2009-04-07
Kriegsgegner Monty Schädel organisiert nach G8 Heiligendamm auch die Proteste zum NATO-Gipfel
Rostock/Straßburg (ddp). Zum G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 stand Monty Schädel immer mit demselben Outfit vor den Kameras: einer blauen Trainingsjacke mit weißem Schriftzug «Shalom» (Hebräisch: Frieden) auf der Brust. Jeder sollte wissen, hier meint es jemand ernst mit der Forderung nach Weltfrieden. Die Jacke hängt im Schrank, dabei könnte sie jetzt zum NATO-Gipfel zur vollen Geltung kommen. Schädel ist Organisator der Protestaktionen von Kriegsgegnern, die den am Freitag beginnenden Gipfel in Baden-Württemberg und in Frankreich begleiten werden.
Dabei helfen dem überzeugten Pazifisten aus Mecklenburg die Erfahrungen des G8-Gegengipfels in Heiligendamm. Auch hier koordinierte er die Proteste, galt als Bindeglied zwischen Polizei und Gipfelgegnern, als Sprachrohr gegenüber den Medien. Immer erreichbar für einen markigen Spruch, der allerdings «im Eifer des Gefechts» auch mal daneben ging, wie Schädel heute zugibt.
Daran hat sich der gelernte Koch und Erzieher jedoch noch nie ernsthaft gestört. Der Kriegsdienstverweigerer, der sich vor der Wende noch freiwillig für drei Jahre NVA-Dienst angemeldet hatte, machte in den 1990er Jahren mit Fahnenflucht, Hungerstreik und diversen politischen Prozessen von sich reden. In seiner vierjährigen Amtszeit als Landtagsabgeordneter in Schwerin galt der Parteilose in der damaligen PDS-Fraktion als Quertreiber.
Von Parteidisziplin hielt der friedenspolitische Sprecher nichts, von kräftiger Opposition und seiner eigenen Meinung jedoch viel. Wenn der langhaarige junge Mann mit dem Basecap, das er sehr zum Ärger der Genossen nie absetzte, zum Reden ansetzte, hätten viele schon mit den Augen geleiert, erinnert sich eine damalige Mitstreiterin. «Monty war gegen alles, außer gegen das Protestieren.»
Monty Schädel wurde nicht wieder als Kandidat aufgestellt. 2007 wurde er hauptamtlicher Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner, deren Sprecher er bereits seit den 1990er Jahren war. Berufsrevoluzzer sei ein Etikett, das nicht auf ihn passe. «Wir müssten ja nicht protestieren, wenn es nicht Hartz IV, Armut, Rassismus, Kriegspolitik gäbe», sagt Monty Schädel. Es gehe nicht an, dass man nur an sich denkt, so sei er als gelernter DDR-Bürger auch nicht erzogen worden. «Ich kämpfe für Frieden, dass Menschen eine Perspektive für sich sehen. Das ist eine große Aufgabe, da gibt es nicht Erfolge von heute auf morgen. Deshalb bin ich auch nicht so schnell desillusioniert.»
Ganz im Gegenteil, denn denke er an den G8-Gipfel in Rostock und Heiligendamm zurück, sei er begeistert von dem dort geknüpften Netzwerk von Friedensgruppen, kirchlichen Organisationen, Parteien, Gewerkschaften und Einzelkämpfern. Diese Kontakte kämen der Friedensbewegung auch jetzt zum NATO-Gipfel zugute. Leider seien die Absprachen mit der Polizei keinesfalls so gut wie 2007. «Als Protestler muss man Distanz halten zum Staat, natürlich, aber die vorbereitenden Gespräche mit der Polizei waren auf Augenhöhe. Wir haben uns gegenseitig zugehört», sagt Schädel.
So erfolgreich der G8-Gipfel in Heiligendamm für beide Seiten auch abgelaufen sei, werde er dennoch für die Panikmache zum jetzigen NATO-Gipfel instrumentalisiert. «Die Abschirmung vom Tagungsort wird damit begründet, dass in Rostock 400 Polizisten bei den Auseinandersetzungen verletzt wurden. Das war schon damals eine Lüge, aber sie wird immer wieder gern benutzt.»
Schädel ist wie vor zwei Jahren mehr unterwegs, als in seinem Büro, das er diesmal in Offenburg eingerichtet hat. Er kümmert sich um das Protestcamp in Straßburg, das auf 18 Hektar rund 8000 Demonstranten beherbergen soll. Er hält die Fäden zur BlockNATO-AG, die für Blockaden zuständig ist, und zur Kongress-AG. «Alles Erfahrungen aus Heiligendamm, viel professioneller als damals ging es eigentlich nicht mehr», sagt der 39-Jährige.
Der NATO-Gipfel ist am Samstag zu Ende, aber nach dem Protest ist vor dem Protest. «Am Ostersonntag sind wir beim traditionellen Protestmarsch gegen das geplante Bombodrom dabei. Das liegt schließlich in meiner Heimat», sagt Schädel. Auch seine Kinder - zwei Söhne und eine kleine Tochter - kommen mit, deren berufliche Zukunft er keinesfalls vorschreiben wolle. Einer der Jungs habe ihm aber schon gesagt, Bürgermeister in Afrika werden zu wollen, um sich um sauberes Wasser für die Kinder zu kümmern.