2008-08-07
07.08.2008 – Kehl. Gestern, 8.30 Uhr in Kehl: Der Polizeihubschrauber kreist über dem Hochhaus in der Honsellstraße, gut ein Dutzend Polizeibeamte stürmen in das Haus und führen wenig später einen Mann ab. Besorgte Anrufer melden sich in der Lokalredaktion: »Was ist da los? Die Polizei führt grad einen ab.«
Einige mutmaßen sogar schon einen Schlag gegen eine Terrorzelle. Emil Roth, Pressesprecher der Polizeidirektion Offenburg, räumt auf Nachfrage unserer Zeitung ein: »Die Geschichte schien gewaltig spektakulär, wie ein riesengroß geplanter Einsatz. Doch der Fall ist bei weitem nicht so spektakulär.«
Dem Mann wird »nur« Sozialbetrug vorgeworfen. Er ist auch nicht festgenommen, sondern nur in seine Wohnung gebracht worden. Die vielen Beamten seien notwendig gewesen, weil eine Wohnung im Hochhaus und eine weitere in der Nähe durchsucht und gleichzeitig gesichert werden mussten, erläuterte Herwig Schäfer, Leitender Oberstaatsanwalt in Offenburg.
Luftbilder für Natogipfel
Auffallend war für viele Kehler Mitbürger, dass zur gleichen Zeit ein Polizeihubschrauber mehr als eine Stunde lang über der Innenstadt unüberhörbar seine Runden flog.
»Der Heli kreiste zeitlich rein zufällig auch über dem Haus. Die Besatzung war unterwegs, weil zur Vorbereitung des Nato-Gipfels im April 2009 in Kehl und Straßburg Luftbilder nötig sind«, erläutert Emil Roth
Der Sprecher der Polizeidirektion versicherte auf Anfrage, dass der Helikopterflug über den Dächern von Kehl nicht im Zusammenhang mit der Operation im Hochhaus gestanden ist.
Für die Bewohner des Hochhauses kam der Polizeieinsatz gestern Vormittag jedenfalls völlig überraschend. Bewohner des 16-stöckigen Gebäudes bestätigten gegenüber unserer Zeitung, dass das Einsatzkommando der Polizei bei mehreren Wohnungen klingelte, bis jemand öffnete.
»Es waren zwölf Mann. Sie haben einen arabisch aussehenden Hausbewohner mit Kopftuch festgenommen und irgendwohin abgeführt«, berichtet ein Bewohner. Auch dem Hausmeister des höchsten Kehler Gebäudes ist der Sondereinsatz zu Ohren gekommen: »Bei mir haben sie jedoch nicht geklingelt. Ich weiß nicht, in welches Stockwerk die Einsatzkräfte gegangen sind.«
Eine Verkäuferin will ebenfalls von dem Vorfall gehört haben. Sie habe allerdings keine Polizei gesehen. »Das ging wohl sehr schnell. Ich habe erst von einigen Kunden von dem Einsatz erfahren. Mehr will ich nicht sagen. Ich möchte in Ruhe leben«, betont die Verkäuferin.
Nun kann sie mit ihren Nachbarn aufatmen, denn wie im Laufe des gestrigen Tages bekannt wurde, hatte der Einsatz keinen terroristischen Hintergrund.