2008-07-15 

Audio: G-8 2001 in Genua - 15 Polizisten verurteilt

Download (Länge: 1:56 min)

Sieben Jahre nach den gewalttätigen Ausschreitungen beim G8-Gipfel in Genua sind gestern Abend in Italien 15 Polizisten und Gefängnisbeamte zu Haftstrafen verurteilt worden. 30 Angeklagte sind freigesprochen worden.

Stadt im Ausnahmezustand

Die Bilder aus Genua sind damals um die Welt gegangen. Eine Stadt im Ausnahmezustand, Tränengas, Molotowcocktails, Straßenschlachten.

Pic: Court in Genoa

Ein Toter

Nicht zu vergessen der Tod des 23jährigen Globalisierungsgegners Carlo Giuliani – hingestreckt durch einen Kopfschuss eines jungen italienischen Polizisten.

Polizist zuerst freigesprochen

Das juristische Nachspiel zu diesem Tod ist längst zu Ende – der Polizist wurde bereits in einem umstrittenen Prozess wegen Notwehr freigesprochen.

Vorgänge neu untersucht

Doch diesmal hat ein italienisches Gericht jene Vorgänge untersucht, die abseits der TV-Kameras im Gefängnis Bolzaneto stattgefunden haben. Dorthin sind viele festgenommene Demonstranten gebracht worden. Und dort sind die Festgenommenen in einen Teufelskreis geraten, wie der Staatsanwalt im Prozess ausführte.

Unmenschliche Behandlung im Gefängnis

Auf 600 Seiten listete er die unmenschliche Behandlung und die Verletzung der Menschenrechte im Detail auf. Schläge, keine Nahrung, kein Kontakt zu Rechtsvertretern oder Konsulaten. Die Polizisten und Gefängniswärter in Bolzaneto zogen alle Register der Demütigung. Eine Behandlung, die auch die Mitglieder der österreichischen Volkstheaterkarawane in einem anderen Gefängnis erlitten haben sollen.

15 Polizisten jetzt verurteilt

Ein unmenschliche Behandlung, für die das Gericht gestern die Rechnung präsentiert hat. 15 angeklagte Polizisten und Gefängniswärter müssen im Gefängnis die Seite wechseln. Zwischen fünf Monaten und fünf Jahren Haft lauten die Urteile. Urteile, die die Aufarbeitung der Geschehnisse von Genua noch lange nicht abschließen.

Prozess gegen damaligen Polizeichef

Erst vor wenigen Monaten hat die Staatsanwaltschaft einen Prozess gegen den damaligen italienischen Polizeichef im Zusammenhang mit den Genua-Krawallen beantragt.

Urteile noch nicht rechstkräftig

Die gestrigen Urteile sind noch nicht rechtskräftig und solange der gerichtliche Instanzenweg noch nicht beendet ist, müssen die Verurteilten auch nicht ins Gefängnis. Die italienische Öffentlichkeit wird also noch genug Gelegenheit haben, die juristische Aufarbeitung der Genua-Krawalle zu beobachten und zu beurteilen. Die Angeklagten wurden übrigens wegen Amtsmissbrauch und Misshandlung verurteilt, den Begriff “Folter” gibt es im italienischen Strafrecht nicht.

Ö1 Mittagsjournal – Josef Dollinger