2009-07-09
Es wird gerade aus den Ruinen dieser unabwendbaren Krise sein, dass die Anomale Welle angstfrei ihre Demokratievorstellung im Zeichen der Freiheit, der Autonomie voranbringen wird
von Omid Farouzi
7.7.2009
Jahrelang haben sie uns an Schulen und Universitäten beigebracht, dass die Merkmale, die eine Demokratie kennzeichnen, die Gedankenfreiheit, die Freiheit der selbständigen Wahl der eigenen Lebenswege unter Achtung der Gedanken anderer und die Möglichkeit, über die Instrumente zu verfügen, um eine solche Wahl treffen zu können. Man hat uns immer wieder gesagt, dass der, der die Macht inne hat gehalten ist, alle Stimmen, die sich aus den Falten der Gesellschaft erheben zu hören und dass er die Pflicht hat, sich um den Versuch zu bemühen, mit Widersprüchen und Konflikten mit den Instrumenten der auch harten politischen Auseinandersetzung und der Madietion zu interagieren. Eine Demokratie ist besonders dann eine solche, wenn die Gedanken, die verhaltensmäßigen Neigungen, die subjektiven Bestrebungen und die politischen Forderungen, auch die der Minderheiten, geachtet und auf eine gewisse Weise als legitim geachtet werden. haben sie und immer gesagt. Wenn ich mir ansehe, was in Italien passiert, frage ich mich heute, ob irgendwer das Gefühl hat, sich in einer anderen Demokratie zu befinden.
Untersuchen wir drei sehr aktuelle Fragen: Arbeit, Migration und Bildung.
Bezüglich der Arbeit kann niemand leugnen, dass die diffuse Prekarität, die der Durchsetzung von neuen, für den Großteil der Arbeiter diskriminierende Vertragsformen und einer ausgesprochen ungleichen allgemeinen
Verteilung des Reichtums geschuldet ist, in Zeiten der Krise zahlreiche Arbeiter und Arbeitslose dazu bringt, bessere Lohnverhältnisse und die Ausschüttung eines Einkommens zu fordern, die es vermögen, die Chance auf würdige Lebensbedingungen zu eröffnen. Nun, angesichts dieser legitimen sozialen Nachfrage besteht die Reaktion der Regierung einerseits darin, dass sie die Entstehung von neuen Arbeits- und Ausbeutungsformen und folglich das Bestehen von Forderungen bezüglich von neuen Rechten nicht einmal berücksichtigt und andererseits im strafrechtlich ausgelegten Angriff auf das Streikrecht. Delegitimieren und kriminalisieren, also.
Auf dem Gebiet der Migration liegen die Dinge vor aller Augen. Das Sicherheitspaket und besonders die Einführung der klandestinen Einwanderung als Straftatbestand bestätigen endgültig das Desinterresse der Regierung, diese Frage mit sozialen politischen Ansätzen und mit neuen, die Autonomie und die Rechte der Migranten wahrenden Integrationsprojekten anzugehen, und halten eindringlich an der Strategie der Kriminalisierung und der Verwendung des strafrechtlichen und repressiven Instruments fest. Eine Poltik, die unvermeidlich die Diskriminierung von tausenden von Menschen und an einer Kultur der Angst, der Verdächtigung und des Misstrauens für die gesamte Gesellschaft. Kommen wir nun zu den Ereignissen dieser Tage und damit zur Bildungsfrage.
Wir äußerten unsere Kritiken an die, wir erinnern daran, von Mittelinks gewollten 3+2 Reform seit Jahren und sprachen dabei von De-qualifizierung von Wissen (1), von Lyzeisierung (2) und Verbetrieblichung der Universität. Als die Gelmini (3) und ganz allgemein die Regierung Berlusconi ihr Projekt offenbart haben, hat sich ein diffuser sozialer Protest entfesselt. Alles ist unter der Sonne geschehen. Wir haben unsere Besorgnis für das, was angesichts des Umfangs der Kürzungen und der beabsichtigten Gründungen von Hochschulstiftungen eine regelrechte Demontage des öffentlichen Hochschulwesens zu sein schien zum Ausdruck gebracht und wir haben dieser legitimen Besorgnis durch legitimen Protest lebendig gemacht.
