2009-07-05
Editorial von Alessandro Cardulli
Eine Generalprobe mit Blick auf den G8? Das haben einige Presseorgane geschrieben und auch die von einem Vertrauensmann Berusconis geleitete RAI (1) Leitnachrichtensendung hat es im Zuge der Ankündigung der “No Dal Molin” (2) Demonstration in Vicenza gesagt. Und sie haben das Bild von no global heraufbeschwört, die genau aus Vicenza im Begriff seien, mit einer Kraftprobe den Startschuss für die Proteste und womöglich für Gewaltakte zu geben, um dann an allen Tagen des aquilanischen Treffens der Statschefs weiter zu machen.
Auch über jeden Verdacht erhabene Blätter wie La Repubblica sind darau hereingefallen und dabei vergessen, dass wer seit Monaten und Monaten den Protest organisiert und demonstriert, auf unmissverständliche Weise für Tausende Menschen steht, die diese Stadt bewohnen und wollen, dass diese frei von militärischen Knechtschaften ist. Man musste aber vorgeifen, von no global sprechen, Bruchlandungen prognostizieren und all jene, die es wagen werden, ihrer Stimme vor den Staatschefs, die sich in L’ Aquila versammeln werden Gehör zu verschaffen, präventiv kriminalisieren. Kurzum, wenn jemand Berusconi die “Party” verderben wird, sollen alle wissen, dass es sich um Terroristen handelt, Gewalttätern und vielleicht um Kommunisten handelt. Dass RAI den G8 und No Dal Molin in Verbindung brachte und auf die Pauke geschlagen hat, um einen gigantischen Berluscon’schen Werbespot einzuläuten, der uns während der gesamzen G8 Tage begleiten wird, ist kein Zufall. Eine Generalprobe hat jedenfalls stattgefunden und sie kann unweigerlich nur große Besorgnis erregen und alarmieren.
In Vicenza hat man nämlich nichts unversucht gelassen, um die Teilnehmer einzuschüchtern, um die Demonstration aufzulösen, um auch auf gewalttätige Weise jeden zu treffen, der friedlich gegen die Erweiterung des US-Stützpunkts protestieren will. Jemand hat Befehl gegeben, die Demonstration repressiv zu unterdrücken, den zuvor genehmigten Demonstrationszug zu blockieren und die Stadt abzuriegeln. Wir glauben nicht, dass das Alles allein von dem ausgeheckt wurde, der auf lokaler Ebene berufen ist, die öffentliche Ordnung zu gewährleisten zu der auch die Gewährleistung des Rechts auf Demonstration gehört, erst recht, wenn eine solche genehmigt wurde. Das ist aber nicht erfolgt. Es war abgesprochen worden, dass Carabinieri und Polizia sich im Inneren des Dal Molin Geländes aufgehsalten hätten, statt dessen wurden sie losgeschickt, um die Demonstration zu blockieren, wobei sie den Kontakt (3) mit den Demonstranten suchten und Tausende von Frauen und Männern nicht nur verbal, sondern auch mit Tränengas und Schlagstöcken provozierten. Wie üblich haben die “offiziellen Quellen” von Zusammenstößen zwischen Ordnungskräfte und Demonstranten gersprochen. TG1 (4) tut sich mit einem Beitrag hervor, der an der Grenze des schändlichen ist, vielleicht sogar über jedees Maß, wenn man auch den Beitragstitel berücksichtigt, der wie schon in einer früheren Sendung angekündigt, auf die no global anspielte.
Die Wahrheit ist, dass der, der die polizeilichen Operationen geleitet hat bewusst den “Kontakt” zwischen Polizei und friedlichen Demonstranten gesucht hat. Eine Provokation. Eine Falle in die die Bürger von Vicenza nich hinein getappt sind. Andererseits war es offensichtlich, dass sich eine riesige Provokation anbahnte: Die Stadt war auch unter Entsendung von in Repressionsoperationen “spezialisierten” Bataillonen abgeriegelt worden. Polizisten und Jeeps versperrten den Weg, den die Demonstration hätte ablaufen sollen. Nur die Entschlossenheit der Frauen und Männer, die für die Unabhängigkeit von Vicenza kämpfen – nichts. was mit der Lega (5) zu tun hätte, sondern das Recht einer Stadt, frei von Militärstützpunkten zu leben, damit das klar ist – konnte sich gegen jene durchsetzen, die alles, was nur möglich war getan hat, um Tausende Menschen die Nerven verlieren zu lassen. In einem Klima der Spannung ist die Demonstration weiter gezogen. Jener “No Dal Molin, yes we can” hat sich ein weiteres Mal seinen Weg gebahnt und er wird bis zu den Regierunschefs gelangen, die nach L’ Aquila kommen werden, der Präsident der Usa voran, der wiederholt auf die Werte der Feiheit, der Rechte der Personen weist und den Schutz der Umwelt, die Ökologie, die Erhaltung der Territorien in den Vordergrund stellt. Das ist, was die Vizentiner wollen. Möge er diesbezüglich Berlusconi und seinem Hof, einschließlich der Journalisten, kein Gehör schenken. Seine italienischen “Quellen” sind gut informiert. Möge er aus L’ Aquila ein Zeichen des Friedens setzen, möge er auf jenes “yes, we can” reagieren, das auch dieses Mal stärker als jede Provokation, Einschücjterung und repressive Aktion gewesen ist.
A.d.Ü.:
(1) Italienisches Staatsfernsehen
(2) No Dal Molin nennt sich die Bewegung gegen die Militarisierung des Flughafens No Dal Molin bei Vicenza in Norditalien. Ende 2003 verabredeten die italienische und die US-Amerikanische Regierung die Umwandlung des Flughafens in eine Militäranlage – hinter verschlossenen Türen. Die Pläne wurden erst 2006 öffentlich. Die derzeit zwischen Deutschland und Italien aufgeteilte 173 Airborne Division soll dort wegen der Nähe zu Häfen und Luftwaffenstützpunkten geschlossen unterkommen ( grafische Darstellungen: http://www.youtube.com/watch?v=OqQyuaetfhk&feature=related ). U.a. soll der auf der operativen US-Army Achse Aviano-Camp Darby in Norditalien liegende Stützpunkt auch so genannten N.B.C. Storage betreiben (http://de.indymedia.org/2007/06/186192.shtml). Rasch formierte sich eine Widerstandsbewegung ( http://www.youtube.com/watch?v=-goCGWpNX1k ), die bereits mehrere Demonstrationen, Blockaden und Besetzungen ( siehe Playlist http://www.youtube.com/view_play_list?p=0A103A0115BDBA34 ) durchgeführt hat.
(3) Polizeilicher terminus tecnicus der die direkte Berührung mit Demonstranten beschreibt
(4) Nachrichtensendung des 1. Kanals des italienischen Staatsfernsehens
(5) Vicenza liegt im Norden Italiens, wo die rechte, ausgesprochen rassistische Partei Lega Nord sehr stark ist