2008-07-08 

Erster Gipfeltag – Kulturen des Aktivismus, Einschüchterung und Angst

Um 5:30 Uhr morgens: Aufbruch per Bus zum Toyoura Camp, eines der beiden Camps etwa 26 km vom Austragungsort des Gipfels. Etwa 25 km vor Ankunft wurde der Bus an einer Straßensperre der Polizei angehalten. Einer der Organisatoren eines der drei alternativen Mediencenter, bemühter sich um die üblichen Klärungen. Er gab bekannt, dass die Insassen des Busses alle registrierten Personen der unabhängigen Citizen Media Centers wären. Auf die Frage eines Beamtes nach seinem Namen, antwortet er mit seine Verweigerung sich auszuweisen. Das war für die Polizei ok.
Wir durften weiter fahren und kamen um 8 Uhr im Camp an: Wolkenverhangene sattgrüne Bergrücken, Blockhütten –und Zelte.

Pic: Camp

Kurz vor dem Erreichen des Tores kam eine Demo von ca. 50 Personen entgegen gefolgt von eine Auto-Karawane mit Journalisten. Alles JapanerInnen. Wo waren die „Internationals“?

Am Abend zuvor hatte es Diskussionen zwischen Japanern und Internationals über die Aktionsformen gegeben. Legaler Rahmen vs. unangemeldete Aktionen. Vieler Japaner hatten sich für eine angemeldete Demo entschieden, ihnen waren wir begegnet.

Die Morgen wurde mit einem Meeting verbracht um die endgültige Entscheidung zu treffen, was die übrige Gruppe machen würde. Gegen 12 Uhr ging es los. Aktionskonzept loszulaufen, in Richtung des nächsten Bahnhofs, um der Öffentlichkeit zu zeigen wie stark das Versammlungsrecht eingeschränkt wird, wie geringst die Möglichkeiten zur freien Meinungsäußerung hier sind.

Dauerregen und alle waren nach fünf Minuten bis auf die haut durchnässt. Allerdings tut das der Stimmung keinen Abbruch. Im Gegenteil alle sind wild entschlossen auszutesten, wie weit wir gehen können. Nach 45 Minuten ist dann Schluss. Blaue riot cops blockieren die nasse Landstrasse. Sie geben bekannt, dies sei eine unangemeldete Demo und wir seien aufgefordert zurückzukehren. So lange wir dies befolgen wurden sie niemanden festnehmen.

Dieses Szenario war mit den japanischen Aktivisten abgesprochen worden. Es war klar, dass nicht den Aufforderungen der zu wieder gehandelt würde. Denn die Angst der JapanerInnen vor Repression ist enorm.

Also: der Gruppe kehrt ins Camp zurück. Klar, ist dass man sich spätestens an diesem Montag von großartigen Gipfelprotesten verabschieden muss. Das heißt nicht, dass die Aktionen in den verbleiben Tagen nicht wichtig wären. Sie sind erstens bedeutsam für die japanische Bewegung, zweiten demonstrieren sie der Weltöffentlichkeit wie repressiv die japanische Demokratie ist. Das bedeutet nicht, dass die deutschen Bedingungen polizeilicher Gewalt dagegen verblassen, aber die Grenzen sind hier noch enger gesteckt, die Methoden andere.

Die seit Samstag festgehaltenen Aktivisten können bis zu 23 Tage ohne Urteil in Polizeihaft gehalten werden. Für die Dauer der Verhöre gibt es keine Grenzen. Bis zum vierten Tag nach einer Demo kann jede OrganisatorIn bis zum 4 Tage verhaftet werden. Sie kann für alles verantwortlich gemacht werden, was bei oder im Umfeld der Demo geschah. Insgesamt scheint das Verhalten der Polizei wenig verregelt zu sein, ihre Spielräume sind groß.

Dass unsere japanischen Freunde eingeschüchtert sind, sichtlich Angst haben, bedrückt uns. Zunächst erschien uns das Verhalten der Polizei eher skurill, dies weicht nun einem sehr beunruhigenden Gefühl.

Viviana Uriona/Alexis Passadakis