2009-02-21
- NATO-Gipfel: Polizeieinsatz mit Falschmeldungen begründet
- Protest in Polen: Raus aus der NATO!
- Wie sich die Kommunen in der Region auf das Großereignis in Kehl/Straßburg einrichten
- Opposition: Polizei übt «Sippenhaft» bei NATO-Gipfel aus
- Für eine übergreifende Mobilisierung zum Schutz der Verfassungsprinzipien. Ein Aufruf
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NATO-Gipfel: Polizeieinsatz mit Falschmeldungen begründet
[Gipfelsoli Infogruppe]
Pressemitteilung 19.2.2009
* Extremistischer Landesinnenminister: “Alle wegsperren”
* Einkaufen in Kehl mit Polizeibegleitung
Der Gesamteinsatz der Polizei für den NATO-Gipfel fußt auf Falschmeldungen aus Polizeikreisen. In einer Anhörung des Innenausschuss des Landtags Baden-Württemberg im Januar wurde erneut behauptet, beim G8-Gipfel hätten Gipfelgegner Waffen in Camps geschmuggelt, 500 Polizisten seien teils schwer verletzt worden. Um “gewalttätige Auseinandersetzungen” zu verhindern, dürften folglich keine unkontrollierten Camps entstehen, die Region solle großflächig kontrolliert werden.
“Nach dem G8 in Heiligendamm stellten sich die Aussagen der Polizei als bewußte Falschmeldungen heraus. Die Sonderbehörde der Polizei ‘Kavala’ hatte sogar das Bundesverfassunggericht belogen”, erklärt Hanne Jobst von der Gipfelsoli Infogruppe.
Das Gericht befaßte sich damals mit dem Verbot einer Abschlußdemonstration (“Sternmarsch”). Das BVG bekräftigte, das Demonstrationsverbot kollidiere mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit. Auch Staatsgäste müßten sich mit Protest konfrontieren.
Jedoch stützten die Richter das Verbot, da die Polizei falsche Informationen vortrug, die inzwischen von mehreren unabhängigen Quellen entlarvt wurden.
Der Pressesprecher von “Kavala”, Axel Falkenberg erklärte nach dem G8: “Die Öffentlichkeit fühlte sich von mir oft falsch informiert – und zwar zu Recht”.
“Über 1.700 Demonstranten wurden in Gewahrsam genommen, meist wegen fadenscheinigen Begründungen, etwa weil nicht der Gehweg benutzt wurde. Die meisten Verfahren wurden eingestellt”, erläutert Jobst.
NATO-Gegner gehen davon aus, dass die Daten der Verhafteten nun in einer Datenbank über “Störer” gelandet sind, die beim Schengen Informationssystem (SIS II) geführt wird. Weil, wie bei Gipfelprotesten üblich, ein Teil des Schengen-Abkommens außer Kraft gesetzt wird und Kontrollen wieder eingeführt werden, könnte ihnen der Grenzübertritt nach Strasbourg verweigert werden.
Auch Landesinnenminister Rech begründet die massive Behinderung des geplanten Protests mit der Polizeipropaganda von Heiligendamm: “Wenn die schwer bewaffnet ankommen, dann sperre ich die weg für die Zeit. Da bin ich auch nicht zimperlich”. Rech sieht sich von Innenminister Schäuble gestützt, in dessen Wahlkreis zahlreiche Protestinitiativen gegen den Gipfel mobilisieren.
“Rechs extremistische Äußerungen sollen wie vor dem G8 in Heiligendamm eine Stimmung produzieren, in der die polizeilichen Maßnahmen als unausweichlich dargestellt werden können”, kritisieren Gipfelgegner.
Tatsächlich kündigt die Sonderbehörde der Polizei “BAO Atlantik” regelmäßig neue Verschärfungen an. In einer Sitzung des Gemeinderats der Stadt Kehl wurde am Mittwoch das “Zonenkonzept” für die Zeit des Gipfels bekannt gegeben. Demnach dürfen Einwohner ihre Häuser nur nach vorheriger Unterrichtung der Polizei verlassen. Besuch muß angemeldet werden. In einer “Roten Zone” ist sämtliche Bewegung verboten.
Die Bundeswehr bringt Luftüberwachung und -abwehr in Stellung, stellt Radar, militärischer Aufklärung, Personentransport, Hubschrauberlandeplätzen und hilft mit “Gestellung eines Fackelspaliers”.
