2009-03-12
Baden-Württemberg will mit Polizei-Großaufgebot zum NATO-Gipfel Gewalt wie bei G8-Treffen verhindern
Baden-Baden (ddp). Beim NATO-Gipfel Anfang April sollen sich zumindest auf deutscher Seite die gewalttätigen Szenen am Rande des G8-Gipfels von Heiligendamm nicht wiederholen. 15 000 Polizisten aus dem gesamten Bundesgebiet sollen in Baden-Württemberg das Jubiläumstreffen des Verteidigungsbündnisses schützen, 50 Millionen Euro sind dafür eingeplant. «Unser Sicherheitskonzept steht», sagt der Leitende Polizeidirektor Detlef Werner in Baden-Baden.
Doch weiß Werner um die Schwierigkeiten, einen solchen Gipfel mit geschätzt 3500 Offiziellen aus 30 Ländern abzusichern - die sich zudem zwischen Baden-Baden und Kehl und anschließend in Straßburg auf französischer Seite «großflächig im Raum bewegen».
Priorität habe daher der Schutz der Staats- und Regierungschefs, der Außen- und Verteidigungsminister. Doch sollen auf der anderen Seite auch «friedliche Demonstranten ihr Versammlungsrecht wahrnehmen» können. Immerhin: Die Sicherheitsbehörden erwarten 15 000 bis 25 000 Menschen, die beidseits des Rheins gegen den NATO-Gipfel protestieren wollen.
«Wir haben ein recht hohes Potenzial an friedlichen Gegnern, aber auch geschätzt 2000 bis 3000 Nichtfriedliche», sagt Werner zu den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden. Zwar werde der Schwerpunkt der Proteste im französischen Straßburg erwartet, doch müsse sich auch Baden-Baden auf Probleme einrichten. Allein in der Kurstadt gebe es bislang schon sechs angemeldete Demonstrationen. Hinzu komme, dass ein NATO-Gipfel immer auch in das Feindbild des Terrorismus passe, insbesondere von Islamisten. «Hier gibt es eine hohe abstrakte Gefährdung.»
Vor diesem Hintergrund hat die Polizei nach den Worten des stellvertretenden Leiters der BAO «Atlantik», die für den Gipfelschutz zuständig ist, ein «abgestuftes Sicherheitskonzept» entwickelt. In den Sicherheitszonen 1 und 2, in denen sich die Gipfelteilnehmer aufhalten, werde es kein Durchkommen geben, in Zone 3 kämen maximal ausgewiesen und akkreditierte Pressevertreter. Doch seien diese Zonen sowohl in Baden-Baden als auch in Kehl räumlich so eng gefasst, dass erst in Zone 4 Anwohner betroffen seien. In Baden-Baden seien dies 238 Bürger und in Kehl etwa 700. «Das ist sehr übersichtlich», sagt Werner.
«Besondere Maßnahmen» wird es dennoch weiträumig geben. Wichtigster Punkt: Zwischen dem 20. März und dem 5. April werden an der deutsch-französischen Grenze wieder Kontrollen eingeführt, die eigentlich im Schengen-Raum abgeschafft sind. Zudem wird es vom 1. bis zum 4. April Flugbeschränkungen im südwestdeutschen Raum geben, von dem nur Linienflüge nicht betroffen sein sollen. Ferner wird es am 4. April von 06.00 bis 10.00 Uhr eine Sperrung des Rheins bei Kehl auf einer Länge von 20 Kilometern geben, wenn die Staats- und Regierungschefs der NATO zu Fuß über den Fluss gehen wollen. Und für die Zeit des NATO-Gipfels am 3. und 4. April wird die B500, die Hauptschlagader in dem Gebiet für den Straßenverkehr, zeitweilig gesperrt.
Für die Luftraumsicherung erhält die Polizei Unterstützung der Bundeswehr. «Wir haben hier aber keinen Bundeswehreinsatz», betont der Polizeidirektor mit Blick auf die umstrittenen Einsätze in Heiligendamm zum G8-Gipfel, als Spähfahrzeuge der Bundeswehr und «Tornado»-Jets im Tiefflug gegen Demonstranten schützen sollten. Auch einen meterhohen Zaun wie in Heiligendamm werde es nicht geben: Gitter ja, aber es wird hier nicht martialisch aussehen.»
Bei den Betroffenen sind diese Maßnahmen nach Angaben von Werner daher weitgehend auf großes Verständnis gestoßen. Allerdings bereite sich die Polizei auch darauf vor, dass Störer in die gesperrten Zonen eindringen und möglicherweise auch in Wohngebäuden mehr als nur friedliche Proteste stattfinden. Details will der Beamte nicht nennen und sagt lediglich: «Wir haben dafür ein abgestuftes Maßnahmenkonzept entwickelt, das nicht damit endet, dass wir nur klingeln.»