2008-06-02 

2.6.2008 Heiligendamm -- Strasbourg/ Kehl -- Genua

- Peilsender: LKA verliert Prozess
- Prozess gegen Demoanmelder in Karlsruhe
- "Chef, es sind zu viele" - DIE BLOCK-G8-BROSCHÜRE IST DA!
- G8 – ein Jahr danach
- Einzig Graffiti erinnern noch an G8-Gipfel in Heiligendamm
- Kurzer Prozess Heiligendamm: Der G8-Gipfel und was aus den Protesten wurde
- IMI-Kongress 8./9. November 2008 zum Thema NATO
- Brief an die Opfer von Bolzaneto

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Peilsender: LKA verliert Prozess
Urteil: Ermittler bekommen ihr Überwachungsgerät nicht zurück

Oldesloer Student, der unter Terrorismusverdacht stand, hatte den Apparat an seinem Auto gefunden und abmontiert.

Es ist ein Tag Anfang März vergangenen Jahres, an dem der Student Simon J. (Name geändert) aus Bad Oldesloe an der Stoßstange seines Opels eine sonderbare Entdeckung macht: ein Ding aus schwarzem Plastik, so groß wie eine Geldbörse, mit Antennen und Drähten dran. Ein satellitengestützter Peilsender! Der damals 24-Jährige baut das Gerät ab. Und eine Posse nimmt ihren Lauf, die gestern vor dem Amtsgericht Bad Oldesloe mit einer Blamage für das Landeskriminalamt (LKA) ihr Ende gefunden hat.

Denn das LKA hat den Studenten J. – in jenem März der Bildung einer linksextremistischen terroristischen Vereinigung verdächtig – nun auf Herausgabe des behördenintern “GPS-Ortungsgerät Nr. 20” genannten, 2500 Euro teuren Überwachungsapparats verklagt. Und verloren.

Es ist eine kuriose Verhandlung, die in Saal 122 ihren Lauf nimmt und kaum länger als 20 Minuten dauern soll. Für das Land ist Dörte Kloss erschienen, die Justiziarin des Landespolizeiamts. Simon J. lässt sich von seinem Kieler Anwalt Alexander Hoffmann vertreten. Vor der Tür regelt Amtsgerichtsdirektor Ulf Thiele den Strom der Besucher, der nicht abreißen will. Etwa 100 junge Leute aus der linken Szene wollen rein. Die meisten müssen draußen bleiben, denn Saal 122 ist bei weitem zu klein für alle Zuschauer.

Richterin Katja Krebs bringt das Problem auf den Punkt: “Zum Eigentum des Geräts ist bisher kein ausreichender Tatsachenvortrag erfolgt.” Das heißt im Klartext: Das LKA hat nicht beweisen können, Eigentümer des Peilsenders zu sein. Damit ist die Klage für Richterin Krebs unschlüssig und wird abgewiesen.

In der Vergangenheit hat das LKA unterdessen sogar ausdrücklich abgestritten, etwas mit dem Ortungsgerät zu tun zu haben. Das hat Anwalt Hoffmann schriftlich. Sein Mandant hatte nach dem Fund des Senders Briefe an jene staatlichen Stellen schreiben lassen, die infrage kommen, Peilsender zu montieren. Alle Behörden hatten geantwortet und die Montage abgestritten. Aus ermittlungstaktischen Gründen sei das so gewesen, heißt es heute unter der Hand aus dem LKA.

Simon J. und andere Oldesloer aus der linken Szene stehen im März 2007 im Verdacht, eine linksextremistische terroristische Vereinigung gegründet zu haben. Es ist die Zeit vor dem G-8-Gipfel in Heiligendamm. Es hat Brandanschläge unter anderem auf die Oldesloer Firmen Hako und Thormählen Schweißtechnik sowie auf die Autos des ehemaligen Finanz-Staatssekretärs Thomas Mirow (SPD) und des Direktors des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, gegeben. Die Generalbundesanwaltschaft ermittelt. Telefone werden abgehört. Während einer bundesweiten Razzia wird auch das Oldesloer Inihaus durchsucht.

Nachdem Simon J. den Peilsender gefunden hat, sehen sich die Ermittler auch in seiner Wohnung um. Offenbar hoffen sie, bei dieser Gelegenheit auch das verloren gegangenen Ortungsgerät zu finden. Fehlanzeige.

Die Generalbundesanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Simon J. und andere Verdächtige inzwischen an die Staatsanwaltschaft Flensburg abgegeben, die für politisch motivierte Straftaten zuständig ist.

