2009-04-16
Am Rande des Internationalen Kongresses, der in diesem Rahmen in Illkirch-Graffenstaden nahe Strasbourg abgehalten wurde, hatte der Schattenblick die Gelegenheit, dem Friedensaktivisten Otmar Steinbicker einige Fragen zum organisatorischen Hintergrund der Gegenveranstaltungen zu stellen. Steinbicker ist Mitglied des dafür zuständigen International Coordinating Committee (ICC), Vorsitzender des Aachener Friedenspreis e. V. und Mitglied der Kooperation für den Frieden.
Schattenblick: Könnten Sie unseren Leser etwas über die Vorgeschichte des ICC als Koalition der Organisatoren mitteilen?
Otmar Steinbicker: Das ICC hat sich im ersten Vorgespräch während des Afghanistankongresses in Hannover im Juli 2008 zusammengefunden. Dort wurde die Idee geboren, auch zu 60 Jahren NATO aktiv zu werden. An diesem Kongreß nahmen wichtige Personen, die heute als prominente Teilnehmer auftreten, teil. Wir haben am Vorabend der Afghanistan-Konferenz zusammengesessen und erste Gedanken in diese Richtung entwickelt. Das hat sich dann im Oktober letzten Jahres in Stuttgart konkretisiert. Dort wurden die wesentlichen Strukturen geschaffen. Wir haben mit dem Material, das wir bekommen haben, den Appell von Stuttgart formuliert. Mit dieser inhaltlichen Bestimmung wurden auch die strukturellen Voraussetzungen geschaffen.
Es sollte vier Schwerpunkte geben - die Demonstration, der Kongreß, das Camp und die Aktionen zivilen Ungehorsams. Diese Maßgabe war schon im Oktober Konsens, und das mußte dann natürlich gefüllt werden. Den Kongreß mit seinen Referenten und mit seinen vielen Workshops auszurichten war ein Prozeß, der im weiteren stattfand, das gleiche gilt für andere Bereichen wie die Demonstration, eine auch komplexe und schwierige Geschichte, zu dem komplizierte Verhandlungen geführt werden mußten.
SB: Wer tritt hauptsächlich als Ansprechpartner für die deutschen und französischen Behörden auf?
OS: Rainer Braun ist derjenige, der den Mietvertrag für das Camp unterzeichnet hat, er ist einer der Sprecher des ICC.
SB: Aber alle Vertreter des ICC kommen sozusagen aus ihren eigenen organisatorischen Zusammenhängen?
OS: Richtig. Rainer Braun gehört zu IALANA, beziehungsweise ist auch einer der Sprecher der Kooperation für den Frieden, einem Zusammenschluß von 50 Friedensorganisationen in Deutschland, für den ich auch als Sprecher aktiv bin.
SB: Sind Mitglieder der Linken sozusagen in Doppelfunktion dabei, oder tritt die Linke eher als eigenständige Organisation auf?
OS: Es treten hier auch Mitglieder aus den organisatorischen Bezügen der Linken auf, also nicht nur Vertreter der klassischen Friedensbewegung. Das sehen Sie auch bei den Workshops, an denen sich diese und jene Organisationen der weltweiten und nationalen Friedensbewegungen beteiligen. Hin und wieder ist die Linke als Partei mit dabei, auch auf französischer Seite, das wird offen und locker gehandhabt.
SB: Wie steht es um die deutsch-französische Zusammenarbeit?
OS: Die ist gut und ist natürlich in dem ganzen
Vorbereitungsprozeß sehr gestärkt worden.
SB: Damit wird auch der positive Effekt des PR-Gags, den NATO-Gipfel als deutsch-französische Veranstaltung durchzuführen, ein wenig gekontert.
OS: Natürlich, es hat vorher auch Kontakte zwischen der deutschen und der französischen Friedensbewegung gegeben. Das war die Grundlage dafür, daß wir sagen konnten: "Wir machen das." Und wir konnten das in vergleichsweise kurzer Zeit machen, aber natürlich sind diese Beziehungen durch ein solches Zusammenwirken, auch durch das Lösen komplizierter Probleme, gewachsen.
SB: Verstehen sie dies womöglich auch als Basis der zukünftigen Perspektive einer breiteren Friedensbewegung, die über einen belastbaren, organisatorischen Kern verfügt?
OS: Ja, unbedingt. Wenn ich sehe, wie wir in Hannover angefangen haben, wo es natürlich die strukturellen Bezüge gab, wo man diesen oder jenen kannte, dann ist die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Organisationen, die als Grundlage dafür fungierte, daß man das überhaupt in der Breite machen konnte, deutlich gestärkt worden. So ist eine sehr enge, persönliche Zusammenarbeit entstanden. Wenn man über Stunden, über Wochen, über Monate miteinander arbeitet, da wächst einfach etwas heran, und das ist dann die Basis für weitere Aktionen. Und man weiß, zu was man in der Lage ist, man weiß dann auch exakter, wer was einbringt, und das trägt zu einer unheimlichen Verstärkung der internationalen Kontakte bei und auch der Möglichkeiten, gemeinsam zu agieren. Das ist ein Riesengewinn.
SB: Die Finanzierung erfolgt hauptsächlich über Spenden und Beteiligungen der Mitglieder?
OS: Vor allen Dingen über die Beteiligung der Mitgliedsorganisationen, jetzt wird noch versucht, über Spenden der Teilnehmer etwas beizusteuern.
SB: Herr Steinbicker, vielen Dank für das Gespräch.
15. April 2009