2009-02-16
Tremonti ist in Europa unterwegs, um über eine neue Weltordnung zu sprechen. Der Psychozwerg*. Der Psychozwerg fängt an, sich ein klein wenig um die Wirtschaft zu sorgen. Frau Marcegaglia*** von den Müllverbrennungsanlagen prophezeit drohende Armut als Risikofaktor. Italien produziert immer weniger, - 0,9% wies das BIP 2008 auf. Italien verschuldet sich immer mehr, der öffentliche Schuldenberg beträgt fast 1700 Milliarden Euro. Seit Anfang des Jahres haben Hunderttausende prekäre Lohnabhängige im Stillen ihre Arbeit verloren.
Technisch gesehen, waren sie keine Angestellten, sondern Mitarbeiter in befristeten Projekten. Nach dem Auslaufen der angeblichen Projekte, die in Wirklichkeit dauerhafte Arbeitsverhältnisse waren, alle ab nach Hause, dank dem nach Biagi genannten Maroni-Gesetz**** ohne die geringste soziale Absicherung. Der prekäre Arbeiter aus dem Jahr 2007 ist im Jahr 2009 zum der Entlassung-Entkommenen mutiert. Weder tot noch lebendig, ist er ein sozial-zombie.
Die Fabriken schließen ohne unterlass, von der Informationswelt vollkommen ignoriert. Die öffentliche Solidarität kümmert sich nicht um die Protestierenden. Der polizeiliche Schlagstock trifft aber unerbittlich auf die Schädel der Kurzarbeiter, der Arbeitslosen und der zu laut gewordenen Familienväter. Die Fiat-Fabrikanlagen in Pomigliano D' Arco waren seit August 2008 nur einige wenige Wochen in Betrieb, die Schließung droht. Der Protest endete vergangene Woche***** mit Prügeltrachten auf der Autobahn. Es ist nicht der einizige. Es gibt Dutzende davon, von denen aber nur Prügler und Geprügelte wissen. Die Arbeiter der Firma INNSE, einer nach Jahrzentelangem Bestand geschlossenen Fabrik wurden am 9. Febrzar in Mailand angegriffen******. Für jedes Hübsche Mädchen ein Soldat******* und für jeden Arbeitslosen ein Bereitschaftspolizist.
Vom Donnern der Büffelhufe zu sprechen, ist mittlerweile untertrieben. Jeden Tag erreichen mich Appelle von Arbeitern, die in Unternehmen arbeiten, die schließen - überall, im ganzen Land. Der Betonkopp******** macht sich nur Gedanken um Abhörmaßnahmen*********, und darum, auf Sardinien Wahlkampf zu betreiben**********, während Italien untergeht. Die Inseln der Arbeitslosigkeit stellen sich derzeit wie die Flecken auf einem Leopardenfell dar, spätestens bis Juni werden sie aber flächendeckend zusammenwachsen. Die Bereitschaftspolisten werden nicht ausreichen, man wird die Blauhelme holen müssen. Anfabg Januar lag das BIP für dieses Jahr bei -1%, wenige Wochen später waren die Prognosen bei 3% angekommen. Die Steuerterträge werden wegen dem kombinierten Wirken von Werksschließungen und dem Zusammenbruch des Konsums geringer ausfallen. Letzte Hoffnung für Tremonti, um die Auszahlung der Renten und der Gehälter für vier Millionen Angestellte im öffentlichen Dienst sind die Staatspapiere. Um die Staatsverschuldung zu decken müssen aus Neuemissionen und fälligen Staatspapieren vom Markt hunderte Milliarden Euro bezogen werden. Zusammen mit den unseren wird es aber auch Staatspapiere im Wert von tausenden Milliarden Euro geben, die andere Staaten verkaufen werden. Staaten, die weniger verschuldet sind als wir, und nicht Gefahr laufen, bankrott zu gehen. Tremonti ist mittlerweile jenseits von Gut und Böse. Willst Du ihn interviewen, ergreift er die Flucht. Wenn er Selbstgespräche führt, benennt er die Neue Weltordnung. Wenn es nicht ein Tsunami wird, fresse ich meinen Hut.
A.d.Ü.:
* Finanzminister in der Berlusconi-Regierung
** Ministerpräsident Silvio Berlusconi
*** Emma Marcegaglia, Präsidetin des italienischen Bundes der Industriellen. Zugleich ist Marcegalglia auch ein dick im Geschäft beim Bau von Müllvebrennungsanlagen stehender Stahlbearbeitungskonzern.
**** Arbeitsflexibilisierungsgesetz. Der Namengeber Marco Biagi war Berater des damaligen Arbeitsministers Maroni.
***** Am 7. Februar 2009. Videos über den Protest der Arbeiter des Fiat-Werkes in Pomigliano D' Arco hier: http://www.youtube.com/watch?v=B_MNZjwT3Ac und hier:
http://www.videocomunicazioni.com/2009/02/05/operai-fiat-di-pomigliano-darco-occupano-asse-mediano/
****** Videos über den Widerstand der INNSE-Arbeiter und ihrer Unterstützer:
http://www.youtube.com/watch?v=TUZPlw7LQMk
******* Am 25. Juanuar beschwor Berlusconi - Auf der Welle einer Vergewaltigung in Guidonia bei Rom eine Erhöhung der Truppenpräsenz in den Städten von bisher 3000 auf 30 000 Mann an. Er merkte dabei an, dass selbst damit die Lage nicht zu bewätigen sei: "Wir müssten so viele Soldaten haben, wie es in Italien schöne Frauen gibt. Das werden wir nicht schaffen" siehe zum Thema z.B: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1665680_Fuer-jede-schoene-Frau-ein-Soldat.html
******** Gemeint ist Berlusconi
********* Es ist eine Justizreform im Gang (siehe: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/europaheute/899228/ ) , die auch erhebliche Veränderungen im Strafverfaren vorsieht. Berlusconi will Einschränkungen der Abhörmaßnahmen von Polizei und Justiz.
********** Am 15. und 16. Februar wird auf Sardinien, der Region, die den G8 2009 beherbergen wird, gewählt. Zum Einen ist Sardinien Berlusconis persönliches Ferienparadies, zum Anderen würde ein Gouverneur aus den Rehen Berlusconis auch in Hinblick auf den G8 dem Ministerpräsidenten sehr gelegen kommen.