2008-03-23 

Die Folter in Italien

Trotz der Ratifizierung der UN-Folterkonvention von 1988 hat Italien immer noch kein einschlägiges Foltergesetz verabschiedet und noch keinen entsprechenden Paragrafen in das Strafgesetzbuch eingeführt.

Auch der jüngste von den Parlamentskammern verabschiedete und zur Einführung des Tatbestands der Folter angelegte Gestzesentwurf wurde, wie alle anderen, fallen gelassen (er sah die Einführung des Paragrafen 613,2 vor, der jeden, "der unter Anwendung von Gewalt oder durch schwere Drohungen einer Person starke körperliche oder mentale Leiden zufügt", um von dieser oder von einer dritten Person Informationen oder Geständnisse bezüglich einer Handlung, die selbige oder eine dritte Person begangen hat oder im Verdacht steht, begangen zu haben bestraft. Mit dem Ziel, also, eine Person wegen der durch diese oder eine dritte Person aus Gründen rassistischer, politischer, religiöser oder sexueller diskriminierung vollzogene Handlung zu bestrafen").

De facto verbieten die Normen der Verfassung und jene, die verstreut im Strafgesetzbuch vorliegen die Folter auch ungeachtet des Fehlens einer einschlägigen Rechtsnorm, die wiedrum aber eine nicht nur praktische, sondern auch symbolisch sehr starke Bedeutung hätte.

Obwohl die italienische Verfassung kein ausdrückliches Verbot der Folter enthält, legt Artikel 13, 4 fest, dass "jede körperliche und seelische Gewalthandlung gegen Personen, die ohnehin schon einer Freiheitseinschränkung ausgesetzt sind bestraft wird". Diese Norm hat, wenn auch nur teilweise, im derzeitigen Strafgesetzbuch ihren Niederschlag gefunden, das beispielsweise den Amtsmissbrauch, die Nötigung, die Bedrohung, das zufügen von Schlägen, die Körperverletzung, die illegale Verhaftung und die illegitime Einschränkung der persönlichen Freiheit ahndet.

Das ändert nichts an der Tatsache, dass mehr oder minder subtile, diversifizierte Formen der Folter auf den unterschiedlisten Gebieten zur Anwendung kommen.

Das belegen die Jahresberichte von Amnesty International, bei der jedes Jahr Anzeigen von Misshandlungen eingehen, die in manchen Fällen die Merkmale regelrechter Folter aufweisen, und die Jahresberichte des Vereins "Antigone" bezüglich der zahlreichen ungeklärten oder vermeidbaren Todesfälle und der Fälle von Verprügelungen in Gefängnissen, auf Polizeiwachen und in Carabinieri-Kasernen.

Vergleichbare Daten erscheinen in den vom Europäischen Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) nach seinen periodisch in italienischen Haftanstalten und Sicherheitszellen durchgeführten Inspektionen angefertigten und der italienischen Regierung übergebenen Berichten.

Um die sensibelsten Bereiche, in denen in Italien Fälle von Folter oder von unmenschlischer Behandungen gemeldet werden zu benennen, genügt der Gedanke an:

- das Mobbing an Arbeitsplätzen

- die von alten und behinderten Menschen in den so genannten Pflegelagern (Altersheime, Kurheime usw.) erlittenen Misshandlungen und Gewalttaten

- die unmenschlischen Behandlungen, die "klandestin" immigrierten Menschen zuteil werden, die in den Zentren für Temporären Aufenthalt eingesperrt sind und die "indirekte" Folter, die gegen Migranten ausgeübt wird, die in Länder, in denen man sie verfolgen und zur Zielscheibe körperlicher und seelischer Gewalthandlungen machen wird, abgeschoben werden.

- die unmenschlischen Behandlungen und die extrem hohe Zahl der Selbsttötungen, die in Italien jedes Jahr in Haftanstalten erfolgen (Hunderte Fälle von Verprügelungen, Misshandlungen, körperlicher und seelischer Gewaltanwendungen wurden in den vergangenen Jahren von Parlamentariern, Vereinen und internationalen Organisationen zur Anzeige gebracht: zahlreiche hatten die Einleitung von Untersuchungen im Justizverfahren zur Folge, aber nur wenige mündeten in die Verurteilung der Verantwortlichen)

- die Verprügelungen bei Demonstrationen, deren Urheber und Verantwortliche fast immer straflos bleiben und manchmal sogar "befördert" werden (wie es in Zusammenhang mit den sehr schwerwiegenden Vorfällen in Genua der Fall gewesen ist.

- den Einsatz illegaler Mittel bei der Terrorbekämpfung. Dieser letzte Punkt verdient jedoch eine gesonderte Vertiefung.