2009-07-15 

[Vallette-Gefängnis] Brief der compagni aus Turin

Seit Montag (1) sind wir im Lorusso e Cotugno Gefängnis in Turin inhaftiert. Uns wird die Teilnahme an der Demonstration gegen den G8 der Universitäten am 19. Mai in Turin vorgeworfen.

Tatsächlich war unsere Haftverwahrung als Abschreckung für die internationalen Mobilisierungen gedacht, bei denen junge Leute aus allen Nationen seit Tagen durch Italien gezogen sind, die sich der x-ten, absurden Beleidigung durch einen G8 wiedersetzen: der Aufteilung der Zukunft von uns allen und der Welt unter wenigen Mächtigen. Mit Freude vernehmen wir aus den Zeitungen, dass die Mobilisierungen mit neuen Energien weiter gehen. Das ist für uns die beste Nachricht. Die Bewegung ist nicht zum Stehen gekommen, die überbordende kritische Kraft unserer Generation hält man nicht auf. Ein ganze Saison der Mobilisierungen hält weiter an. Es ist Juli und die Universitäten sind wieder besetzt, die Studenten fahren mit ihren Debatten fort, die soviel Vorschläge gegen ruchlose Reformen und Kürzungen beinhalten, die letzte Bastione des freien Wissens zu Fall bringen würden.

ceder un peu c est capituler beaucoup

Auch aus dem Gefängnis geht unser Kampf weiter. In diesen Tagen haben wir neue Kräfte getroffen, neue junge Leute, die, wie wir, einer verweigerten Zukunft entgegen sehen und wie wir große Lust haben, das Blatt zu wenden, weiter zu machen und zu kämpfen.

Von den verweigerten Rechten ausgehend, wollen wir ihnen eine Stimme geben, ihren Familien und dem, was sie jeden Tag ertragen müssen. Keine Zukunft, die Isolation, die Kürzung der Mittel für den Strafvollzug, die Überbelegung, die durch eine ausufernde Bürokratie geknebelten Gespräche mit Angehörigen und der Außenwelt.

Wir wurden aus Sicherheitsgründen sofort getrennt und in die verschiedenen Trakte der Haftanstalt geschleudert. Zwei von uns sind in Teilisolation, sie können keine Kontakte mit anderen Häftlingen haben und die Hofgangszeiten sind halbiert. Einige tragen immer noch die gleiche Kleidung, die sie zum Zeitpunkt der Verhaftung trugen und sie haben keine Kleidung von außen bekommen können. Das sind unsere Lebensbedingungen, die Bedingungen, unter denen über 1700 Menschen in einem Gefängnis leben, das höchstens 900 aufnehmen kann.

Grundrechte, Alltag, Arbeit, Hygiene, Ernährung. Alles bleibt im Hintergrund zurück. Ganze unbequeme Teile der Gesellschaft, die über Haftverwahrung gehandahbt werden. Das ist das Leben, dem jeder dieser Männer und Frauen jeden Tag stellen muss. Ohne Zukunft, ohne Vorhaben, wissend, dass vielleicht, die Freiheit kommen wird. Aber was für eine Freiheit? Der Möglichkeit entledigt, ein würdiges Leben neu zu beginnen, in einer Welt, in der das einzige, was interessiert, die Bewältigung des täglichen Lebens bleibt, ohne jede Übernahme von Verantwortung durch die, die für all das verantwortlich sind.

Für sie alle schreiben wir diese Worte, für ihre und für unsere Leben.
Damit keinem jungen Menschen das Recht auf Bildung verwehrt wird. Damit kein Mensch mehr den Himmel nur durch Gittern zu sehen bekommt.

Die verhafteten compagni aus Turin.

A.d.Ü.:

(1) Der 6. Juli ist gemeint.