2009-07-16
Wir dokumentieren hier einen persönlichen Bericht von einem Gefangenenen im Knast in Frankreich. Er berichtet ohne Anspruch auf Vollständigkeit, von den Haftbedingungen, wie er sie erlebt, von der Wirkung der Überwachung, von besonderen Erlebnissen und von der Kraft gegenseitiger Hilfe und Solidarität.
Gottesdienst. Ein großer Raum, Mehrzwecksaal“ genannt, ohne Fenster und mit grauem Stoff an der Decke, den man kaum von dem vielen Staub unterscheiden kann. Dicke, eckige Lüftungsrohre gehen durch den Raum, aber den Lärm der Lüftungsanlage hat man schnell wieder vergessen. An den Wänden einige Stücke naiver Kunst,von Gefangenen gebaut, gebastelt oder gemalt – die bringen etwas Farbe in den Raum. Drei oder vier Stuhlreihen stehen im Halbkreis um den Altar. Etwa vierzig Gefangene sind da: Vorn links sitzen die älteren weißen Männer aus der sogenannten „ Kinderficker- Etage“, dann die Schwarzen, die Russen, die Deutschen, die jugendlichen Elsässer. Die größte Gruppe der Gefangenen fehlt hier beim christlichen Gottesdienst: die überwiegend arabischstämmigen Banlieu-Bewohner.
Es ist eine der wenigen Gelegenheiten, Gefangene aus anderen Abteilungen zu treffen. Da reicht die Zeit vor und nach dem Gottesdienst nicht zum Quatschen – die ganze Zeit gibt es viel Wichtigeres zu bereden, zumindest unter denen, die sich schon extra in die letzte Reihe setzen.
Die ersten Male habe ich mich noch über die Abwechslung gefreut: ein neuer Raum, andere Menschen, Französisch hören und dabei was lernen. Aber je mehr ich verstehe und je öfter ich in dem fensterlosen Raum mit den Neonröhren an den Wänden sitze, desto mehr kotzt mich alles an. Allein schon, dass ich hier sitzen und zuhören muss. Ich könnte ja auch in der Zelle bleiben, aber dort verbringe ich ja schon zwanzig Stunden am Tag.
Der Pastor sagt, das Gefängnis sei eine Probe, die Gott uns gestellt habe, und dass Gott uns in schweren Zeiten wie dieser am nächsten sei. Als wären es nicht Menschen gewesen, die uns hier hereingebracht haben: Vertreter der Justiz, die seit Sarkozy noch repressiver und rassistischer ist, und überhaupt eine Gesellschaft, der nichts Besseres einfällt, als zehntausende Menschen wegzusperren, statt sich mit wirklichen Problemen und Ursachen auseinander zu setzen.
Wenn ich so darüber grüble und mich ärgere, kann ich mich richtig hineinsteigern und tue damit sicher vielen Christen unrecht. Aber die Rolle der Kirche hier im Knast kann ich nur als Mittel zur Herrschaftssicherung verstehen – die Botschaft: Ihr müsst alles hinnehmen und für eine bessere Zeit beten. Gott will es so, dass ihr arm seid. Hauptsache, ihr tut nichts Verbotenes, auch wenn ihr sonst kaum Chancen habt.
Ich will selbst die Kontrolle über mich und mein Leben haben. Ich will weder von einer Justiz gerichtet, noch von einem Gott „auf die Probe gestellt“ werden. Aber was sind denn hier die Möglichkeiten, das eigene Leben in die Hand zu nehmen? Hier, wo alles kontrolliert und Bewegung extrem eingeschränkt wird?
Hungerstreik? Führt wahrscheinlich zur Zwangsernährung und schwächt den Körper noch mehr, als es der Bewegungsmangel schon macht. Sogar die Kontrolle über den eigenen Körper könnte man dadurch noch verlieren.