Wo sich der Peilsender befindet, bleibt ein Geheimnis. Das weitere Vorgehen des Landeskriminalamts auch. Die Behörde lehnt unter Berufung auf die laufenden Ermittlungen in Flensburg eine Stellungnahme zum Urteil ab.

Von Alexander Sulanke

erschienen am 30. Mai 2008

Source: http://www.abendblatt.de/daten/2008/05/30/887648.html

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Prozess gegen Demoanmelder in Karlsruhe

Nach der bundesweiten Demonstration in Karlsruhe im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm erhielt der Anmelder einen Strafbefehl über 4800 Euro. Er soll nicht ausreichend für die Durchsetzung einzelner Auflagen gesorgt haben. Die Anklage treibt die Deformierung des Demonstrationsrechts auf die Spitze. Die “Kampagne 19. Mai” wehrt sich gegen die zunehmende Praxis der Behörden, Demonstrationen bereits im Vorfeld mit schikanösen Auflagen zu belegen und durch das Auftreten von Polizeihundertschaften zu kriminalisieren. Für selbstbestimmte Protestformen! Gegen die Anklage! Für das Demonstrationsrecht!

Verhandlung: Mo, 2.6.2008 um 9:30 Uhr, Amtsgericht Karlsruhe, Saal III Kundgebung: 9 Uhr vor dem Amtsgericht Karlsruhe

Kommt zum Prozess und unterstützt die Kampagne! Demonstrationen gehören den DemonstrantInnen!

Karlsruhe, 28.5.2008 – Pressemitteilung

Einer (haftet) für alle Demoanmelder droht Verurteilung – „Kampagne 19. Mai“ ruft zu Kundgebung auf

Prozesstermin: Montag, 2.6.2008 um 9:30 Uhr, Amtsgericht Karlsruhe, Saal III Kundgebung vor dem Amtsgericht um 9:00 Uhr

Am 2. Juni steht der Anmelder einer Demonstration vor Gericht: Bei einer Verurteilung drohen ihm 160 Tagessätze bzw. 4800 Euro Strafe. Ihm selbst wird kein Vergehen zur Last gelegt. Nach dem Prinzip “Einer haftet für andere” fordert die Staatsanwaltschaft jetzt die Verurteilung des Anmelders, weil einzelne TeilnehmerInnen der Demonstration gegen Auflagen verstoßen haben sollen.

Mit diesem Verfahren greift die Staatsanwaltschaft einen an, der nichts anderes getan hat, als ein demokratisches Grundrecht in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus war er bereit, die mit einer Demo-Anmeldung entstehenden Pflichten gegenüber den Ordungsbehörden verantwortungsbewusst umzusetzen. In der Konsequenz heißt das zweierlei: Die Staatsanwaltschaft versucht erstens, ein Grundrecht unter Strafe zu stellen, und zweitens ein präventiv-repressives Signal an künftige AnmelderInnen von Demonstrationen zu senden!

Um den Angeklagten solidarisch zu unterstützen, ruft die “Kampagne 19. Mai” zum Besuch des Prozesses um 9.30 Uhr im Amtsgericht Karlsruhe auf. Unmittelbar davor findet eine Kundgebung unter dem Motto “Demonstrationen gehören den Demonstranten” statt.

Wir kritisieren die zunehmende Praxis der Behörden, Demonstrationen bereits im Vorfeld mit schikanösen Auflagen zu belegen. Insbesondere weisen wir darauf hin, dass Polizei und Staatsanwaltschaft vor allem linke Proteste kriminalisieren und zu behindern versuchen. Hierzu zählen neben der strafrechtlichen Verfolgung von AnmelderInnen auch das willkürliche Festsetzen von Anmeldegebühren und aktuell die Verschärfung des Versammlungsgesetzes in Bayern.

Für selbst bestimmte Protestformen! Gegen die Anklage! Für das Demonstrationsrecht!

Weitere Informationen und Hintergründe zum Prozess bzw. zur Demonstration finden Sie auf unserer Homepage http://www.kampagne19mai.de

Pressekontakt: Der Rechtsanwalt des Angeklagten steht Ihnen im Anschluss an den Prozess für Rückfragen gerne zur Verfügung. Ebenso können Sie sich bei Fragen an unsere Kontaktadresse kampagne19mai@querfunk.de wenden.

Source: email

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"Chef, es sind zu viele" - DIE BLOCK-G8-BROSCHÜRE IST DA!