Vollversammlungen, Demonstrationen, wie die in Rom, an der sich hunderttausende von Menschen beteiligten, Straßenblockaden und Besetzungen in ganz Italien haben also ohne jede Gewalt und mit großer Entschlossenheit eine legitime soziale Nachfrage, die aus dem ganzen Land kam, politisch übersetzt.
Uns schwebt der Aufbau einer angemessen finanzierten öffentlichen Hochschule vor, in der die Protagonisten das kritische Wissen, die freie Kultur und ein “autonomes” Forschungswesen sind. Alles im Dienste unserer Lust auf Erfahrung der zeitgenössischen sozialen Wirklichkeit, und, warum nicht, darauf, sie verändern zu können. Das haben wir monatelang gesagt und getan. Und wir fordern es als gerecht und legitim ein. Die Antwort ist banal, voraussehbar und gewissermaßen “folgerichtig” gewesen. Kaum, dass wir die feudalen Interessen und die baronalen Machtverhältnisse an vielen Universitäten angeprangert hatten, haben Schulleiter und Rektoren, die selben, die den Protest unterstützten, sofort aufgehört, mit uns zu reden. Als die Mobilisierung ihre Qualität, ihre Widerstandsfähigkeit und Beteiligung offenbarten, die zeigten, dass es nicht um die übliche rituelle Herbstagitation ging, gab es die ersten Anzeigen und Polizeangriffe.
Die Fachbereiche haben angefangen, die selbstverwalteten Räume, von denen wochenlang einen frischen Wind der studentischen Beteiligung am Hochschulleben und an der Produktion und Übertragung von Wissen
ausging zu räumen und einige Schulleiter haben damit angefangen, die Genehmigungen für Selbstbildungskonferenzen und – seminare zu verweigern. Eine Frage der öffentlichen Ordnung, haben sie gesagt. Als die Kämpfe der Studenten und Forscher schließlich angefangen haben, mit anderen diffusen Mobilisierungen auf dem Territorium zu interagieren, als wir, kurzum, angefangen haben zu begreifen, dass die “Multitudinäre” Formel, die die Bewegung der Welle charakterisiert hatte einen bedeutenden Reichtum darstellen konnte, der sich auf verschiedenen Kapf- und Forderungsterrains einbringen ließ, da ist pünktlich der Hieb mit dem Schwert des Leviathans gekommen.
“Auf Beweisebene haben nichts Großes in der Hand, die präventiv verhaftete Subjekte hätten sich aber an den Mobilisierungen wegen dem G8 in L’ Aquila beteiligen können”: das besagen die Begründungen der Staatsanwaltschaft von Turin. Da ist sie also wieder, die erprobte Formel. Die Existenz eines sozialen Konflikts nicht anerkennen, sie ignorieren und dann in eine Frage der öffentlichen Sicherheit umwandeln, um sie schließlich zu krimininalisieren, in dem mal wahllos, mal etwas gezielter Personen getroffen werden, die sie deutlich gemacht haben. Die “Bösen” treffen, um die “Guten” einzuschüchtern. Spalten, wo die Vernetzung von Unterschieden einen Kraftpunkt dargestellt hatte. Soziale Alarmzustände produzieren und public enemies, um die Realität zu mystifizieren.
Das ist die Strategie der Regierung, um einer politischen und wirtschaftlichen Krise zu begegnen, die selbst die Grundfesten einer Demokratie in Frage stellt, die immer geschundener, immer tiefer vergewaltigt und immer anomaler ist.
Nur kein Trübsal blasen. Es wird gerade aus den Ruinen dieser unabwendbaren Krise sein, dass die Anomale Welle angstfrei ihre Demokratievorstellung im Zeichen der Freiheit, der Autonomie voranbringen wird
A.d.Ü.:
(1) Im Original: “saperi”, also Plural. Es gibt keine absolute und einheitliche Wissensform
(2) Grob: Einführung von Einheitsmodellen und Typisierungen
(3) Bildungsminister