2008-06-18
Pressemitteilung vom 18.6.2008
G8-Repression: Solidarität von der Ostsee bis zum Bodensee gegen Behördenwillkür bei Demonstrationen. Donnerstag, 19.6. Prozeß in Karlsruhe
Im Mai 2007 gingen in Karlsruhe weit über 700 Menschen auf die Straße, um
gegen die Repression und die staatlichen Versuche, die G8-Proteste zu
kriminalisieren, zu demonstrieren. Sie folgten einem Aufruf, der Bezug nahm
auf die erst einige Tage zurückliegende bundesweite Großrazzia in der
linken Szene. Die unter dem Motto „Jetzt erst recht – Repression und G8
entgegentreten!“ stehende Demonstration war kraftvoll und entschlossen und
verlief friedlich. Dennoch bekam der Anmelder ein paar Wochen später einen
Strafbefehl in Höhe von 160 Tagessätzen zu je 30 Euro zugestellt, in dem
die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft, gegen sämtliche Auflagen verstoßen
und nicht schlichtend gewirkt zu haben.
Ob Transparentabstände,
Kategorisierung der OrdnerInnen oder Höchstgeschwindigkeit – jede denkbar
menschliche Verrenkung während der Demo wurde dem Angeklagten zum Vorwurf
gemacht. Tatsächlich hatte sich der Anmelder an die „Spielregeln“ der
Behörden gehalten in Form einer schriftlichen Anmeldung, der Teilnahme am
Kooperationsgespräch, permanenter Ansprechbarkeit für die
Polizeieinsatzleitung während der gesamten Versammlung, Aufstellen von
OrdnerInnen und Durchsage der behördlichen Auflagen. Morgen, Donnerstag,
den 19.6 wird der Widerspruch gegen den Strafefehl vor dem Amtsgericht in
Karlsruhe verhandelt.
Ähnlich erging es einer Anmelderin nach der Demonstration „gegen
Justizwillkür und Überwachungsstaat“ am 17.11.2007 in Rostock. Die Demo
machte auf die Prozesse gegen G8-GegnerInnen nach dem Gipfel erfolgreich
aufmerksam und verurteilte die Repression durch den Staat. In diesem Falle
fühlte sich die Polizei als Behörde durch Äußerungen von
Demoteilnehmenden persönlich beleidigt und formulierte daraus eine
Straftat. Außerdem entdeckte sie zwei Transparente, die länger waren als
die Auflage es erlaubte. Daraus bastelte die Polizei der Anmelderin einen
Strafbefehl von 50 Tagessätzen zu je 40 Euro.
Um die Gefährlichkeit der Demonstration zu beweisen, war der Polizei nichts
zu peinlich, selbst ein Clown mit Headset in Form einer Banane, die in Hals-
und Brustbereich erkennbar verkabelt zu sein schien wurde als gefährliches
Objekt gewertet und fotographisch in der Akte dokumentiert.
Die Einschüchterungsstrategie der Polizei gegen
DemonstrationsanmelderInnen soll es der Protestbewegung immer schwerer
machen, ihren Protest in Form von Versammlungen Ausdruck zu verleihen. Immer
weniger Menschen werden bereit sein, die sowieso schon repressive Funktion
eines Versammlungsleiters auszufüllen, wenn sie fürchten müssen, aufgrund
banalster Vorfälle horrende Strafen zu erhalten. Das grundgesetzlich
verankerte Recht auf Versammlungsfreiheit wird hierbei bis zur
Unkenntlichkeit verbogen. Wie schon beim G8-Gipfel setzen Polizei und
Staatsanwaltschaft auf die Strategie der Abschreckung und
„Protestprävention“. Dieses Prinzip haben sie während des G8-Gipfels
in Heiligendamm mit der hohen Zahl der eingeleiteten 1.700
Ermittlungsverfahren verfolgt. Ziel ist es nicht mehr primär, Straftaten
oder Ordnungswidrigkeiten aufzuklären, sondern Bürgerinnen und Bürger
daran zu hindern, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen und politischen
Widerstand gegen die kapitalistisch-menschenfeindliche Politik der
G8-Staaten zu brechen.
Dies wird ihnen nicht gelingen, denn der Widerstand wächst sowohl
international als auch in Deutschland gegen Ausbeutung, Entrechtung und
Repression. Auch das hat der erfolgreiche Protest gegen das G8-Treffen in
Heiligendamm im letzten Jahr gezeigt.
Die Rote-Hilfe-Gruppe Rostock solidarisiert sich mit dem Angeklagten in
Karlsruhe und fordert die Einstellung des unbegründeten und repressiven
Strafbefehls!
Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist ein erkämpftes Gut, die
Bestrebungen der Regierenden, dieses Grundrecht weiter einzuschränken,
werden wir bekämpfen!
Rote Hilfe, Ortsgruppe Rostock