2009-03-20
Rechtsbeistand finden Gegner des Nato-Gipfels in den Tagen von 1. bis 5. April in Offenburg. 30 Rechtsanwälte halten sich bereit, um Rat und Rechtsschutz etwa bei Festnahmen zu geben und Grundrechte wie Demonstrations- und Bewegungsfreiheit durchzusetzen.
OFFENBURG. Zentrum dieses sogenannten Legal Teams ist die Kanzlei Kirpes in der Hauptstraße. Organisiert wird die juristische Hilfe über die Freiburger Nummer 0761/40 97 251.
Wenn die Bundesstraße 28 zwischen der Autobahnausfahrt Appenweier und Kehl wegen des Gipfels tatsächlich länger Zeit gesperrt würde, dann wäre das aus Sicht von Reinhard Kirpes ein klarer Verstoß gegen das Versammlungsrecht und die Demonstrationsfreiheit. Auch die Bedürfnisse nach erhöhter Sicherheit für die Gipfelteilnehmer dürften die Grundrechte nicht grenzenlos einschränken. Gleiches gälte bei einer Sperrung der Europabrücke, durch die der Zugang zu Demonstrationen in Straßburg verhindert würde: "Das wäre verfassungsrechtlich wie europarechtlich bedenklich." Kritisiert wird von Kirpes, dass in Kehl nicht ein Camp zentral bei der Hochschule genehmigt wurde, sondern nur ein Gelände acht Kilometer entfernt bei Goldscheuer angeboten wurde: "Ob das im Sinne der Demonstrations- und Bewegungsfreiheit ist, ist zu bezweifeln."
Dass es, wie beim G8-Gipfel in Heiligendamm, zu vielen vorübergehenden Festnahmen und möglicherweise zu Schnellverfahren kommt, sei nicht auszuschließen. Für alle diese Fälle richtet Kirpes zusammen mit Kollegen den Anwaltsnotdienst ein. Finanzielle Interessen spielen dabei keine Rolle, wenngleich Spenden zur Deckung der Kosten willkommen sind: "Ich finde es eine Selbstverständlichkeit, dass die Leute nicht ohne Anwälte dasitzen", sagt Reinhard Kirpes. Er sei zudem der Überzeugung, "dass Grundrechte gewahrt werden sollten". Und seine Kollegin Manuela Steigert ergänzt: "Es gehört dazu, dass man sich da einbringt." Schließlich sei ein Anwalt auch ein selbstständiges Organ der Rechtspflege. Laut dem Freiburger Anwalt Harald Schandl sieht die aktuelle Rechtsprechung vor, dass ein aus welchen Gründen auch immer festgenommener Demonstrant "unverzüglich" dem Richter vorzuführen sei. Als unverzüglich sei bei solchen Großereignissen wie dem Nato-Gipfel ein Zeitraum von maximal drei Stunden anzusetzen.
Das Offenburger Legal Team will möglichst zur Deeskalation beitragen, sieht aber durchaus die Gefahr, dass eine große Zahl von Festnahmen erfolgen könnte. "Wir wollen anbieten, dass man dann mit uns Kontakt aufnimmt", so Kirpes. Auch Offenburger Richter würden während des Gipfels nach Kehl abgeordnet, wo ein Gewahrsam für Festgenommene eingerichtet wird. Die Einschätzung, dass sich die Demonstranten insbesondere in Straßburg auf eine härtere Gangart der Polizei einstellen müssen, teilt auch Kirpes, der selbst in Straßburg wohnt und dort mit weiteren zweisprachigen Kollegen aktiv sein will. Dass Staatspräsident Sarkozy Frankreich wieder in die Natoführung bringen wolle, sorge in Straßburg für viel Unmut: "Da brodelt’s", so Kirpes.
Mit Gerichten und Polizei strebe man bereits im Vorfeld den Aufbau von Kontakten an, vor allem auch, um Klarheit über Abläufe und Erreichbarkeit zu bekommen: "Bisher gibt es zwar tausend Infos, aber keiner weiß, was gesichert ist."