Aufstand? In einem anderen Knast haben sich die Gefangenen neulich geweigert, nach dem Hofgang wieder in die Zellen zu gehen. Nach wenigen Stunden kamen die Spezialbullen von der Knastaufstands-Bekämpfungs-Einheit „Eris“ und prügelten alle rein. Die angeblichen Anführer wurden verlegt oder kamen in den „Bunker“ (d.h. Einzelhaft in einem feuchten Keller für eine bestimmte Zeit). Ausbruch? Mauern, Zäune, NATO-Draht, Kameras, Wachtürme – so viele Hindernisse, dass es aussichtslos erscheint…
Der Gottesdienst ist vorbei und ich schrecke hoch aus meinen Grübeleien. Wir quatschen noch ein bisschen, aber bald müssen wir raus. Auf dem Weg zurück in die Zelle gibt es vier Gittertüren zu überwinden: Vor jeder Tür steht man eine Weile, manchmal muss man vor einer Kamera herumfuchteln, bis in einer unsichtbaren Zentrale jemand auf einen Knopf drückt und sich die Tür mit einem metallenen Knacken entriegelt. Auf der heimatlichen Etage wartet die Schließerin oder der Schließer des Tages und schließt uns ein. Am Anfang habe ich oft „Danke“ gesagt, ohne darüber nachzudenken, als würde mir jemand aus Freundlichkeit die Tür aufhalten. So schnell war es „normal“, eingeschlossen zu werden. Oder so sehr habe ich mir vielleicht eine gewisse „Normalität“ gewünscht, die sich in so kleinen Gesten ausdrückt. Auf einer Augenhöhe sein, sich gleichberechtigt gegenüberstehen – Tür aufhalten – “Danke!“
Wieder in der Zelle. Zwei Menschen auf acht Quadratmetern, zwanzig Stunden am Tag. Essen, Toilette, Sport, Lesen, Schreiben, Wäsche waschen, Schlafen, alles auf diesen acht Quadratmetern. Zwei Meter breit, vier Meter lang. In der Tür ist ein kleines Guckloch, in dem abends in regelmässigen Abständen ganz kurz das Auge eines Schließers auftaucht. Am anderen Ende der Zelle ist das Fenster, gross und breit, mit doppeltem Gitter. Ein grobes Gitter, ungefähr so, wie man es sich vorstellt. Davor ist noch ein feineres, engmaschiges Gitter, durch das man gerade so zwei Finger hindurchstecken kann. Wenn man zur Tür hereinkommt, sind rechts zwei Schränke, auf der linken Seite Waschbecken und Klo. Eine Wand aus Glassteinen schirmt die Toilette optisch ab vom Doppelstockbett aus Metall. Zwei kleine Tische, zwei Stühle, ein Fernseher. Mehr passt auch gar nicht in die Zelle.
Mein Mitbewohner ist nett, ich mag ihn sehr. Oft ist es schön, zu zweit zu sein. Gemeinsam essen, über Gott und die Welt reden, sich austauschen über Briefe und anderes, lästern über die Justiz oder rumblödeln… Aber zwanzig Stunden am Tag? Nur wenn wir beide im Bett liegen, sehen wir uns nicht, oder wenn einer von uns auf der Toilette sitzt. Jede Bewegung des anderen kriegt man mit. Man kann kaum weggucken, man muss sich fast schon beobachten. Nur selten bin ich mal allein, und nie länger als zwei Stunden. Dann merke ich erst wieder etwas, das ich sonst verdränge. Dass man sich des Alleinseins hier nie sicher sein kann. Ständig höre ich Schritte und Schlüsselklappern auf dem Flur oder das Klappern und Quietschen der Gittertür, die zum Treppenhaus führt. Unvermittelt steht ein Schließer in der Zelle, um das Gitter zu kontrollieren oder Briefe zu bringen. Man kann einen Zettel mit der Aufschrift „Toilette“ unter der Tür hindurchschieben, dann kommt erst mal niemand rein, oder klopft wenigstens.
Natürlich denke ich über die Überwachung und Kontrolle nicht die ganze Zeit nach. Ich vergesse es einfach, verdränge es, es ist Alltag geworden, „Normalität“ Es fühlt sich dann auch nicht besonders schlimm an, hier zu sein. Wahrscheinlich ist die Verdrängung ein wichtiger Selbstschutz – würde ich immer an die Überwachung denken, wäre ich vielleicht schon verrückt geworden.
