2008-11-12
Man wird den Verdacht nicht los, dass das neue Polizei-und Versammlungsgesetz in Baden-Württemberg jetzt im Schweinsgalopp fertiggestellt werden soll, um der Polizei zu den bisherigen Schikanen noch ein paar zusätzliche zu ermöglichen gegen die zu erwartenden großen Bewegungen, wenn die NATO ihr Eigenlob singen wird und ihre Selbstfeier begeht zwischen Baden-Baden und Strasbourg. Die Redaktion stellt sich selbstvrständlich voll und ganz hinter die Ziele der Demonstration am Nikolaus-Tag 2008. Zeigt dem Staat die Rute und steckt ihn in den Sack! Für die Redaktion von stattweb F.Güde
Ja zum Grundrecht auf Versammlungsfreiheit!
Nein zur Verschärfung des Versammlungsgesetzes!
Die baden‐württembergische Landesregierung will ein neues Versammlungsgesetz, das das Bürgerrecht auf Versammlungsfreiheit erheblich einschränkt. Es schafft bürokratische Hürden, sieht die Registrierung, Überwachung und Erfassung der TeilnehmerInnen vor und gibt Polizei und Behörden die Möglichkeit für willkürliche Erschwernisse, Eingriffe in die Versammlung und die Rechte der Versammelten.
Das Recht auf Versammlungen im Saal wird eingeschränkt:
Obwohl das Grundgesetz nur für Versammlungen unter freiem Himmel gesetzliche Beschränkungen zulässt, sieht das neue Versammlungsgesetz nun auch für Versammlungen im Saal Einschränkungen vor:
‐ Behörden können in das Selbstbestimmungsrecht von Organisationen eingreifen. Z.B. kann demokratisch gewählten Vorsitzenden die Leitung einer Versammlung untersagt werden.
‐ Die Behörde kann die Benennung einer von ihr festgelegten Zahl von Ordnern (mit Wohnsitz und Geburtsdatum) verlangen und gleichzeitig Ordner als ungeeignet ablehnen und somit Versammlungen undurchführbar machen.
‐ Der Versammlungsleiter macht sich strafbar, wenn er nicht rechtzeitig „Gewaltbereitschaft“ erkennt und die Versammlung beendet.
Die Demonstrationsfreiheit wird ausgehöhlt:
Noch dramatischer sind die Einschränkungen für Demonstrationen und Kundgebungen im Freien:
‐ Schon zwei Personen gelten künftig als Versammlung. Das kann z.B. bedeuten, dass bereits die Aufstellung von Streikposten bei einem Arbeitskampf als Demonstration angemeldet werden muss.
‐ Die Anzeigefrist soll verlängert werden auf 72 (statt 48) Stunden vor der ersten Einladung zur Versammlung.
‐ Bei der Entscheidung über Verbot und Auflagen könnten die „Rechte Dritter“ wie z.B Verkehrsteilnehmer und Gewerbetreibende eine Rolle spielen.
‐ Versammlungsleiter und Ordner werden zum verlängerten Arm der Polizei gemacht, statt die Anliegen der Versammelten zu vertreten. Sie werden registriert und haftbar gemacht und können als „ungeeignet“ abgelehnt werden.
‐ Bereits gleiche Mützen oder gleichfarbige Streikwesten von Gewerkschaften können als „militant“ und „einschüchternd“ gewertet und verboten werden.
‐ Die Polizei darf fast ohne Einschränkungen in die Versammlung eingreifen und z.B. die Personalien der TeilnehmerInnen feststellen.
‐ Versammlungen können nach Gutdünken der Polizei gefilmt und die Aufnahmen nahezu beliebig gespeichert werden.
‐ Bereits bei der Anreise zu Versammlungen gilt ein Sonderrecht für polizeiliche Kontrollen und Schikanen.
Naziaufmärsche werden nicht verhindert.
Das vorgebliche Ziel, besser gegen Naziaufmärsche vorgehen zu können, wird verfehlt.
Bereits in der Vergangenheit wurden antifaschistische Aktivitäten häufig seitens der Behörden erschwert. Im neuen Gesetz werden nun verstärkt gerade diejenigen behindert, die sich in Versammlungen gegen Rechtsradikale wenden. Um Rechtsradikale zu bekämpfen wären u.a. Verbote von Naziorganisationen angebracht, nicht aber Einschränkungen der Versammlungsfreiheit, die alle treffen.
Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht!
Das Recht auf offene Diskussion und öffentliche Meinungsäußerung gehört zur Grundsubstanz der Demokratie. Die Baden‐württembergische Landesregierung macht es mit ihrem Entwurf aber zum Sonderfall, der besonderer behördlicher und polizeilicher Beobachtung unterstellt ist.
Versammlungen „enthalten ein Stück ursprünglich‐ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren“, sagt das Bundesverfassungsgericht.
Wir sagen: Dabei soll es bleiben.
Deshalb rufen wir alle Menschen dazu auf, gegen die geplante Beschränkung der Versammlungsfreiheit zu demonstrieren.
Erstunterzeichner:
Johannes Beck; Jochen Dürr; Cuno Hägele; Bernd Riexinger, Markus Spreitzer; Thomas Trüten; Dieter Lachenmayer;
AGIF; AK Vorratsspeicherung; Antifa‐Aktion Heidenheim; ATIK‐Konföderation d. Arbeiter aus der Türkei in Europa; ATIK‐YDG (Neue demokratische Jugend); ATTAC Schorndorf; Deutscher Freidenker Verband Stgt. E.V.; DGB ‐ Deutscher Gewerkschaftsbund BaWü; DGB OV Fellbach; DIE LINKE KV Stuttgart; DKP – Deutsche Kommunistische Partei BaWü; DKP Kreis Stuttgart; freier zusammenschluß von studentInnenschaften ‐ fzs; Friedensnetz
BaWü; Initiative:“Reiche Stadt‐arme Kinder” Stgt.; Libertäre Initiative Stuttgart (LISt); Linke Hochschulgruppe Stgt.; linksjugend [`solid] BaWü und Rems Murr Kreis; Mauthausenkomitee Stgt.; Metalkeepers; MLPD Landesverband BaWü ; MLPD Kreisleitung Stuttgart; Piratenpartei LV BaWü; Rote Hilfe; SAV Stgt.; SDAJ Stuttgart; Solidarität International Ortsgruppe Stgt.; Stipendiatengruppen der Hans‐Böckler‐Stiftung Stuttgart/Ulm u. Tübingen; ver.di Bezirk Stuttgart; VVN‐Bund der Antifaschisten LV BaWü; VVN‐BdA Kreisvereinigung SHA; Waldheim Gaisburg e.V.; Waldheim Stgt. e.V. Clara‐Zetkin‐Heim;