkam um einen Kinder-Chemiekasten zu untersuchen, um zu sehen wir die Garage auf grundlage eines weiteren Durchsuchungsbefehles durchsuchten, sie unterschrieben Belege für alle Dinge, die sie als “Beweismittel” mitnahmen – ein Kuscheltier, das Curious George darstellt, Kunstwerke, Korrospondenzen mit dem politischen Gefangenen Daniel McGowan, Geburtsurkunden, Reisepässe, das gesamte Video-Archiv eines lokalen Kollektives, Steuerbelege, Bücher, Computer, Speichergeräte, Handys, Buffy der Vampir DVDs, Fahnen, Transpis, Poster, Fotos und mehr, was hier nicht alles aufgeführt werden kann.
Den scheinbaren Anstoß für die Durchsuchung liegt eine Woche zurück, wo zwei Mitglieder unseres Haushaltes festgenommen wurden, ebenfalls mit vorgehaltenen Gewehren in den Vororten von Pittsburgh. Sie werden angeklagt, verschlagene Superhirne gewesen zu sein, die die übermütigen G20 Protestierenden “dirigiert” haben, indem sie Technologien wie Twitter benutzt hätten, um “Festnahmen von Protestierenden zu verhindern”. Die beiden wurden nach 36 Stunden auf Kaution freigelassen, eine von diesen in der unfassbaren Höhe von $30,000 cash. Von diesem Moment an wurde weder irgendetwas den beiden zur Last gelegt, noch gegen irgendwen unserer Mitbewohner_innen nach der Durchsuchung.
Als Anarchist_innen haben wir keine Illusionen darüber was der Staat anrichten kann. Wir sind nicht die ersten Anarchist_innen, deren Haus durchsucht wurde und werden bedauerlicherweise auch nicht die letzten bleiben, solange der Staat existiert. Wir sind neben anderen angegangenen Individuen wie David Japenga, die Aushängeschilder der Wut über Ohnmacht, die die Autoritäten fühlen, wenn sie die Kontrolle verlieren, so wie es beim G20 in Pittsburgh der Fall war. Wir, die liebenswerten, was das Tortuga Haus einbezieht aber auch alle die sich uns verbunden fühlen, weisen die steife Form zurück, mit der die Autoritäten versuchen diese Welt vollzustopfen, die voller Möglichkeiten steckt – Er ist kein Führer, sie hat nicht allein gehandelt und sie wurden nicht angeführt. Repression ist eine Strategie, die der Staat nutzt um uns in die Defensive zu drängen, unsere Energie zu spalten, um unsere Kraft für Eigeninitiative zu rauben und stattdessen mit ihren Spielregeln umzugehen. Wir werden nicht lügen und sagen, daß uns die Vorfälle nicht taumeln lassen haben, aber die Zeit und unsere Verwirrtheit gehen vorbei und wir wissen das Freund_innen uns umgeben. Unsere Entschlossenheit ist gestärkt durch diese Solidarität und wir werden uns durch die staatliche Agression nicht abschrecken lassen.
Wir möchten all unseren Freund_innen und Genoss_innen danken, die uns in diesen schwierigen Tagen beistanden. Unser Anwalt hat am nächsten morgen, also am 2.Oktober, eine Einstweilige Verfügung gegen die Durchsuchung eingelegt, die erstaunlicherweise zugelassen wurde – sie verbot den Autoritäten in unseren Besitztümern herumzufischen bis wir am 16.Oktober vor Gericht stehen.
In den kommenden Wochen und Monaten werden wir unser Bestes tun, Euch auf dem Laufenden zu halten, was gerade passiert. Wenn Du/Ihr in Kontakt bleiben wollt oder herausfinden möchtet, wie Du/Ihr helfen könnt, kontaktiert uns bitte über folgende Adresse (auf englisch): tortugadefense[at]gmail.com
das Original Statement auf englisch
electronic frontier foundation:
“Man Arrested for Twittering Goes to Court, EFF Has the Documents”
english mainstream press:
http://www.nytimes.com/2009/10/05/nyregion/05txt.html?_r=1
http://www.nypost.com/p/news/local/queens/queens_terror_raid_hits_anarchist_ZF8dAa71wIlmwyUXf9S5EO
http://www.pittsburghlive.com/x/pittsburghtrib/news/pittsburgh/s_646374.html
http://www.guardian.co.uk/world/2009/oct/04/man-arrested-twitter-g20-us
auf deutsch:
Demo-Twittern: Schlauer, als die Polizei erlaubt (Süddeutsche)
Anarchist wegen Tweets zu Protestaktion verhaftet (der Standard)
Verhaftungen nach Tweets zu G-20-Protesten (ORF)
tortugadefense@gmail.com http://friendsoftortuga.wordpress.com