Wie viele andere Menschen, die in Zwangsverhältnissen stecken, tröste auch ich mich damit, dass alles noch viel schlimmer sein könnte. Das stimmt ja auch, immerhin haben wir genug zu essen, ein Dach über dem Kopf, es ist mehr oder minder sauber, es gibt ein paar Aktivitäten, wie Sport und Schule,… Vielen Menschen auf der Welt geht es weitaus beschissener auch außerhalb von Knästen. Aber das ist natürlich kein Grund, sich mit schlechten Verhältnissen abzufinden.
Mit die schönsten Dinge sind die Briefe. Manchmal mit Bildern und Fotos, aber vor allem mit Geschichten, mit Infos, mit Fragen, oft voll Rückhalt, Vertrauen, Liebe. Das hilft sehr, genauso das Antworten. Zum Glück habe ich viele schöne Erinnerungen, viele Menschen, an die ich gern denke. Ideen für die Zukunft. Bücher und Zeitschriften sind auch sehr wichtig für mich: viele Anregungen und Ideen zum „Weltverändern“, Bücher, die ich schon lange lesen wollte, und ein Thema, das erst hier interessant geworden ist: das Wegsperren von Menschen.
Ein Knacken im Lautsprecher über der Tür: „Für den Hofgang bitte Knopf drücken!“ Manchmal ist die Stimme kaum zu verstehen, aber es gibt kaum andere Durchsagen. Einer von uns beiden springt auf und drückt auf den Knopf, draußen über der Tür geht eine rote Lampe an. Wir machen uns schnell fertig: Man weiß nicht, wie schnell sie kommen. Oft sitzen wir noch lange herum, bevor es wirklich los geht. Auf dem Flur müssen wir neben den Türen an der Wand warten. Nach ein paar Minuten heißt es „Los!“. Händeschütteln auf dem Gang mit Freunden und Bekannten: „Hallo, wie geht`s?“– „Geht so. Und dir?“– „Ja, wie immer halt. Normal.“… Es geht in der Meute die Treppe hinunter, gefolgt von den Wächtern. Unten durch einen Metalldetektor und ins Freie. Zwischen Mauern mit Stacheldraht gehen wir durch einen Gang zu den Höfen. Links ist „unser“ Hof. Wenn alle drin sind, wird die Tür abgeschlossen – erst nach etwa anderthalb Stunden geht sie wieder auf. Unser Hof hat eine Wiese, noch ist sie grün. Eine Runde auf dem Schotter dauert ungefähr hundertfünfzig Schritte: Fünfzig,
fünfundzwanzig, fünfzig, fünfundzwanzig, dann wiederholt es sich. An der Seite steht ein Blechdach zum Schutz vor Sonne und Regen, gestützt auf Betonsäulen. Ein Wasserhahn an der Wand tropft immer.
Auf dem Weg zum Gulli ist etwas entstanden, das wir unser Feuchtbiotop nennen. Immerhin eine kleine Abwechslung: einmal pro Runde der Schritt über den kleinen Wasserlauf. Zeitungen fliegen umher oder vermodern langsam im Wasser. Mülleimer gibt es nicht.
Die Betonmauer rund um den Hof ist etwas über zwei Meter hoch, darauf sind noch mal knapp zwei Meter Zaun, mit einem Überhang zu unserer Seite. An diesem Überhang hängt sogenannter NATO-Draht, das sind Stacheldrahtrollen von etwa achtzig Zentimetern Durchmesser. Die Metallbänder darin stehen unter Spannung und sind besetzt mit kleinen Klingen und Widerhaken.
Auf drei Seiten überragt das Hauptgebäude des Knastes die Mauern. Ein fünfstockiger Betonklotz in Plattenbauweise, der vom Hof wie eine Festung aussieht. Über der Mauer an der vierten Seite des Hofes thront ein Wachturm. Oft klettern Gefangene soweit an der Mauer hoch, dass sie auf einen der anderen Höfe hinübergucken und -brüllen können. Der Wächter im Turm ignoriert das meistens, aber manchmal wird derjenige auch rausgeholt. Über den Höfen sind Drahtseile gespannt, um Befreiungen per Hubschrauber zu erschweren.
