2009-05-09 

In Coppito bereiten Zwangsräumungen zugunsten von Staatschefs Sorgen

“Reise” in den Gipfelstandort, zwischen Sanierungen und Phantomsuiten

Rom, 8. Mai – “Von wegen 25 VIP-Wohnungen, die wollen unsere Häuser in Präsidentensuiten umwandeln”. Coppito, Akademie der Finanzpolizei, heute operativer Stützpunkt derer, die den erdbebenbedingten Ausnahmezustand händeln und ab Juli Bühne des italienischen G8 Gipfeltreffens: alles sollte im Zeichen maximaler Eintracht vonstatten gehen, es gibt aber etwa zwanzig Militärs, die mit ihren Familien überhaupt nicht gut auf die internationale Kirmes zu sprechen sind, die die acht Großen der Erde in die durch das Erdbeben zerstörten Abruzzen führen wird. Diesen Familien wurde nämlich das letzte Opfer abverlangt, sprich, das Verlassen ihrer Heime zugunsten von nicht näher definierten “internationalen Autoritäten”. Die Klage rührt, in anonymer form, von einigen Bewohnern des Wohnviertels auf dem Gelände des Stützpunkts, das in der Nähe des Hubschrauberlandeplatzes liegt.

Bild: Aquila

Wir nehmen die Worte der Protestierer auf: “Man hat von uns verlangt”, so erzählen sie, “dass wir diese Heime verlassen. Sie haben uns gesagt, dass sich in Kürze Umzugsträger einstellen werden, die unser Mobilar auseinander nehmen und ‘in ein container’ verstauen werden. Wir werden dann im wahrsten Sinne des Worts Leine ziehen müssen, um das Feld für die Arbeitertrupps zu räumen, die die Umwandlung der Wohnungen in Luxusapartements vornehmen werden”.

Ein Schritt zurück: in der Schule in Coppito sind etwa 20 Wohnungen ebensovielen Militärs mit ihren Familien zugewiesen. Es handelt sich um jene, die laut denen, die im Stützpunkt leben und arbeiten, als “Suiten der Generäle” bezeichnet wurden. In der Finanzpolizeischule scheinen nämlich keine weiteren Anlagen mit einer solchen Zweckbestimmung zu existieren.

“Das sind unsere Häuser”, erzählen die Bewohner, “und es handelt sich dabei voll und ganz um Privatwohnungen, die mit unserem Mobiliar eingerichtet sind und in denen sich unsere Sachen befinden”. Wir zahlen die Betriebskosten und einen Beitrag für die Müllentsorgung und einige zahlen sogar einen kleinen Mietsatz. Auch wir sind Erdbebenopfer, wir haben das Glück gehabt, dass unsere Heime Stand gehalten haben, und für begehbar erklärt wurden. Und was sollen wir jetzt tun? wir sollen gehen…". Keiner der Bewohner ist bislang in der Lage gewesen, Befehle oder schriftliche Mitteilungen über eine “Zwangsräumung” zu präsentieren, einige Familien haben aber das Erscheinen von einigen “Fräuleins vom Palazzo Chigi” * beklagt, “die gekommen sind, um Vermessungen durchzuführen und Dinge sagten wie: ‘hier machen wir dieses’ und ‘das tun wir hierhin’”.
Dies sei, so ihre besorgten Unmutsäußerungen, das unmittelbare Alarmzeichen für einen Zwangsumzug. “Die Befehle werden kommen”, so die Militärs, “aber später, wenn nichts mehr zu ändern sein wird”.

Ansonsten wirkte die gesamte Miltärschule am vergangenen Mittwoch wie eine gigantische Baustelle: beschädigte Mauern, die repariert werden müssen, zur Stabilitätsprüfung verschalte Pfeiler, mit Maler- Sanierungs- und Reinigungsarbeiten beschäftigte Handwerkertrupps. Eine schnelle, anonyme Erkundung zeigt den Rest. Zahlreiche Häuser, in denen die Schlsafsäle der Schüler untergebracht waren, werden derzeit einer regelrechten Schönheitskur unterzogen. In einem Gebäude wurde zudem das “Musterzimmer” für Delegierte eingerichtet: “schwebendes Parkett”, queen-size Bett, ein kleines Wohnzimmer, LCD-Fernseher, Internetzugang und alle Annehmlichkeiten, wie man sie von großen Hotels kennt. Ein durch den G8 bedingtes restyling-Unternehmen, das von denen, die in der Schule Wohnen als “ungeheuer umfangreich” gewertet wird, besonders wenn es den nach dem Erdbeben notwenig gewordenen Instansetzungen hinzugerechnet wird: einge Gebäude – sowohl jene, die Wohnstätten beherbergen, als auch jene, in denen die Klassenräume untergebracht sind, haben mitunter beträchtlichen Schaden genommen. Die Grundstücke rund um den Stützpunkt sind derzeit außerdem durch die Fahrzeuge der Feuerwehr und des Zivilschutzes besetzt, von den Helfercamps und einer großen Zahl blauer Zivilschutzzelte, die ursprünglich die aus den Häusern auf dem Kasernengelände evakuierten Militärs aufnehmen sollten und momentan leer stehen.

Ein letzes Detail: Gerüchte über unterirdische Anlagen im Inneren des Stützpunkts, die eben gerüchteweise die G8 Arbeiten und die Bewegungen der Delegierten in “absoluter Sicherheit” hätten gewährleisten können, haben keinerlei Bestätigung gefunden. Unterhalb des Stützpunktes verläuft – das stimmt – ein Labyrinth an Korridoren und Kellern. Es handelt sich aber eben um Keller: entlang der Stollengänge verlaufen die Stromleitungs- und Breitbandkabel, die Gas- und Wasserleitungen und die Heizungsrohre. Die “unterirdischen Räume” sind wiederum nichts anderes als echte Kellerräume, die derzeit als Lagerräume für papierne Bestände dienen oder gar leer sind. Kurzum, keine Anlage, die geeignet wäre, Staatschefs aufzunehmen.