2009-03-27
Freiburg – Die Polizei will ihren Beamten beim Nato-Gipfel am Oberrhein Orientierungshilfe geben. Weil die meisten der insgesamt knapp 15.000 Polizisten nicht aus der Region stammen, weisen ihnen polizeiliche Fremdenführer den Weg. Bevor die Beamten aus allen Bundesländern anreisen, werden sie außerdem mit einem Handbuch und einem Video auf ihre Arbeit im Badischen eingestimmt.
Beim Nato-Gipfel kommen überwiegend ortsfremde Kräfte zum Einsatz. “Ihre Betreuung ist deshalb ein Schwerpunkt”, sagt Ekkehard Falk. Der 49 Jahre alte Polizeidirektor, Leiter der Polizeidirektion Sigmaringen, organisiert dies mit einer acht Beamten zählenden Arbeitsgruppe. Rund 6600 Polizisten kommen aus Baden-Württemberg, weitere 8000 aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei.
Jede Hundertschaft bekommt “Scout” an die Seite
“Wir wollen verhindern, dass sich die Kollegen aus den anderen Bundesländern bei uns verloren fühlen”, sagt Falk. Jeder eingesetzten Hundertschaft wird während des gesamten Einsatzes ein Fremdenführer zur Seite gestellt. Mehr als 90 dieser sogenannten Scouts sind auf Achse. Sie begleiten die Polizisten von ihrer Ankunft in Baden- Württemberg an bis zur Abreise, gehen mit in den Einsatz und sind auch dabei, wenn die Polizisten Freizeit haben.
“Mit einer derart umfassenden und professionellen Betreuung der Einsatzkräfte betreten wir Neuland. So etwas hat es in Deutschland noch nie gegeben”, sagt Falks Kollege Uwe Kärcher (40), stellvertretender Leiter des Polizeireviers Ravensburg. Die “Scouts” weisen den ortsunkundigen Polizisten nicht nur den Weg. Sie organisieren auch Einkaufsmöglichkeiten, geben Tipps zum Hotel und der Umgebung. Sie ermöglichen gemeinsame Aktivitäten, beispielsweise Stadtführungen oder Treffen mit Kollegen aus der Gegend.
Auch in der Freizeit betreut
“Die Polizisten stehen während des Nato-Gipfels unter einem hohen einsatzbedingten Stress”, sagt Kärcher. “Es wäre falsch, sie nach Feierabend einfach ins Hotel zu fahren und sie dann sich selbst zu überlassen.” Deshalb sind die “Scouts” bei ihnen. Sie suchen zum Beispiel gute Joggingstrecken rund ums Hotel, erkundigen sich nach Sport-, Freizeit- und Unterhaltungsmöglichkeiten, stehen für Gespräche zur Verfügung, vermitteln Kontakte, stehen bei Problemen und für Fragen bereit. Ihr Motto, angelehnt an die Fußball- Weltmeisterschaft in Deutschland 2006: “Zu Gast bei Freunden …!”.
“Die Betreuung der Polizisten kann sich positiv auf den Einsatzverlauf auswirken. Sie ist Teil unserer Strategie der Deeskalation”, sagt Polizeichef Falk. Dadurch würden einige Kollegen stärker motiviert. “Wenn sich Polizisten in der Fremde gut aufgehoben fühlen, gehen sie entspannter, ausgeglichener und motivierter in den Einsatz.” Sie seien dann besser gerüstet für Konflikte und Auseinandersetzungen.
Alle “Scouts” werden für ihre Aufgabe speziell ausgebildet. Doch auch die Polizisten der Hundertschaften haben sich vorbereitet. In dem Videofilm, der zugeschickt wurde, werden die Region und Informationen rund um den Nato-Gipfel vorgestellt. Im Handbuch stehen nicht nur taktische Hinweise, informiert wird auch über die Gegend, es gibt Daten und Fakten zu den Tagungsorten Straßburg, Kehl und Baden-Baden sowie Hintergründe zur NATO und den einzelnen Delegationen.
“Wir haben aus den Erfahrungen anderer polizeilicher Großeinsätze gelernt”, sagt Einsatzleiter Bernhard Rotzinger. Durch eine umfassende Betreuung und Information würden alle Polizisten eingebunden, sie könnten sich mit der Arbeit und der Region identifizieren. “Und vielleicht fühlt sich mancher Polizist so gut aufgehoben, dass er später wieder einmal als Urlauber zu uns kommt.”