2008-07-12
Im Februar 2008 war die stv. Versammlungsleiterin der Demonstration
gegen die NATO-Sicherheitskonferenz 2007, nach einem skandalösen Prozess
(siehe Bericht auf http://sicherheitskonferenz.de/), in erster Instanz
zu einer Geldstrafe – 40 Tagessätze zu je 40 Euro – verurteilt worden.
Am 9. Juli fand nun vor dem Münchner Landgericht der Berufungsprozess
gegen B. statt.
Im Gegensatz zum Verfahren vor dem Amtsgericht äußerte sich die
Angeklagte diesmal auch zur Sache. Ihre Anwältin wäre
ansonsten wieder nur auf die Aussagen des Polizeizeugen Müller und des
gezeigten Polizei-Videos angewiesen gewesen.
Richter Denz machte bereits
im Rahmen der Befragung des Zeugen deutlich, dass er eine andere
Vorstellung über die Aufgaben einer Versammlungsleitung hat, als der
damalige Verbindungsbeamte Müller. So stellte er z.B. die Frage: „Ist
der/die Versammlungsleiter_in Vollzugsgehilfe der Polizei?“
Letztendlich war er von Müller’s Aussagen nicht überzeugt, der viel zu
oft keinen Kontakt zur Versammlungsleiterin hatte und keine konkreten
Beweise bezüglich des Vorwurfes, sie hätte sich nicht um die
Durchsetzung der Auflagen gekümmert, vorlegen konnte.
Wären sich Verteidigerin und Richter hinsichtlich der Bewertung, ob die
Auflagen von 2007 dem Versammlungsrecht entsprechen oder nicht, einig
gewesen, hätte es auch zu einem Freispruch kommen können.
Konkret ging es um das Verbot von Seitentransparenten. Laut Richter ist die
Versammlungsleiterin für die Durchsetzung des Verbots verantwortlich, auch
wenn Urteile existieren (vorgelegt von der Verteidigerin), die diese Auflage
als unrechtmäßig bewerten. Juristisch gesehen muss die Unrechtmäßigkeit von
Auflagen quasi nach der Demo geklärt bzw. eingeklagt werden und trotzdem
während der Demo eingehalten werden.
Da der Richter selbst ja bereits die Frage gestellt hatte, ob
Versammlungsleiter/innen Vollzugsgehilfen der Polizei sein sollen, wurde er
von der Verteidigerin gefragt, was die Versammlungsleiterin denn nun gegen
die Seitentransparente hätte tun sollen, öffentliche Durchsagen wurden
schliesslich getätigt. Die Antwort lautete: Die Demo aufzulösen, da man die
Auflagen nicht erfüllen kann, also “die Demo nicht im Griff hat”.
So unterbreitete Richter Denz den Vorschlag das Verfahren nach §
153 (2) einzustellen und räumte der beklagten Seite Zeit zum
Beratschlagen ein.
Anwältin, Angeklagte und Einige aus dem
Aktionsbündnis kamen gemeinsam zum Beschluss, das Angebot des Richters
anzunehmen.
Wieder zurück im Gerichtssaal wurde das Verfahren dann auch formal
eingestellt, die Verfahrenskosten trägt die Staatskasse, für die
Anwaltskosten muss jedoch die Angeklagte aufkommen. Also, wer ein paar
Euro übrig hat sollte spenden, denn sie stand nur stellvertretend für
uns alle vor Gericht.
Spendenkonto:
Martin Löwenberg
Kto.-Nr. 28 26 48 02
BLZ: 700 100 80
Postbank München
Kennwort: Prozess SIKO 07
http://www.sicherheitskonferenz.de