Manchmal ist es schön, den Himmel zu betrachten: vorbeiziehende Wolken, Sonne, ein paar Vögel. Wenn es mal regnet, dann ist das auch ein richtiges Erlebnis. Irgendwie eine Art Beweis dafür, dass wir noch auf der Welt sind. Wenn ich die Regentropfen spüre, merke ich, dass dieses seltsame Raumschiff, dieser von der Außenwelt abgeschnittene Knastkomplex, doch auf der Erde steht…
Wenn ich auf dem Hof herumgehe, kommt es mir vor, als wäre ich in ein Zeitloch gefallen, als ich hierherkam. Die ersten Tage vor drei Monaten scheinen eine Ewigkeit her zu sein. Andererseits hat sich seitdem kaum etwas geändert. Was passiert ist, das Wenige, das aus dem Alltag herausragt, lässt sich kaum zuordnen: Es könnte gestern gewesen sein, letzte Woche oder vor einem Monat. Und auch morgen, nächste Woche oder nächsten Monat wird nicht viel anderes passieren. Die einzelnen Tage vergehen meistens schnell, schnell ist auch wieder eine Woche um. Aber es ist nur eine von vielen, die schon vorbei sind und die noch kommen.
Auf dem Hof sind mal zwanzig Gefangene, mal vierzig. Sie stehen herum, rauchen, quatschen, sitzen unterm Blechdach oder auf der Wiese, spielen Schach oder Karten oder gehen im Kreis, die hundertfünfzig Schritte weit, immer rechts herum. Selten geht jemand in die andere Richtung, und auch nur, wenn nicht so viele andere unterwegs sind, damit man sich nicht ständig ausweichen muss.
Eine Gruppe, die in der Ecke stand, hat mich einmal darauf angesprochen: „Hier geht man so lang rum, du gehst falsch rum“, erklärten sie mir. Ich konnte es kaum glauben. „Das ist gut für den Kopf, mal was anderes zu machen“, versuchte ich zu erklären. Weiß aber nicht, ob sie es verstanden haben.
Plötzlich ist es mitten am Nachmittag ganz dunkel geworden in unserem Zimmer (so nenne ich die Zelle oft, um es mir selber schön zu reden). Wir sind im obersten Stockwerk und durch das Gitter kommt eigentlich eine Menge Licht. Aber diesmal ist es plötzlich dunkel. Riesige schwarze Wolken sind aufgezogen und mit einem Mal platzen sie. Der Regen prasselt auf den Hof und wird an die Mauern gepeitscht, es blitzt und donnert. Wir drücken die Nasen gegen das Gitter, um das Spektakel zu beobachten. Hunderte Zellenfenster schauen von drei Seiten auf den gleichen Hof. Jedes Fenster liegt in einer Art Nische – das lässt die Fassade so aussehen wie eine riesige Bienenwabe aus Beton. Durch diese Architektur sind die Fenster voneinander getrennt und man muss sehr laut brüllen, um sich von Fenster zu Fenster zu verständigen zu können. Die Stimmen werden vom Echo verzerrt und erzeugen eine ganz eigenartige Atmosphäre. An diesem Nachmittag platzt nicht nur der Himmel und ein gewaltiges Gewitter bricht los. Es erhebt sich auch ein wildes Heulen aus dutzenden Kehlen, das immer stärker wird, immer mehr Gefangene steigen mit ein. Manche klingen wie Hirsche, Bären oder Wölfe, andere schreien „Ajajaj!“, oder man kann sie einfach nicht beschreiben.
Unter anderen Umständen hätte ich vielleicht peinlich berührt beiseite geguckt, wenn ich jemanden so schreien gehört hätte. Aber diesmal würde ich am liebsten selber schreien, anschreien gegen das Gewitter und gegen den Knast. So vieles klingt da mit in diesem Gebrüll: Verzweiflung; Wut; Lust am Leben; der Wunsch, sich frei bewegen zu können; der Hass auf den Knast, auf die Justiz und auf alles, was uns hierher gebracht hat. Die Sehnsucht nach Menschen, die wir nicht sehen dürfen.
