2009-04-06
Etwa 800 Menschen reisten am 4.4. mit der "Friedenslok" aus NRW zur Demo nach Kehl. Die Planung war, sich dem Ostermarsch in Baden-Württemberg anzuschließen, mit diesem über die Europabrücke nach Strasbourg zu ziehen und von dort in die Innenstadt von Strasbourg.
Bereits die Ankunft des Zuges in Kehl wird von der Polizei künstlich verzögert, damit der Zug nicht "zu früh" in Kehl ankommt. Gleiches gilt, wie man später erfährt, für die Busse anderer Demonstrationsteilnehmerinnen. Der Zug muss 20 Minuten warten, bis er nach Kehl einfahren kann. Vermutliche Taktik der Polizei: je später die Demonstrantinnen ankommen, desto besser.
Der Empfang durch die Polizei in Kehl Empfang ist massiv. Absperrungen führen die Demonstrationsteilnehmer zum Kundgebungsplatz. Die Demo wird von Polizeiketten mit Helm und Kampfausrüstung gesäumt.
Nach und nach erreichen geschätzte 3-6000 Menschen die Kundgebung. Doch der Abmarsch nach Strasbourg verzögert sich, weil auf die Menschen in den Bussen gewartet werden muss.
Auf der Kundgebung werden Auflagen verlesen, u.a. ist das Mitführen von Klobürsten untersagt. Viele habe keine dabei und damit Glück gehabt. Der massiven Präsenz der Polizei an der Straße entspricht die Präsenz bei der Kundgebung: unter den Demonstranten mehrere Grüppchen von Polizei, daneben der Lautsprecherwagen, der immer wieder sinnfreie Durchsagen " wir begrüßen sie" etc. macht, um auch auf diese Weise massive Präsenz zu zeigen.
Uns wird's zu bunt, wir wollen nach Straßburg und verlassen die Kundgebung. Ich begebe mich mit drei anderen Richtung Europabrücke. Auf dem Weg sehen wir überall Polizei, selbst aus Münster sind einige dabei. Als wir einen Aufgang zur Brücke erreichen, versperrt die Polizei meinem Sohn (15j) und seinem Freund den weiteren Weg. Er dürfe nicht weiter, sei in die Kategorie "rot" einzustufen, der bei der Demo nur Ärger machen wolle. Wie der Polizist dazu kommt? Wegen der langen Haare? Vielleicht wegen der schwarzen Jacke? Auf der ist eine Fahne mit einem "A" drauf. Dass es sich um einen Fan-Artikel von Arminia Bielefeld handelt, fällt dem Herrn nicht auf, er kommt aus Sachsen und kennt sich wahrscheinlich nur in der 3. Liga aus. Für meinen Sohn praktischer Sozialkundeunterricht, bei dem er mehr lernt, als in der Schule. Die Polizei hat offenbar keineswegs vor, die Demonstranten des Ostermarsches nach Strasbourg zu lassen. Um 12 Uhr erreichen wir die Europabrücke. Dort ist es völlig ruhig, aber ein massives Polizeiaufgebot versperrt sowohl den Demonstranten aus Deutschland, als auch aus Frankreich den Weg auf die Brücke.
Selbst wenn jetzt die Ostermarschierer die Brücke erreichen würden, wie soll man dann nach Ausweiskontrollen und Durchsuchungen noch die Kundgebung erreichen? Mit absurden begründungen wird mir der Weg nach Strasbourg verwehrt, es bestehe "Einsturzgefahr" erklärt ein Beamter.
Nach zwei Stunden brennt das ohnehin zum Abriss bestimmte Zollhäuschen. Jetzt ist jedem klar, dass wir nicht nach Strasbourg kommen, die deutsche Polizei wird es auf die Militanten in Frankreich schieben und freut sich. Von französischer Seite kommen Demonstranten auf die Brücke, man sieht Fahnen vor der Polizeikette, aber ein Durchkommen ist aussichtslos. Später erfährt man durch ein Interview eines französischen Demonstranten im SWR, dass die Polizei die Brücke dicht gemacht hatte, bevor sich irgendetwas auf französischer Seite ereignet hatte.
Nach einigen Stunden kommt auch der Ostermarsch und wird vor der auf die Europabrücke führenden Straße von der Polizei gestoppt. Nach einiger Zeit können die Demonstranten etwas weiter vor. Die Polizei hatte vorher einen Weitermarsch der Demonstration erlaubt. Aber die Demo zieht nur bis zur Straße auf die Brücke. Die meisten wollen nicht zurück auf den Parkplatz der Auftaktkundgebung, sondern wenigstens Strasbourg sehen, wo inzwischen schwarze Wolken aufsteigen. Es gibt eine Kundgebung.
Mehr als drei Stunden brennt das Zollgebäude, dann kommt Feuerwehr aus Kehl mit Blaulicht und Hochgeschwindigkeit, um erst mal an der Polizeisperre gestoppt zu werden. Löscharbeiten sind offenbar nicht vorrangig.
Die Demonstranten, alle durchweg friedlich, können dann noch eine Abschlusskundgebung durchführen. Später lässt sich die deutsche Polizei für ihre Taktik feiern. Sie habe die richtige Taktik, deshalb alles auf der deutschen Seite friedlich, anders die französische Polizei, deshalb dort die Krawalle. Die Wahrheit liegt eher darin, dass auf deutscher Seite Demonstranten waren, die glaubten, die Polizei würde ihnen die Durchführung ihrer Versammlung in der geplanten Form ermöglichen. Ein Irrtum, wie sich zeigte.
Wilhelm Achelpöhler, Münster