2009-02-02 

München: Gewahrsamnahmen bei Satiredemo

Bei der Jubeldemo am vergangenen Samstag, im Vorfeld der Proteste gegen die so genannte "Sicherheitskonferenz" am nächsten Wochendende, hat die Polizei neun Demonstranten in Gewahrsam genommen. Das Vorgehen der Polizei ist nicht neu, sorgt aber immer wieder für Ärger und Unverständnis bei der Bevölkerung und den DemonstrantInnen.

Sicherheitsgebaren bei der Münchner Polizei

Kaum hatten sich die etwa 80 DemonstrantInnen am Samstag um 13.00 versammelt, da war sie schon da, die erste polizeiliche Aktion. 9 AktivistInnen wurden auf dem Weg zur Demonstration, vorläufig in Gewahrsam genommen, da sie laut Polizeiangaben versucht hätten, täuschend echte Spielzeugpistolen auf die Demo zu schmuggeln, hieß es von Seiten der Ordnungshüter. Dass es sich bei den beschlagnahmten Objekten um Faschingsartikel aus Plastik handelte und die Polizei seit der Anmeldung der Demonstration wusste, dass Waffenattrappen eine Rolle spielen würden, schien die Beamten nicht zu beirren. Auch dass solche Art von Demonstrationen bereits seit Jahren zur Tradition der Proteste gegen die Sicherheitskonferenz gehören, konnte die Beamten nicht abschrecken.

Polizei torpediert Demoorganisation

Doch damit nicht genug, mit der Gewahrsamnahme war die Demoleitung auch gleich ihr Fronttransparent für die Demonstration los und zusätzlich fast ihre kompletten OrdnerInnen. Der vergebliche Versuch noch eine halbe Stunde an Ort und Stelle auf eine Besserung der Sachlage zu warten, schlug fehl. Und so zog nach langem hin und her die Demonstration über die Sonnenstraße ins Hauptbahnhofviertel und zum Abschluss vor den bayerischen Hof. Durch die starke Repression verhindert, war öfters zunächst gar nicht klar wohin die Demo eigentlich laufen sollte, aber nach einiger Zeit kam sogar etwas Stimmung auf und die Menschen feierten ihre ganz persönliche ironische Party gegen die Nato. Die Gewahrsamnahme ist eigentlich eine zulässige polizeiliche Maßnahme, zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Die Münchner Polizei jedoch, hat vor allem, erfahrungsgemäß bei Großdemonstrationen, den Bogen einer Möglichkeit oder Nötigkeit zu einer Gewahrsamnahme oft überzogen, das zeigen die großen Zahlen, der in Gewahrsam genommenen Personen, sei es bei Anti-Nazi Protesten, oder bei den Demonstrationen gegen die Nato-Sicherheitskonferenz. Im Nachhinein stellten sich Polizeikessel oder sonstige Aktionen oft als illegal heraus.

Großes Polizeiaufgebot

Trauriger Höhepunkt war die Gewahrsamnahme von über 850 Personen an einem Wochenende im Jahr 2002. Mit dieser Art von Maßnahme, der zugleich psychische Einschüchterungen und körperliche Gewalt folgen, versucht die Münchner Polizei den Protest auf der Straße bereits seit Jahren zu kriminalisieren. „Offenbar war den Beamten die Ironie in den Forderungen nach mehr Krieg, Terror und Überwachungsstaat entgangen“, heißt es in der Pressemitteilung der SDAJ. „Augenscheinlich versucht die bayerische Polizei schon im Vorfeld die Proteste gegen die so genannte NATO-Sicherheitskonferenz am 7. Februar zu kriminalisieren.“ Bei der in den letzten Jahren bereits schon veranstalteten Satireaktion war es noch nie zu irgendeiner Form von Ausschreitungen gekommen. „Die Humorlosigkeit der Münchner Polizeiführung scheint sich bereits zu zeigen, wenn man bedenkt, dass zur Faschingszeit maskierte Leute mit fadenscheinigen Gründen in Gewahrsam genommen werden“, sagt ein älterer Mann am Rande der Demonstration. Mindestens 30 Einsatzwägen der Polizei folgen der Demonstration ununterbrochen, zusätzlich ist die Veranstaltung untersetzt mit Zivilpolizei und sogar einem Seitenspalier, dass an beiden Seiten des Zuges mitläuft. Die Menschen lassen sich jedoch nicht provozieren und integrieren die Polizei in ihre Aktionsform.

Münchner Polizei versteht keinen Spaß

Die Jubeldemo ist eigentlich als satirisches Zeichen gegen die Konferenz und die damit verbundene Polizeiwillkür zu verstehen. Aber sogar hier, bereits eine Woche vorher zeigt sich die Polizei angriffslustig. Versammlungsfreiheit bedeutet jedoch nicht, so wie es vielleicht die Münchner Polizeiführung gerne hätte, dass DemonstrantInnen in einem Wanderkessel, versteckt hinter drei Reihen Spalier laufender Polizisten, durch die Stadt ziehen müssen. Versammlungsfreiheit steht für das Recht, frei unsere Meinung kund tun zu dürfen, ohne dass die Polizei jeden Menschen, der sein Recht auf der Straße kund tun möchte, präventiv als Schwerverbrecher ansieht. Das Grundgesetz darf durch die Sicherheitsbehörden nicht außer Kraft gesetzt werden und das werden nächstes Wochenende in der Innenstadt wieder zahlreiche GegendemonstrantInnen unter Beweis stellen.