2009-06-27 

L' Aquila demonstriert, Treffpunkt: Piazza d' Armi

von old red

26/06/2009

Samstag um 15 Uhr Demonstration von Piazza D' Armi bis Centi Colella. Mit Flugblättern und Versammlungen in den Zeltstädten vorbereitete Demonstration, dem catenaccio* des Zivilschutzes zum Trotz. Berlusconi erneuert das Versprechen, "die Camps bis Ende September zu schließen".

Der Zorn der Aquilaner manifestierts sich aufs neue.

Die Komitees haben eine Protestdemonstration für Samstag Nachmittag um 15:00 einberufen, die von der Piazza d' Armi starten wird, dem Standort der größten, und, zumindest in den Tagen, die unmittelbar auf den Erdstoß des 6. April folgten, bildschirmtauglichsten Zeltstadt, um bis zum Camp in Centi Colella zu ziehen.

Pic: Berlusconi

Es wird auch vom Abruzzo Social Forum organisierte Busse, die von der Küste kommen geben, damit auch die Aquilaner, die in Hotels an der Riviera evakuiert wurden Gelegenheit bekommen, zurück zu kehren und ihre Stimme für die Zukunft der Stadt zu erheben.

Die Demonstration zu organisieren ist nicht einfach gewesen

Besonders nach dem Erfolg der Demonstration in Rom am vergangenen 16. Juni sind der Zivilschutz und besonders dessen Chef Guido Bertolaso ziemlich "nervös" und besorgt, vor den Augen der acht angeblichen Großen und Staatschefs eine schlechte Figur zu machen. Bertolaso und Berlusconi hatten bereits ihre liebe Mühe gehabt, die Zuständigen für die Sicherheit der acht Staatschefs zu überzeugen, dass die Kaserne der Schule für Unteroffiziere der Finanz- und Zollpolizei in Coppito hinreichend sicher ist - selbst im Falle eines neuen Erdstoßes. Im Konferenzsaal für Gipfelpräsentationen hatte Bertolaso vor wenigen Tagen die Komitees sogar - durch die Blume - um einen "Waffenstillstand" über die G8-Tage gebeten. Die antwort der Aquilaner beginnt sich mit der morgigen Demonstration zu artikulieren, die mit Versammlungen und Flugblattaktionen in den Camps vorbereitet wurde, sowie mit Rundgängen um die Zeltstädte, bei denen per Megafon der Anlass mitgeteilt wurde.

Im Camp auf der Piazza D' Armi hatte der Zivilschutz aber tagelang das Abhalten von Versammlungen verhindert, bei denen man über die morgige Demonstration diskutieren wollte, und er hat auch versucht, die Verteilung von Flugblättern über die Demonstration zu unterbinden. Die Technik ist erprobt: die Campverantwortlichen sagen, dass man den Comando Operativo Misto [COM]** fragen muss, unter deren Hoheit das Camp gestellt ist: das COM sagt, dass man beim DICOMAC nachfragen soll, dem"Superhirn" der Rettungs- und Kontrollmaschinerie. Wenn es dann soweit ist, sagt das DICOMAC, nein, die Versammlung kann nicht stattfinden. Die Verhandlungen beginnen dann von vorne. Am Ende, wurde die Erlaubnis, eine Versammlung abzuhalten, erteilt. Diese fand gestern statt, und sie war zienmlich gut besucht. Schwer zu sagen, wie die Beteilgung an der morgigen Demonstration sein wird, obwohl das Klima in der "verstreuten" Stadt aus Zelten gegenüber der Regierung und den Spitzen des Zivilschutzes immer gereizter ist.

Die Schwierigkeiten sind zahlreich. Während beispielsweise die Arbeiten für den Bau der C.a.s.e. Komplexe*** vorankommt [wenn auch es in den einzelnen 20 vom Zivilschutz festgelegten Zonen mit unterschiedlichem Tempo der Fall ist], ist in Bezug auf die nur leicht beschädigten Häuser von Privatpersonen noch gar nichts in Bewegung gekommen. Einigen Aussagen nach sollen die Firmen, die Zwecks Durchführung der Arbeiten kontaktiert wurden sich weigern, zu beginnen, weil sie nicht glauben, dass die finanzielle Deckung der Arbeiten gewährleistet ist, die von der Regierung auch für einfache Arbeiten versprochen wurde, wie es übrigens auch in den letzten vom Zivilschutzes erlassenen Verordnungen vorgesehen ist.

Über all macht sich der Druck des unmittelbar bevorstehenden G8 Zirkus bemerkbar, und Berlusconi wütet weiter. Gestern zum 15. Mal in L' Aquila, bekräftigte der Ministerpräsident, dass "binnen September alle Zeltstädte geschlossen sein werden". Seiner Vision nach, sollen jene die jetzt in Zelten hausen, in Hotels umziehen. Er zählt dabei darauf, dass sich jene, die jetzt in Hotels sind in die C.a.s.e. Komplexe ziehen können werden oder in die für begehbar erklärten Häuser oder in solche, die leer stehen, die der Zivilschutz gerade ermittelt. Berlusconi hat wiederholt, dass man "im Juli und August" Ferienaufenthalte für Kinder organisieren wird und dass es für Alte, die "hin wollen werden", Kreuzfahrten geben wird. Der Premier bewegt sich aber auf sicherem Terrain: er hält sich unter den [fast ausschließlich nicht aus L' Aquila stammenden] Arbeitern, die an den C.a.s.e. Komplexen arbeiten auf oder er trifft sich mit Unternehmern. Die Späziergänge in den Zeltstädten sind Vergangenheit.

A.d.Ü.:

* Die berühmte vom Fußball bekannte Spieltaktik, die gerade italienische Mannschaften häufig mit legendärem Können umgesetz haben. Ziel einer solchen Aufstellung ist es, durch tiefes Stehen in der eigenen Hälfte, die Räume zwischen den einzelnen Spielern so eng zu machen, dass kein schnelles Offensivspiel des Gegners möglich ist. siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Catenaccio

** Gemischte Operative Kommandantur

*** “Complessi Antisismici Sostenibili Ecocompatibili” = “Antiseismische, ökologisch verträgliche Komplexe”. Bezeichnung für den Teil des sehr umstrittenen Wiederaufbauplans, der die Errichtung von Siedlungen auf bisher unbebauten Arealen im Erdbebengebiet vorsieht.

pic: http://lombardia.indymedia.org/sites/lombardia.indymedia.org/files/roma5_0.jpg auf den plakaten stehn links ne forderung, der der zivilschutz nun offenbar nachgeht (leerstehende häuser an die evakuierten!) recht dass bertolaso weg soll und der wiederaufbau in die hände der abruzzer gehört.