Hanne Jobst, Andrea Brigante
Hintergrund
* Zahlreiche Analysen der Falschmeldungen zum G8: www.gipfelsoli.org/Home/Desinformation
* G8-Polizeisprecher gesteht Falschinformation ein: http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=sw&dig=2008%2F06%2F06%2Fa0159&cHash=59708482a4
* Rech will wegsperren: http://www.badische-zeitung.de/aufgeschnappt-x1x
* Zonenkonzept der Polizei: http://natogipfel2009.blogsport.de/2009/02/19/zonenkonzept-der-polizei-fuer-kehl-veroeffentlicht/
* Militäreinsatz beim NATO-Gipfel: http://www.ulla-jelpke.de/uploads/0109_buwe-nato-gipfel.pdf
Source: Gipfelsoli Presseverteiler
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Protest in Polen: Raus aus der NATO!
Auf einer Protestkundgebung gegen das Treffen der NATO-Wehrminister in Krakow haben am Donnerstag abend rund 500 Menschen den Austritt Polens aus dem Militärbündnis gefordert. »Wir hatten schon Moskau, wir wollen jetzt nicht Washington«, hieß es mit Blick auf den dominanten Einfluß der USA innerhalb des Nordatlantikpakts. Die Demonstranten forderten zudem den Abzug der polnischen Truppen aus Afghanistan. Polen unterstützt das US-geführte NATO-Kriegskontingent am Hindukusch mit rund 1600 Soldaten. (AP/jW)
Source: http://www.jungewelt.de/2009/02-21/014.php
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Wie sich die Kommunen in der Region auf das Großereignis in Kehl/Straßburg einrichten
Nato-Gipfel wirkt bis in die Täler
Nicht nur den Städten Kehl, Straßburg und Baden-Baden beschert der bevorstehende Nato-Gipfel Zusatzaufgaben. Auch in einer ganzen Reihe weiterer Kommunen sind die Verantwortlichen auf Mehrarbeit eingestellt.
Die einen halten vorsorglich mal ihre Mehrzweckhallen frei, die anderen richten sich darauf ein, dass ihre Durchgangsstraßen am 3. und 4. April ein Defilee von Politikerkarossen samt deren Begleitfahrzeugen erleben werden. Keine Frage: Auch in den Nachbargemeinden von Kehl bringt der Nato-Gipfel Belebung in die herkömmlichen Abläufe.
Bis ins hintere Renchtal zieht das Treffen der Weltpolitiker seine Kreise. So hat die Polizei zum Beispiel in Bad Peterstal-Griesbach einige Zimmer gebucht. Und in Lautenbach und Oppenau halten die Bürgermeister vorsorglich mal ihre Hallen frei.
Auch für ein erhöhtes Verkehrsaufkommen sind die B-28-Anlieger im Renchtal gewappnet. Allerdings sind sich die Bürgermeister dort bewusst, dass die Musik wohl eher entlang der Rheinschiene spielt. Und das nicht nur zu Lande.
In Lahr etwa, wo die kanadischen Militärs nach ihrem Abzug bekanntlich einen funktionsfähigen Flugplatz hinterlassen haben, ist die Stadt darauf eingerichtet, dass der »Black-Forest-Airport« für die Zeit des Nato-Gipfels auch für Starts und Landungen der Politiker genutzt werden wird.
Unter der Leitung von Bürgermeisterin Brigitte Kaufmann ist bei der Stadt Lahr für alle Fälle eine Arbeitsgruppe »Nato-Gipfel« eingerichtet worden. »Wir sind mit dabei wegen des Flugplatzes«, erklärt Kaufmann den Umstand, warum Lahr bei den Vorbereitungen des Gipfeltreffens eine besondere Rolle spielen könnte
Trotz des Großaufgebotes an Politikern bleibt Lahrs Oberbürgermeister Wolfgang Müller realistisch: »Es wird einfach so sein, dass dieses Ereignis stattfindet, ohne dass wir dabei sind.« Damit geht es Müller wie den allermeisten Menschen in der Region.
Diese richten sich darauf ein, dass sie das Wochenende des Nato-Gipfels möglichst ungeschoren überstehen können. Abwarten und ruhig verhalten, heißt die Devise. In Achern etwa. Dort hat – wie so mancherorts – Oberbürgermeister Klaus Muttach den Vereinen aufgrund der unsicheren Verkehrslage empfohlen, am besten keine größeren Veranstaltungen stattfinden zu lassen.
Source: http://www.baden-online.de/news/artikel.phtml?page_id=70&db=news_lokales&table=artikel_kehl&id=4515
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Opposition: Polizei übt «Sippenhaft» bei NATO-Gipfel aus
Nach ersten Veröffentlichungen zu den Sicherheitsvorkehrungen rund um den NATO-Gipfel Anfang April im Badischen und in Straßburg werfen die Oppositionsparteien dem Innenministerium «Sippenhaft» und «Hysterie» vor.
