2008-05-08
Was braucht ein Bomberflugzeug zum Fliegen?
Was braucht ein Panzer? Was braucht ein Truppentransporter? Natürlich Treibstoff. Ohne funktioniert gar nichts. So liegen quer durch Europa Nato-Pipelines, durch die der benötigte Treibstoff fließt. Auch gar nicht mal so weit von Düsseldorf entfernt fließt der Treibstoff für das Militär durch den Boden.
Hauptsächlich werden die NATO-Streitkräfte in Deutschland vom “Central Europe Pipeline System” (CEPS) versorgt, mit Ausnahme von Schleswig-Holstein, das an das NEPS (Northern Europe Pipeline System) angeschlossen ist. CEPS umfasst insgesamt 6.000 km Pipelines in Deutschland, Belgien, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden.
In Deutschland werden seit 1956 die Pipelines in Friedenszeiten von der Fernleitungs-Betriebsgesellschaft (FBG), einem Tochterunternehmen der Industrieverwaltungsgesellschaft (IVG), betrieben. Insgesamt betreut die FBG 2.800 km Nato Pipelines in Deutschland. Ihre Hauptverwaltung befindet sich in Bad Godesberg bei Bonn. Zwei Betriebsverwaltungen befinden sich in Xanten (BV-Nord) und in Idar-Oberstein (BV-Süd). Sie sind im Auftrag des Verteidigungsministeriums tätig. Im Jahre 1999 flossen 3,8 Millionen Tonnen durch die deutschen Nato-Pipelines. Davon ist aber ein Teil auch privatwirtschaftlich, da freie Kapazitäten vermietet werden. Des weiteren gehören zu den CEPS-Pipelines an die 40 Hochdruckpumpstationen und über 20 Tanklager.
Was durch diese Pipelines fließt, ist kein Rohöl, sondern schon raffinierter Treibstoff, der direkt dorthin fließt, wo er gebraucht wird. Sei es zum AWACS-Flugstützpunkt Geilenkirchen, zu den Flugplätzen, von denen die Transporter Richtung vorderer Orient starten, etc. In der Umgebung von Düsseldorf befinden sich zwei Pipelines. Sie verlaufen hinter Mönchengladbach und unterhalb Kölns (s. Karte). Sie sind zwar unterirdisch verlegt, lassen sich aber recht einfach ausmachen, da der Streckenverlauf durch Pfosten gekennzeichnet ist. Auf den Pfosten befinden sich Schilder mit der Aufschrift “Fernleitungsbetriebsgesellschaft”.
Krieg ist Frieden
In Kriegszeiten übernimmt die Bundeswehr die Betreuung der Pipelines. Dazu hat sie eigene Spezialverbände der Pipelinepioniere. Im Laufe der Umstrukturierung der Bundeswehr sind jetzt zwei Einheiten für die Pipelines zuständig: Das Spezialpionierbataillon 164 in Husum und das Spezialpionierbataillon 464 in Speyer. Der Kontakt zwischen FBG und Bundeswehr wird über militärische Dienststellen – den Spezialpionierstab 3/1 in Emmerich und den Spezialpionierstab 4/1 in Idar-Oberstein – gehalten. Diese beiden Stäbe sind zuständig für die Kraftstoffversorgung aller nationalen und alliierten Bedarfsträger und organisieren die Pipeline-Pioniereinheiten. In Kriegszeiten werden die FBG und IVG, zu der auch 6.400 Treibstoffkesselwagen der Bahn gehören, dem Militär angegliedert.
Frieden macht krank
In letzter Zeit ist der Treibstoff, der durch diese Leitungen fließt, ins Gerede gekommen. 1988 beschloss das US-Militär, die Norm für den militärischen Treibstoff zu vereinheitlichen. Dem schloss sich auch die NATO an. Vorgesehen ist, dass bis zum Jahre 2010 alle Verbündeten den gleichen Treibstoff zu benutzen haben, um weltweit jederzeit einsatzfähig zu sein. Dies gilt für alle militärischen Gerätschaften, vom Feldkocher bis zum Kampfjet. Um dies zu gewährleisten, setzt man dem Treibstoff sogenannte Additive bei. Weitere dieser Additive sorgen dafür, dass der Treibstoff bei allen klimatischen Bedingungen eine annähernd gleiche Qualität hat. Dieser NATO-Treibstoff besitzt die Bezeichnung JP8 (neuerdings auch den weiter entwickelten JP8+100). In dieser Zusammensetzung ist der Treibstoff hoch toxisch, wie bisher alle zivilen und militärischen Untersuchungen ergaben. Nur teilweise sind die Additive bekannt. In der Nähe militärischer Einrichtungen ist eine auffallende Zunahme der sogenannten Multiplen Chemikalien-Sensitivität (MCS) zu beobachten, einer Krankheit, die bis heute unheilbar ist.
Krieg dem Krieg
Interesse an den Pipelines zeigten in der Vergangenheit aber auch andere. Insbesondere die Revolutionären Zellen (RZ) verübten in den 80er Jahren verschiedene Anschläge auf die Pipelinestruktur und zeigten damit, dass das Militär verwundbar war und äußerst nervös reagierte. Schließlich ist die Treibstoffversorgung notwendig für die Beweglichkeit der Streitkräfte.
Weiterführende Infos:
Zum NATO-Treibstoff gibt es ein Buch:
“Umweltkrank durch NATO-Treibstoff? Multiple Chemikalien-Sensitivität (MCS) und Militär-Emissionen”, Verlag H. Hohl, Heidelberg 2001, ISBN 3-98 05 389-3-1
Zu den Pipelines:
http://www.mwv.de
Zum RZ-Anschlag auf die Nato-Pipelines siehe “Früchte des Zorns” oder
http://www.nadir.org/nadir/archiv/PolitischeStroemungen/Stadtguerilla+RAF/rz/fruechte_des_zorns/
www.terz.org – 28.1.2003