2009-04-07
Wir lassen uns nicht einschüchtern!
Am Wochenende hat die NATO in Strasbourg und Baden-Baden 60 Jahre Krieg gefeiert. Überschattet wurden die großen Gegendemonstrationen auf deutscher und französischer Seite von einem massiven Polizeiaufgebot und brutaler Repression auch gegenüber friedlichen DemonstrantInnen.
von Hanna Labrui
Vermutlich die teuerste Geburtstagsfeier des Jahres, bei der allein für die Sicherheit der NATO-Delegationen 140 Millionen Euro ausgegeben wurden. Die Grenzen wurden zum Teil geschlossen, Mauern, Zäune und Geisterstädte errichtet, 15.000 Polizisten waren mit Wasserwerfern, Hubschraubern und großen Tränengas-Vorräten präsent. Bürgerliche Medien und Polizei hatten schon im Vorfeld Ausschreitungen herbeigeschrieben, um dieses Sicherheitsaufgebot zu rechtfertigen.
Aber wie kam es, dass durch die Vorkontrollen, Überwachung und durch tausende von Polizisten hindurch „schwarze Blöcke“ mal mehr, mal weniger behelligt durch die Stadt marschieren konnten? Wie kann es sein, dass mal eben ein ganzes, zum Glück leeres, Hotel abbrennt, während an jeder zweiten Ecke ein Wasserwerfer steht? Und auf der weiteren Strecke zwei Grenzposten in Flammen aufgehen von denen einer regelrecht explodiert? Wie ist es möglich, dass sich die Polizei am Freitag in der direkten Umgebung des Camps mit tausenden friedlichen Demonstranten Straßenschlachten mit Autonomen leistet? Sie stundenlang vor sich her durch die Stadt treibt, hier und dort mal wieder einkesselt und dann wieder laufen lässt, auf dem Weg der Verwüstung, immer gefolgt von Polizisten in Sichtweite, die mit Tränengas- und Blendgranaten schießen?
Eine mögliche Erklärung ist, dass an mehreren Stellen der Stadt Zivilpolizisten im „Black-Block-Look“ im Plausch mit uniformierten Polizisten gesehen wurden.
Und gleichzeitig werden Tausende an der Grenze und auf den Straßen an der Anfahrt gehindert. Friedliche DemonstrantInnen werden kontrolliert, gefilzt, aufgehalten, fest- oder in Gewahrsam genommen, gejagt, gefilmt, eingekesselt, geprügelt. Zwei Busse der Clownsarmy, die erkennbar nicht zu den gewaltbereiten Nato-GegnerInnen gehören, mussten stundenlange Schikanen durch die Polizei über sich ergehen lassen. Eine junge Demonstrantin wurde schwer verletzt, als ein Polizist Gummigeschosse in die Menge schoss und sie aus knapp drei Metern Entfernung im Gesicht getroffen wurde. Ein älterer Mann wurde mit schweren Herzproblemen, die durch das Tränengas entstanden, ins Krankenhaus eingeliefert und befand sich am Sonntag noch immer in kritischem Zustand. Sanitäter meldeten hunderte Verletzte, die vor allem durch Gas und Splitter der diversen Polizeigeschosse verletzt wurden und es mussten sogar Gasvergiftungen gemeldet werden. An manchen Stellen wurden die Tränengas- oder Blendgranaten im Sekundentakt in die Menge geschossen, es wurden auch gezielt JournalistInneen und DemosanitäterInnen unter Beschuss genommen. Die Stadt versank im Tränengas.
Bilder von brennenden Häusern, Barrikaden und Mülltonnen werden nicht nur von den Medien gesucht, auch die Polizei nutzt sie als Vorwand für ihre eigene Gewalt, als Rechtfertigung, auch friedliche Demonstranten zusammenzuschlagen, zu verfolgen, einzusperren oder Demos gleich von vorneherein zu verbieten. Gerade in einer Phase erstarkender sozialer Bewegungen wie wir sie „dank“ der Krise zurzeit erleben, versuchen die Herrschenden und ihr Staat, Proteste von Anfang an klein zu halten. Dazu gehört auch, dass sie uns mit Bildern steinewerfender Vermummter von breiteren Bevölkerungsschichten isolieren, und die politischen Inhalt des Protestes zu dezimieren wollen.
In Deutschland war der 28. März der Anfang einer neuen Bewegung, die in Italien, Frankreich und anderen Ländern schon voll in Fahrt ist. „In Frankreich werden Könige noch geköpft“ hat Sarkozy nach dem Generalstreik gesagt und damit die Angst der herrschenden Klasse vor uns ausgesprochen.
Wir dürfen uns von Repression, Polizeigewalt und Verfolgung nicht abschrecken lassen. Im Gegenteil, diese Angriffe sind für uns nur ein weiterer Beweiß, mit welchen Mitteln sich die Kapitalisten noch an der Macht halten. Sie wissen, genau wie wir, dass sie keine Chance gegen uns haben, wenn wir mehr werden, gemeinsam stehen und kämpfen.