2009-03-19
Gegner des NATO-Gipfels Anfang April wollen notfalls auch Häuser in Straßburg besetzen, sollten die Gespräche über ein Protestcamp in der elsässischen Metropole erfolglos bleiben. Streit gibt es auch nach wie vor um Protestmärsche.
Es gäbe genügend leer stehende Häuser, um 8.000 Menschen zu beherbergen, sagte ein Sprecher der Widerstandsgruppe "Résistance des deux Rives" nach Angaben der regionalen Presse. "Irgendwo müssen die Leute untergebracht werden", sagte auch Monty Schädel von der Deutschen Friedensgesellschaft. Wenn die Verwaltung Probleme bereite, müsse auf Wiesen oder auf Hauptstraßen ausgewichen werden.
Die Verhandlungen mit den Organisatoren seien in der Sackgasse, erklärte der Kabinettschef der Präfektur, Pierre Ory. Die Ankündigung, notfalls öffentliche Plätze und Gebäude zu besetzen, kritisierte er scharf. In diesem Fall würden die Ordnungskräfte "angemessen reagieren".
20.000 Euro Garantie
Die Veranstalter des geplanten "Anti-Gipfels" hatten gestern Abend abermals eine Reihe von Auflagen abgelehnt. Dazu gehört eine von der Präfektur geforderte Kaution in Höhe von 20.000 Euro für die Nutzung des angebotenen Geländes in Süden von Straßburg. Außerdem fordert die Behörde detaillierte Angaben unter anderem zu den Versicherungen für das "Protestdorf", zur Zahl der erwarteten Teilnehmer und Autos sowie zu den Räumungsplänen. Oberste Priorität habe während des Gipfels die Sicherheit, betonte Ory.
Die Behörden wollen Demonstrationen nur am Rande der Innenstadt erlauben, in sicherer Entfernung von Kongresszentrum, wo die Staats- und Regierungschefs aus rund dreißig Ländern tagen wollen. Einige Gruppen von NATO-Gegnern riefen bereits im Internet zu Blockaden der Zufahrtsstraßen auf.
Bedingungen für Proteste weiter unklar
Auch der Streit um die geplanten Demonstrationen hält zwei Wochen vor dem Treffen der höchsten Politiker aus aller Welt weiter an. "Wir haben bisher zu keinem Aktionsteil einen passablen Bescheid der Behörden", kritisierte Reiner Braun vom Internationalen Koordinierungskomitee (ICC) des Protests. Gipfelgegner und Behörden streiten unter anderem auch um den Marktplatz von Kehl als Ausgangspunkt eines vorgezogenen Ostermarsches.
Trotz der laufenden Verhandlungen sei der Protest der Gipfelgegner nicht aufzuhalten, erklärte Braun. "Die Mobilisierungswelle rollt." Aufgrund des "starken Drucks auf allen Seiten" geht er davon aus, dass die Probleme zwischen Gegnern und Behörden bis Ende nächster Woche geklärt sein werden, "sonst wird sich der Protest unkoordiniert in die Städte verlagern."
Tradition von Martin Luther King und Mutlangen
Braun trat Befürchtungen vor gewalttätigen Ausschreitungen entgegen und wies auf auf die Friedensbewegung als Basis der Proteste hin. "Die Menschen kommen in der Tradition von Martin Luther King, Mahatma Gandhi und Mutlangen", ergänzte Braun. Auch die Größe der Gegendemonstration und ein vorschriftsmäßig bereit gestellter Ordnerdienst würden für Sicherheit sorgen.
Die Sicherheitsbehörden rechneten nach Angaben der baden-württembergischen Polizei mit bis zu 25.000 Gipfelgegnern, davon rund 3.000 potentiell gewaltbereite Störer. Auf deutscher Seite werden nach offiziellen Angaben fast 15.000 Polizisten im Einsatz sein. In Frankreich wird ein noch größeres Polizeiaufgebot erwartet.