2009-04-23 

"Ich glaube nicht, dass Globalisierungsgegner sich trauen werden, in dieser vom Erdebeben heimgesuchten Gegend gewalttätige Demonstrationen zu organisieren"

Nächster G8-Gipfel in L’Aquila?

Von Peter Arnegger

Silvio Berlusconi, Italiens Ministerpräsident, ist ein Mann überraschender Vorschläge. Zuletzt etwa empfahl er den Erdbebenopfern von Rottweils Partnerstadt L’Aquila, die in Notunterkünften, in Zelten unterkommen müssen, ihr Schicksal einfach als Campingurlaub zu sehen. Oder ans Meer zu fahren und die Sonnencreme nicht zu vergessen. Signor Berlusconis neuester Einfall: L’Aquila, die Trümmerstadt, könnte Austragungsort des G8-Gipfels der mächtigsten Acht werden.

Der G8-Gipfel, ein Treffen der sieben führenden Industrienationen und Russlands, soll eigentlich im Juli auf Sardinien stattfinden.

Bild: Bertolaso

Berlusconi will ihn nun in die Erdbebenstadt L’Aquila verlegen. Die Netzeitung etwa fragt da schon: “Zynisch oder eine gute Idee?”

Doch Berlusconi ist es durchaus ernst. Seine Regierung in Rom hat nicht nur acht Milliarden Euro für den Wiederaufbau der zerstörten Region zugesagt. In einer Sondersitzung, die in L’Aquila stattgefunden hatte, schlug Berlusconi zudem vor, den im Juli auf Sardinien geplanten G-8-Gipfel nach L’Aquila zu verlegen. Zwei Begründungen hatte der Staatschef: Ein positives Signal sei das für die mehr als 60.000 Menschen in den Zeltstädten sei das, für die Campingurlauber also. Auch aus Gründen der Sicherheit sei L’Aquila eine gute Wahl: “Ich glaube nicht, dass Globalisierungsgegner sich trauen werden, in dieser vom Erdebeben heimgesuchten Gegend gewalttätige Demonstrationen zu organisieren”, sagte Berlusconi.

Als Tagungsort hatte Berlusconi die Berufsschule der Finanzpolizei in L’Aquila ausgemacht. Eines der wenigen öffentlichen Gebäude, die noch stehen. Krankenhaus und Studentenwohnheim etwa sind eingestürzt, obwohl sie noch kein Jahrzehnt alt waren. Der Verdacht hier: es wurde zu billig gebaut. Das dank Pfusch gesparte Geld stecke nun in den Taschen von Mafiosi.

Zurück zum G8-Gipfel: Auf Sardinien hätten dafür 220 Millionen Euro ausgegeben werden sollen. Dieses Geld soll nun nach L’Aquila fließen. Die Vorbereitungen für den Gipfel sollen unterdessen allerdings auf Sardinien schon weit fortgeschritten sein.

Der Bürgermeister von L’Aquila, Massimo Cialente, zeigte sich Medienberichten zufolge offen für den Vorschlag. Die Stadt sei dazu bereit, Gastgeber der Gipfelteilnehmer zu werden, auch wenn dies “sehr kompliziert” werde, sagte Cialente. Italiens Transportminister Altero Matteoli wies dagegen darauf hin, dass die G8-Staaten einer Verlegung erst noch zustimmen müssten.