2002-01-15
(Rede von Kein Friede auf der Hauptwache in Frankfurt/Main am 28.3.1992 während einer Kundgebung)
FREIHEIT FÜR ALLE REVOLUTIONÄREN GEFANGENEN! Überall in der Welt werden die Gegnerinnen und Gegner der bestehenden Ordnung verfolgt, eingeknastet, gefoltert und getötet. Überall in der Welt kämpfen die Menschen dafür, daß endlich Schluß ist mit Folter und Mord, dafür, daß die politischen Gefangenen befreit werden. In allen Herzen steckt die Hoffnung, daß wir damit auch einer Gesellschaft ohne Knäste näherkommen.
In vielen Diskussionen haben wir Menschen aus verschiedensten Ecken der Erde getroffen, mit genau dieser Hoffnung, die hartnäckig und unverdrossen für ein Leben ohne Hunger, Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung kämpfen. In der Vorbereitung und den ersten Schritten gegen die Feiern der 500jährigen Eroberung Amerikas, zum Beispiel. Die HERRschenden nehmen dieses Datum zum Anlaß, die Geschichte und Gegenwart des Kolonialismus zu verherrlichen. Sie sprechen von der "Begegnung zweier Kulturen" und verharmlosen damit, daß die weißen, europäischen Kolonialisten die anderen Kulturen - und das heißt millionenfach die Menschen - in Amerika, Afrika und Asien grausam vernichtet haben. Sie verharmlosen, daß ihre heutige Macht über die Welt und der hier angehäufte materielle Reichtum ohne diese 500jährige Ausplünderung und Unterdrückung nicht denkbar gewesen wäre. Sie verschweigen aber auch, daß sie in allen Jahrhunderten mit einem unerschrockenen, gewaltigen Widerstand konfrontiert waren und sind, der immer wieder ihre barbarischen Vorhaben durchkreuzte.
1992 ist auch das Jahr, in dem EG-Europa den Binnenmarkt vollendet und damit eine starke Basis als wiederaufstrebende Weltmacht geschaffen hat. Bei der Neuaufteilung Osteuropas und der Beherrschung der "3. Welt" mischt dieses mächtige Europa der Banker, Bürokraten und Bullen überall mit. Im Golfkrieg war Deutschland militärisches Aufmarschgebiet. was reicht der Regierung nicht. Die Bundeswehr soll weltweit für deutsche Interessen marschieren. In der Türkei rüstet die BRD die türkischen Kolonialstreitkräfte aus, mit denen das türkische und kurdische Volk unterdrückt wird. SOLIDARITÄT MIT DEM AUFSTÄNDISCHEN KURDISCHEN VOLK IN DEN STÄDTEN UND DEN BERGEN!
In Frankfurt leben wir in einer der wichtigsten Finanzmetropolen, hier sitzen und planen in den Banken und Institutionen viele derjenigen, die von dieser Weltordnung profitieren.
Die Machthaber der 7 mächtigsten Staaten der Erde versammeln sich vom 6.-8- Juli zum Weltwirtschaftsgipfel in München. Nach dem Massenmord im Golfkrieg, der Auflösung des sowjetischen Staatensystems, auch der Einverleibung der DDR durch die Bundesrepublik und wegen der zunehmenden wirtschaftlichen und ökologischen Krise in allen Teilen der Welt, besonders aber in der sogenannten "3. Welt" hat dieser Gipfel eine wichtige Bedeutung. Die von den HERRschenden propagierte "Neue Weltordnung", die in ihren kapitalistischen Grundzügen so neu nicht ist, aber heute die ganze Welt umfaßt, meint nicht zuletzt auch die Aufteilung dieser Welt unter ihnen. Darum wird es auch in München gehen. Bush, Kohl, Mayor, Mitterand und Konsorten maßen sich an als "Herren der Welt" über unser Leben und das aller Menschen zu bestimmen. Für ihre Macht und den Profit der Reichen gehen sie über Leichen, täglich und massenhaft, sie plündern die Natur und zerstören die Städte.
Dagegen kämpfen wir um gesellschaftliche Verhältnisse, in denen viele Lebensweisen ohne Ausbeutung und Unterdrückung in wirtschaftlicher, sozialer, sexueller und kultureller Hinsicht sich entfalten und ergänzen können.