Vor allem spüre ich eine Verbundenheit. So ein Gefühl, mit all den anderen, die da schreien oder nur stumm lauschen, im selben Boot zu sitzen, das gleiche Schicksal zu teilen, Ähnliches zu fühlen. Der Regen prasselt und schlägt gegen die Mauern, Blitze zucken, Donner rollen, die Stimmen überschlagen sich, Menschen trommeln an die Gitter oder hämmern auf die Heizungsrohre…
Ein paar Freunde, mit denen man über fast alles reden kann, sind echt was wert, gerade hier im Knast. Immer dieselbe Handvoll Menschen kann einem auch mal auf den Keks gehen, das ist ja kein Wunder. Aber ohne Freunde hier wäre es schlimm, ich will es mir gar nicht vorstellen. Wir quatschen viel, machen zynische Witze über die Justiz und tauschen Neuigkeiten aus, spielen Doppelkopf, führen Smalltalk mit anderen Gefangenen und geben uns Süßigkeiten oder Briefmarken weiter. Manchmal reden wir auch über Pläne für die Zukunft, das macht Freude: Reisen, in die Berge oder ans Meer. Freundinnen und Freunde wiedertreffen. Durch die Stadt oder durch den Wald spazieren und immer weitergehen können – ohne Mauern, ohne Stacheldrahtrollen. Auch grössere Pläne kommen vor: Wie kann der Weg in eine Gesellschaft aussehen, in der Knäste überflüssig sind? In der Menschen ihre Interessen und Fähigkeiten ausleben und einbringen können und die Bedürfnisse von allen bestmöglich befriedigt werden? Eine Gesellschaft, in der Menschen ihr Leben selbst gestalten und mitbestimmen können, was um sie herum passiert? …
Einiges hätte ich noch zu erzählen, zum Beispiel vom ersten Mal auf dem Sportplatz, nach knapp einem Monat im Knast: weiter Blick, weiter Himmel, der mönströse Knastkomplex hundert Meter weit weg, am Rand Blumen und hohes Gras…
Oder von der Zwiespältigkeit der Besuche könnte ich erzählen: Freude und Aufregung, Verbindung nach draußen, Kraft und Mut, aber auch viel Sehnsucht, hinterher, wenn mir alles dort draußen noch weiter weg vorkommt, was für zwei Stunden plötzlich so nah war.
Wenn ich noch einmal lese, was ich geschrieben habe, merke ich, wie viel fehlt. Es ist ja auch klar, dass sich monatelanges Knastleben nicht auf wenigen Seiten vollständig beschreiben lässt. Meine Stimmung geht auf und ab und dabei ändern sich auch meine Gedanken und Einschätzungen. Mehr als ein paar kleine Einblicke in mein persönliches Erleben kann ich hier nicht geben. Vor allem bin ich mir nicht sicher, ob deutlich wird, wie wichtig gegenseitige Hilfe und Vertrauen sind und die Solidarität untereinander und von außen. Es ist gut und wichtig zu wissen, das ich hier nicht vergessen werde, das wir nicht allein sind. So unterstützt kann man schon einiges durchstehen.
Neulich beim Hofgang war da mal ein bunter Haufen Leute auf einem Dach gleich hinter der Knastmauer. Sie haben gewunken und gerufen, ein Transparent ausgerollt und Sprechchöre gebrüllt – es war Wahnsinn. Ich wusste gar nicht, was ich machen sollte, außer ein bisschen winken. Da waren plötzlich Menschen von draußen, gar nicht weit weg von uns und von allen drei Höfen auf dieser Seite des Knastes gut zu sehen. Auf dem Hof gerieten alle in Aufregung, brüllten herum und versuchten, das Transparent zu entziffern. Nach einer Viertelstunde war der Spuk schon wieder vorbei, die Leute auf dem Dach winkten ein letztes Mal und gingen nach Hause. Aber die Erinnerung daran ist noch lebendig.
Autor: anonym
Übersetzung: anonym