2009-08-24 

Polizei fordert Namensliste

Ermittlungsbehörden drohen mit Beugehaft, um Namensliste von Nato-Gegnern zu erpressen

Von Frank Brendle

Die Staatsanwaltschaft Rostock verlangt von einer Friedensaktivistin die Herausgabe einer Namensliste, auf der verzeichnet ist, welche Personen im April zu Protestaktionen gegen den NATO-Gipfel in Strasbourg gefahren sind. Die im Rostocker Friedensbündnis und der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG-VK) engagierte Cornelia Mannewitz hatte im Frühjahr einen Reisebus zur gemeinsamen Fahrt ins Elsaß gechartert.

Der Bus war am 2. April mit 38 Teilnehmern abgefahren. Zwei von ihnen wurden in Strasbourg festgenommen und sind bis heute in Untersuchungshaft. Was genau den beiden jungen Leuten vorgeworfen wird, sei unklar, so Mannewitz gegenüber jW. Das Landeskriminalamt (LKA) nimmt die Festnahme zum Anlaß, die Antikriegsszene in Mecklenburg-Vorpommern zu durchleuchten. Wie das Rostocker Friedensbündnis am Wochenende mitteilte, wurde Mannewitz bereits Mitte Juli vom LKA zur Zeugenvernehmung geladen.

Bild: Strasbourg

Angeblich sollte sie helfen, über »Vorbereitungen und Planungen« von Straftaten wie »schweren Landfriedensbruch« und »Brandstiftung« aufzuklären. Statt dessen wurde sie fünf Stunden lang zur Struktur und Arbeitsweise des Rostocker Friedensbündnisses vernommen. Ausführlich fragten die Beamten nach dem Verlauf der Busfahrt und den geführten Gesprächen sowie der Stimmung der Antimilitaristen. Schließlich sollte Mannewitz noch eine Namensliste der Teilnehmer aushändigen. Weil die Befragung aber aus Sicht des LKA erfolglos verlief, mußte Mannewitz eine Woche später erneut als Zeugin antanzen, diesmal bei der Staatsanwaltschaft. Dabei ging es nur noch um die Namensliste. Die Aktivistin machte ein Auskunftsverweigerungsrecht geltend, was die Staatsanwaltschaft aber nicht akzeptieren wollte. An Ort und Stelle erwirkte sie einen Hausdurchsuchungsbefehl. Eine Stunde lang wurde die Wohnung auf den Kopf gestellt und der Computer beschlagnahmt – auch dies vergeblich. Bei dieser Gelegenheit wurde Mannewitz angedroht, um ihre Auskunftsverweigerung zu brechen, könne sie ein halbes Jahr in Beugehaft gesteckt werden.

Ob die Drohung ernst zu nehmen ist, vermag die Friedensaktivistin nicht einzuschätzen: »Ein so massives Vorgehen der Polizei gegen uns hatten wir noch nie.« Eine Namensliste gebe es ohnehin nicht. Den staatlichen Stellen gehe es offensichtlich vor allem darum, »mit einer solchen Liste Daten über Kritiker der NATO zu sammeln«, mutmaßt das Rostocker Friedensbündnis. Es sieht im Vorgehen der Behörden den Versuch, »Aktivitäten gegen die Politik der NATO als kriminell hinzustellen.« DFG-VK-Bundesgeschäftsführer Monty Schädel sprach auf jW-Nachfrage von einer Gefahr für die Versammlungsfreiheit, »wenn die Polizei hinterher von allen Demonstranten Name und Adresse wissen will«.

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