Es sei schwer nachvollziehbar, dass wegen eines kurzen Foto-Termins auf der Kehler Europabrücke am 4. April für mindestens 20 Stunden und einige hundert Anwohner eine Art Ausgangssperre verhängt werde, sagte der innenpolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Uli Schkerl, am Freitag in Stuttgart. Auch der SPD-Abgeordnete Reinhold Gall hält die Vorschrift für unverhältnismäßig und forderte ein neues Konzept.
Source: http://www.stimme.de/suedwesten/nachrichten/pl/NATO-Gipfel;art19070,1466228
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Wenn ein Gehweg die Grenze des Rechsstaates markiert. Für eine übergreifende Mobilisierung zum Schutz der Verfassungsprinzipien. Ein Aufruf
Wie in vielen anderen Teilen Italiens wurden die letzten sozialen Protestdemonstrationen nach dem Muster der neuen und restriktiveren, Vorgaben, die der Innenminister erlassen hat, gehandhabt worden.
Die Generaleinsatzleiter haben den Demonstranten streng geregelte Zeit- und Routenvorgaben vorgegeben, bis hin zur Bestimmung des Gehwegs, auf dem es gestattet ist, sich aufzuhalten, wodurch sie eine Annäherung an das örtliche Verwaltungsamt (Präfektur) und das Anbringen von Transparenten an den Außenpforten des Gebäudes, was seit Jahren nach dem Abschluss von Demonstrationen üblich war verhindert haben .
Auf ein derart explizites, sogar schriftlich formalisiertes und den Antragstellern auf Genehmigung der Demonstration amtlich übermittelten Verbot, folgten unterschiedliche Reaktionen. Während Einige unter Übernahme der vollen Verantwortung protestierten, kamen Andere einem Verbot nach, dessen Rechtmäßigkeit in Zweifel gestellt werde darf. In anderen Städten, etwa in Agrigento, verweigerte man einigen Vereinen, die sich zum Schutz von Migranten engagieren sogar das Vorsprechen im Verwaltungsamt um die in Folge der Entscheidungen des Innenministers Maroni extrem bedenkliche Lage auf Lampedusa zu erörtern.
Was, wie und sogar schlimmer als auf Sizilien, aufgrund der vom Innenminister Maroni angeordneten Verbote in zahlreichen italienischen Städten geschieht, ist auf dem Weg, eine offensichtliche Beschränkung einer räumlich und zeitlich immer stärker eingeschränkten Demonstrationsfreiheit zu erzeugen. Die von dieser Regierung ersonnene neue Praxis in der Handhabe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung stellt gefestigte Freiheiten in Frage, die auf der Grundlage einer Verfassungskonformen Lesart des geltenden Rechts seit Jahren anerkannt waren. Das gleiche Recht wird jetzt, wie es scheint, nicht mehr auf der Grundlage der Verfassungsprinzipien ausgelegt, sondern auf der Grundlage des Testo Unico delle Leggi di Pubblica Sicurezza (TULPS)*, ein Gesetzestext offensichtlicher Prägung und Herkunft, das aus den Zeiten des Faschismus stammt.
Dieser repressive Druck** betrifft nicht nur die Demonstrationsfreiheit der Italiener.
In Massa und Turin wurden asylbegehrende Migranten, die wegen den Verzögerungen bei der Ausstellung der ihnen von der zuständigen Kommission erteilten Aufenthaltsgeehmigungen durch das Polizeipräsidum protestieren wollten, wurden wegen eines absolut friedlichen, aber nicht genehmigten sit-ins von den Ordnungskräften angegriffen und mit Schlagstöcken geschlagen.
Im Angesicht dieser neuen, vom Minister des Inneren festgelegten Polizeipraktiken, die jedoch mit breitem Ermessensspielraum von den örtlichen Behörden umgesetzt werden, fordern wir sämtliche demokratische Komponenten der italienischen Gesellschaft zur breitesten möglichen Einheitsmobilisierung auf, auch durch Parteinahme für jene, die von Sanktionsmaßnahmen betroffen sind. Wir behalten uns in jedem Fall vor, bei den zuständigen Stellen all jene restriktiven Maßnahmen anzufechten, aus denen sich die Verletzung der durch die Artikel 16 und 17 der Italienischen Verfassung anerkannte Demonstrationsfreiheit hervorgehen sollte, anzufechten.
9. Februar 2009,
Fulvio Vassallo Paleologo, Professor für Privatrecht und Menschenrechte an der Universität Palermo und Mitglied der Gesellschaft für juristische Studien zur Immigration (Asgi).
* Polizeigesetz
** Eine gleichwertige Möglichkeit, den Originalbegriff "Stretta" zu übersetzen wäre: "Würgegriff"
Source: http://www.inviatospeciale.com/2009/02/paleologo-per-la-difesa-del-diritto-a-manifestare/