Es geht um unmittelbare Verbesserungen unserer Lebensbedingungen. Den Kampf darum können wir an vielen verschiedenen Punkten beginnen, zum Beispiel in dem wir uns gegen die Zurichtung der Stadt nach Macht- und Profitinteressen wehren und dafür eintreten, daß alle die Wohnungen und Häuser haben, die sie brauchen. Nicht nur in dieser Stadt stinkt uns so viel, was wir ändern können und müssen. Die Stadt und das Land gehört uns, den Menschen, die hier leben.
Wir wollen es nicht zulassen, daß hier die Rassisten und Faschisten, die nicht erst seit Hoyerswerda mutig geworden sind, die hierher vor Hunger und Mord flüchtenden Menschen drangsalieren können. Damit meinen wir nicht nur die Rassisten auf der Straßen, Skins und Neonazis. Tatsächlich ist es ja so, daß die große Koalition der Rassisten von Bonn bis Hoyerswerda, von Greifswald bis Frankfurt, von der Regierung bis zum Stammtisch reicht. Dagegen vorzugehen ist die antirassistische Basisorganisierung, also sowas wie antifaschistische Stadtteilgruppen eine Möglichkeit. Das Notruftelefon auch und deswegen beteiligen wir uns daran.
Mit anderen und ausländischen Gruppen zusammen haben wir überlegt, dem 1. Mai in diesem Jahr eine klare antirassistische Ausrichtung zu geben und wollen die 1. Mai-Demonstration entsprechend gestalten und einen gemeinsamen Kampf- und Festtag daraus machen. Selbstverständlich ist das leider nicht, wenn wir sehen, daß z.B. dem DGB zum "Thema Ausländerfeindlichkeit" die Sicherung der deutschen Renten durch ausländisiche Arbeiterinnen und Arbeiter einfällt. Dafür sind sie gut - die nicht den deutschen Nützlichkeitserwägungen in Kram passenden Menschen haben also hier nichts zu suchen. Aber auch unsere eigene Fremdheit und Überheblichkeit gegenüber andersfarbigen Menschen wollen und müssen wir loswerden.
Gemeinsam gegen die rassistische Politik auf den Straßen und in den Behörden vorzugehen, wollen wir in der Mobilisierung gegen den Weltwirtschaftsgipfel in München zu einem zentralen Anliegen der ganzen Anstrengung machen.
In der für den Samstag, 4.7. schon vor der offiziellen Gipfeleröffnung geplanten Großdemonstration ebenso wie in den Aktionstagen vom 6.-8. Juli. Außerdem wird es vom 3.-5.7. einen Internationalen Gegenkongreß geben, zu dem Menschen aus Befreiungs- und Widerstandsprozessen der ganzen Welt eingeladen werden. Dort wollen wir neben vielen anderen Fragen auch den Zusammenhang zwischen der imperialistischenen Weltordnung und dem sich ausbreitenden Rassismus analysieren. Vorallem wollen wir aber auch unsere Erfahrungen diskutieren und nach gemeinsamen neuen Perspektiven suchen. BETEILIGT EUCH AN DER MOBILISIERUNG. KOMMT NACH MÜNCHEN!
Dazu gehören für uns die politischen Gefangenen, ihre in 20 Jahren Kampf um eine revolutionäre Veränderung dieser Gesellschaft gewonnenden Erfahrungen wollen wir nicht länger eingeschlossen wissen. Mit der Folter und Tortur muß endlich Schluß sein. In der Mobilisierung gegen den Weltwirtschaftsgipfel setzen wir uns für die Sache der Gefangenen ein und hoffen, daß davon starke Impulse ausgehen, um dem Ziel der Freiheit der Gefangenen näherzukommen. Es braucht eine politische Lösung: die Gefangenen müssen raus. Alle! Wir freuen uns, daß Claudia Wannersdorfer nach langer Zeit endlich draußen ist. Und wir denken an alle anderen, die nicht erst raus müssen, weil vielleicht 2/3 ansteht oder weil sie krank geworden sind durch den Knast. Daß dieser Staat selbst die haftunfähigen Gefangenen weiter drangsaliert und nicht ohne Erpressungsversuche rausläßt, sagt sehr viel über die Bonner Betonköpfe aus: so gehen sie mit den Menschen um. Das wollen sie festschreiben, am Liebsten für immer. Wir werden uns einmischen müssen, ihnen keine Ruhe lassen und noch viele Aktivitäten entfalten, um dahin zu kommen, daß die Parole: FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN ! Wirklichkeit wird.