2009-06-09 

Italien-Lybien, Qadafi in Rom, zwischen Einwanderung und Kooperation

Rom, 4. Juni - Bekämpfung der Einwanderung und bilaterale Angelegenheiten. Es sind die zentralen Themen des Besuchs, den sich der lybische Führer Muhammar Qadafi anschickt, vom 10. bis zum 12. Juni Rom abzustatten. Ein Besuch, der den G8-Gipfel im Juli vorweg nimmt, an den der Oberst in seiner Eigenschaft als turnusmäßiger Präsident der Afrikanischen Union Teil nehmen wird und den Außenminister Franco Frattini nicht gezögert hat, als Ereignis "von historischer Tragweite" für die Beziehungen zwischen beiden Ländern zu bezeichnen, die besonders in Hinblick auf eine Beantwortung des Phänomens der Migrationsströme entscheidend sind.

Bild: Plakat

Nach dem die Kontroversen zwischen unserer Regierung und dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen in Bezug auf Abweisungen und Asylrecht überwunden sind, ist die Angelegenheit im EU-Kontext eingebracht worden, wo nach gemeinsam getragenen Lösungen gesucht wird. Und gerade heute hat der Amtsträger im Innenministerium Roberto Maroni aus Luxemburg, wo gerade der Gipfel der Innen- und Jusztizminister stattfindet, angekündigt, dass er dem Vize-Präsidenten der EU.Kommission, Jacques Barrot, neben einer Liste von durch Tripolis "zur Verhinderung der Abreise von Klandestinen zum Beweis dafür, dass sie es ernst meinen" in die Tat umgesetzten Eingriffen, eine Reihe von durch Lybien formulierten Forderungen "zur Fortsetzung der Politik zur Bekämpfung der klandestinen Immigration" überreichen wird. Maroni hat angegeben, dass er überzeugt sei, die Frage der Landungen der Agenda des Europarates vom 18. und 19. Juni "als der schwedischen Präsidentschaft zu unterbreitendes Dolkument" aufzuzwingen. "Lybien zu helfen, ist eine Pflicht der EU", sagte er abschließend.

Die Kooperation zwischen Italien und Lybien auf dem Gebiet der klandestinen Immigration ist durch ein 2007 unterzeichnetes Protokoll geregelt, das unter anderem gemeinsame Patrouillen vorsieht, um besonders den kriminellen Organisationen, die sich dem Menschenhandel und der Ausbeutung von Migration widmen entgegen zu treten, und gemischte Kontrollen an den Land- und Seegrenzen. Der Besuch Qadafis zielt auf die Stärkung der, wenn auch unter Beachtung der geltenen Gesetze, unter Wahrung der Menschenrechte, mit der italienischen Regierung getroffenen Vereinbarung. Man wird bei der Reihe von Gesprächen, die der Oberst mit Vertretern der Regierung und der Institutionen führen wird aber nicht nur über Einwanderung sprechen. Es geht besonders um bilaterale Angelegenheiten und um die von beiden Ländern nach Jahrzehnten der Spannungen erzielten Fortschritte. Der historische Besuch des Premier Silvio Berlusconi im März 2009 in der Wüste im Sirte-Becken, an einem Ort unweit der 1929 von den Faschisten für die lybischen Kämpfer und ihre Familien eingerichteten Konzentrationslager, hat die Wende in den Beziehungen zwischen Rom und Tripolis markiert. "Wir nehmen die Entschuldigungen Italiens an und ich bitte alle Lybier, ihre Ressentiments zu überwinden und den Italienern in einem paritätischen Verhältnis der gegenseitigen Achtung, die Hand zu reichen", hatte Qadafi damals gesagt. "Wenden wir diese dunkle Seite um und beginnen wir eine neue Ära".

Eine neue Ära, die mit einer Reihe von Ausgleichsleistungen beginnt, die das lybische Regime von Italien gefordert hat, um wirklich eine neue Seite aufzuschlagen. Wie die etwa sechs Millionen teure Autobahn* von Ras Jdeir bis Assaloum, die von der Grenze mit Tunesien bis zu der mit Ägypten, ganz Lybien durchqueren wird und für deren Wiederaufbau die Regierung ihre Verpflichtung bekräftigt hat. Die neue Phase war auch durch die Öffnung des lybischen Marktes für italienische Unternehmen gekennzeichnet. Eine wichtige Tatsache, die aber die nicht eingelösten Kredite nicht aus der Welt schafft. Kredite, deren höhe sich unmöglich kalkulieren lässt, die vielen italienischen Unternehmen nie zurück gezahlt wurden. Viele Unternehmen mussten in Konkurs gehen, nach offiziellen Angaben mindestens 120. Über die Vereinbarung einer Kredittilgungsform, die die Erteilung von Zuschlägen bei Aufratgsvergaben vorsieht, konnte sich die eine oder die andere unter den Großen wie Telecom, Italcementi und Impregilo, retten. Letztere Firma soll im Begriff sein, einen Wolkenkratzer zu bauen, dessen Name "Qadafi Tower" lauten soll.

Derweil halten die polemischen Diskussionen wegen dem Vorschlag der Verleihung eines Ehrendoktors an Qadafi durch die Universität Sassari an. In erster Linie sind es einige Vereine zum Schutz der Menschenrechte und der Partito Radicale mit der Vizevorsitzenden des Senats Emma Bonino, die kürzlich die Initiaitive als "inakzeptabel" bezeichnete. Tatsächlich sind die Zeiten für die Billigung der Verleihung eines Ehrendoktortitels recht lang. Der Initiative der juristischen Fakultät müssen 75% der Mitglieder des Fachbereichsrates zustimmen. Der Beschluss wird dann vom akademischen Senat geprüft und gelangt erst nach etwaiger Annahme beim Ministerium für Bildung für das endgültige grüne Licht. Letzter Aspekt des Besuches vom Oberst, ist die Unterkunft im traditionellen Beduinenzelt mit dem der lybische Führer zu verreisen pflegt, das bereits in Villa Doria pamphili augestellt ist.

(bic) 4. Juni 2009 18:40

A.d.Ü.:

* Siehe: https://www.gtai.de/DE/Content/bfai-online-news/2008/17/medien/t3.html