2009-03-08 

Bekommen die Staatschefs nasse Füße?

Für kurze Zeit haben die Beamten im Offenburger Amt für Wasserwirtschaft den Atem angehalten: Bis zu 70 Liter pro Quadratmeter sollte es in diesen Tagen regnen. Verbunden mit der ersten Schneeschmelze bedeutete das ernste Hochwassergefahr. Noch gestern warnte die Landesanstalt für Umwelt vor einem zehnjährigen Hochwasser an einzelnen Flüssen in der Region. Doch da hatte sich die Situation bereits entspannt: Der Regen war auch in den Niederungen über Nacht in Schnee übergegangen, und von Tauwetter in den Höhenlagen war nicht mehr die Rede. Die Organisatoren des Nato-Gipfels müssen jetzt aber bangen, dass sie ein verspätetes Hochwasser am 3. und 4. April ereilt.

Das Thema ist aufgeschoben, nicht aufgehoben. Im Schwarzwald gibt es Schneehöhen bis zu einem Meter, in den Alpen noch weit darüber. Das könnte auch dem Nato-Gipfel in Kehl Probleme bereiten. Die rote Zone mit dem Pavillon der Regierungschefs steht am 4. April direkt am Rheinufer. Dort bekommt man bereits bei einem leichten Hochwasser nasse Füße. "Unser zuständiger Abteilungsleiter Ulrich Springer hat schon vor Wochen auf das Problem hingewiesen", bestätigte gestern Joachim Müller-Bremberger, Sprecher des Regierungspräsidiums. Auf Prognosen, ob, wann und unter welchen Umständen es zu Problemen am Rhein kommen könnte, wollte er sich nicht einlassen. Doch die Dinge liegen auf der Hand: Viel Schnee in Alpen und Schwarzwald, ein langer Winter – da muss es nur zur Schneeschmelze auch noch kräftig regnen, schon meldet Kehl Land unter. Besonders wenn die Zuflüsse in der Region auch noch zu viel Wasser führen. Das gilt in der heutigen Zeit mit ihren Klimakapriolen besonders: "Früher wären April und Mai Niedrigwassermonate gewesen. Heute kann man keine gesicherten Prognosen mehr wagen", zitiert Müller-Bremberger seine Fachleute. Dies habe zuletzt das Mai-Hochwasser am Rhein vor zehn Jahren gezeigt. Deshalb habe man bereits vor Monaten die für den Nato-Gipfel zuständige Abteilung der Polizei in Freiburg, die BAO Atlantik, auf das Problem hingewiesen.
Der Rhein hat am Pegel Kronenhof bei Kehl gewöhnlich einen Stand von 2,50 Metern. Dies entspreche tausend Kubikmeter Wasserabführung in der Sekunde. Bei 2500 Kubikmeter pro Sekunde bekommt man bereits nasse Füße am Rheinufer: Dann steigt der Pegel um rund einen Meter. Das bedeutet noch kein Hochwasser für Kehl, doch der Garten der zwei Ufer kann dann nicht mehr betreten werden. Verschärft werden könnte ein Rheinhochwasser durch die Zuflüsse wie Kinzig und Schutter. Durch die vergleichsweise niedrigen Temperaturen und die deutlich hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Niederschläge hat sich die Situation erst einmal entspannt, so Bernhard Vetter vom Amt für Wasserwirtschaft und Bodenschatz beim Kreis. Ausgestanden ist das Problem damit nicht: Am Sonntag wird in den Höhenlagen Tauwetter mit plus vier Grad erwartet. Was dann bis zum Nato-Gipfel passiert ist völlig unklar: Nach Angaben der Regierungspräsidiums lassen sich größere Hochwasserereignisse erst 24 Stunden vorher mit Sicherheit vorhersagen.