2009-04-29 

Nato-Gipfel mit Nachwehen

ORTENAU. Der Nato-Gipfel ist längst Schnee von gestern – nicht jedoch für die Staatsanwaltschaft Offenburg. Zehn Verfahren gegen unbotmäßige Demonstranten wegen kleinerer Delikte in Kehl sind bereits in die Wege geleitet. Mit weiteren 50 bis 80, so Behördenchef Herwig Schäfer, werde noch gerechnet – kein Vergleich indes mit dem Gipfel in Heiligendamm vor zwei Jahren.

Bild: Flyer

Großes Lob aus berufenem Munde für Polizei und Demonstranten zugleich: Herwig Schäfer, Leitender Oberstaatsanwalt, attestierte beiden Gruppen, das Ihre dazu beigetragen zu haben, dass die Nato-Gipfel-Station Kehl keine größeren Blessuren erlebte. So sagte er gestern: "Das polizeiliche Konzept ist aufgegangen." Umgekehrt bescheinigte er den Teilnehmern des Ostermarsches ein sehr besonnenes Auftreten. Der Einsatz von Molotow-Cocktails, wie das im benachbarten Straßburg der Fall war, kritisierte Schäfer, sei nicht zu vereinbaren mit dem propagierten Motto, sich gegen Aufrüstung und Krieg einzusetzen. Gleichwohl beschäftige sich die Staatsanwaltschaft mit zehn Anzeigen gegen Demonstrationsteilnehmer, die in Kehl in irgendeiner weise aufgefallen sind – "allerdings lauter kleinere Dinge". Einige Ermittlungen laufen noch, man gehe davon aus, dass noch 50 bis 80 Vorgänge hinzukommen. So seien Demonstranten verbotenerweise "mit passiver Bewaffnung" angereist, dazu zählen bereits eine Gasmaske oder eine Sturmmaske mit Augenschlitzen.

Andere wiederum seien "mit aktiver Bewaffnung" erwischt worden, wozu etwa CS-Gas zähle. Außerdem seien kleinere Sachbeschädigungen aufgefallen und auch Schmierereien. Und wieder ein anderer Demonstrant, "ein Rechter", sei mit einer verbotenen CD erwischt worden. Fast alle bislang bekannten Täter seien nicht aus der Region, sondern als Gegendemonstranten angereist. Dennoch: Alles kein Vergleich zum Chaos-Gipfel zu Heiligendamm, wo die Kollegen der Staatsanwaltschaft Rostock gegen 1450 Frauen und Männer Ermittlungsverfahren einleiteten. Kein Vergleich aber auch mit der Randale in Straßburg. Von den französischen Kollegen habe man Hinweise erhalten, so Schäfer, dass ein Teil der Straftäter, die an den Brandschatzungen beteiligt waren, aus Deutschland stammen. Gegen einen Demonstranten werde sogar wegen versuchter Tötung ermittelt. Die französischen Justizbehörden legten großen Wert darauf, die Übeltäter zur Bestrafung zu bringen. In der Regel gelte das Tatortprinzip, das heißt, Deutsche, die in Straßburg gegen das Gesetz verstießen, werden dort zur Rechenschaft gezogen. "Es könnte aber sein, dass trotzdem noch was auf die Staatsanwaltschaft Offenburg zukommt."