2008-11-28
STUTTGART. Der Verfassungsschutz rechnet mit gewalttätigem Widerstand gegen den Nato-Gipfel im April in Kehl, Baden-Baden und Straßburg. Die Aktivitäten der meist linksextremen Gegner werden in einem erst vor wenigen Wochen eingeweihten Internet-Zentrum nachrichtendienstlich überwacht.
Knapp 380 000 Euro hat das Internet-Zentrum gekostet, aus dem der Verfassungsschutz in enger Kooperation mit dem Landeskriminalamt die Publikationen und Ankündigungen von Rechts- und Linksextremen sowie islamistischen Terroristen zu überwachen versucht. Mit hohem technischen Aufwand surfen bis zu sechs Mitarbeiter im Netz – gezielt, systematisch und sprachlich wie landeskundlich geschult.
Im September hatte Innenminister Heribert Rech den offiziellen Startschuss gegeben, gestern präsentierte die Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube das Kompetenzzentrum. Ganz nach Art der Schlapphüte: Wer wie unter welchem Deckmantel im Netz zugange ist, welche Einzelschritte zur Enttarnung potenzieller Täter notwendig sind und wann welche Ergebnisse an die Kripo weitergeleitet werden, lassen die Verfassungsschützer nur ahnen: "Was technisch möglich und juristisch erlaubt ist, machen wir."
Erlaubt ist, wenn sich die Verfassungsschützer anonym und unter fremden Namen in Diskussionsforen einmischen, nicht legal wäre, Passwörter zu knacken und in geschützten Bereichen Informationen zu sammeln. Es gehe nicht um Observierung in Einzelfällen, sondern um die Analyse radikaler Phänomene, um Propaganda, um die Kontrolle von Gästebüchern. "Es ist nicht unsere wichtigste Aufgabe, die Strafverfolgung sicherzustellen", sagt Bube, "sondern langfristig gewalttätige Strömungen zu analysieren."
Auch die Rechtsextremen interessieren sich für den Gipfel
Schon lange vor der Einrichtung des neuen Kompetenzzentrums, nämlich seit Mitte der 80er Jahre, klärt der Verfassungsschutz auf, wer wie vernetzt ist. Deshalb weiß man, dass mehr als 500 gewaltbereite Linksextremisten im Land leben. Deren Aktivitäten ließen darauf schließen, sagt Bube, dass es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen beidseits des Rheins komme, wenn am 3. und 4. April in Kehl, Straßburg und Baden-Baden der Nato-Gipfel stattfinde. Zu diesem Gipfel werden mehr als 6000 Teilnehmer erwartet. Auch Rechtsextremisten erkennen den Gipfel mittlerweile als Thema.
Das Internet gilt dem Verfassungsschutz und dem Landeskriminalamt als Fernuniversität islamistischer Terroristen, die dabei auch interaktive Plattformen wie das Videonetzwerk Youtube nutzen. Die Zahl gewaltbereiter Islamisten ist allerdings geringer, etwa zehn sind es im Südwesten. Ein Mitarbeiter des Landeskriminalamts, der seinen Arbeitsplatz ebenfalls in der neuen Internetzentrale hat, versichert: "Da sind wir nahe dran."