Die Blockaden des G8-Gipfels 2007 haben ein Stück Widerstandsgeschichtegeschrieben. Ihre letztendliche Bedeutung werden sie aber dadurch erhalten,was wir und Ihr aus diesen Erfahrungen macht, wie Block G8 zum Referenzpunktoder zum Steinbruch für kommende Aktionen wird. Mit dieser Broschüreverabschiedet sich Block G8 als politische Struktur und versucht, den Erfolgund Erfahrungen schriftlich zu dokumentieren und damit für die Bewegungfestzuhalten und diskutierbar zu machen.

Eine Broschüre zum Querlesen, Weiterdiskutieren und Ausprobieren, die infünf Teile gegliedert ist:

A Los geht's

* Gemeinsame Abschlusserklärung von Block G8 * Ausführliche Chronologie derAktionen und der Vorbereitung * Link zur Erklärung: http://www.block-g8.org/Abschluss.pdf

B Zur Kritik der G8

* Was ist G8 ? * Geschichte der Gipfelproteste * Kapital, Krise, Klimawandel* Migration und G8 * Die G8 und die Militarisierung der Welt * Rede der iLvom 2.6.2007 * Stopp EPAs

C Politische Auswertung

* Wir waren Block G8: Kurzstellungnahmen beteiligter Gruppen undOrganisationen * Alte Brüche und neue Gemeinsamkeiten * Jenseits derGewaltdebatte * Die Frage der Aktionskultur * Sicherheitswahn undStaatsmanöver * Razzia in Bonn * Interview mit PAULA * Show oder Widerstand?* Auswertung aus Sicht griechischer AktivistInnen * Block G8/Heiligendamm imZyklus der globalisierungskritischen Kämpfe *

D Methodische Auswertung

* Aktionstrainings * Pressearbeit * Moderation * Entscheidungsstrukturen *Logistik *

E Dokumente

* Das erste Flugblatt * Aufruf * Aktionsvereinbarung * Presseschnipsel *

Zwischendrin gibt's jede Menge Anekdoten, Berichte und Fotos, um inErinnerungen zu schwelgen!

Mehr Infos: http://www.block-g8.org

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G8 – ein Jahr danach

Heute vor einem Jahr begann mit einer Demo und Ausschreitungen in Rostock die Zeit des G8-Gipfels. Ein Jahr später erzählen Menschen, die mitwirkten, beteiligt oder betroffen waren: Wie war das damals, und was ist seither passiert?

Das Gefängnis: eine Halle, unterteilt in Zellen. Bilder der zwei provisorischen Haftanstalten in Rostock gingen durch die Medien – Kritiker sprachen von „Klein Guantanamo“. Polizeihauptkommissar Maik Schroeder (35) aus Stralsund war Chef der Gefangenensammelstelle. „Am Tag kamen etwa 200 Gefangene“, erinnert er sich. „Platz war genug. Es hätten mehr reingepasst.“ Die Bedingungen seien „gar nicht so schlecht“ gewesen, meint er. „Es gab eine Klimaanlage, die Verpflegung war gut. Wir konnten sogar Gerichte für Vegetarier anbieten.“ Natürlich, schränkt er ein: „Schön war’s nicht. Aber so eine Festnahme ist kein Hotelaufenthalt.“ Einmal gingen Demonstranten gegen den Zaun vor. „Das einzige Mal, dass wir raus mussten, mit Helm und Schlagstock.“ Eingesetzt worden sei der Stock aber nicht.

Die Demonstranten: Jan Ihle & Hans-Christian Ströbele

„In den Tagen um den Gipfel habe ich viele Polizisten kennengelernt, die ganz entspannt waren“, erinnert sich Jan Ihle (23). „Bei einer Demo haben wir sogar Verpflegung geteilt“, so der Rostocker Student. „Richtig doof“ sei nur das „Theater“ rund um das Konzert am 2. Juni in Rostock gewesen. „Da stießen Polizisten immer wieder in die friedlich feiernde Menge vor, um angebliche Störer zu verhaften.“ Ihle: „So sollte die ganze Demo kriminalisiert werden.“ Das kritisiert auch Hans-Christian Ströbele, stellvertretender Fraktionschef der Grünen: „Die Polizei hat riesige Fehler gemacht.“ Dennoch: „In Erinnerung bleiben die friedlichen Demonstranten auf Wiesen und Feldern.“

Der Seelsorger: Andreas Schorlemmer

„G 8 ist vergessen“, sagt Polizeiseelsorger Andreas Schorlemmer (58). Doch dann kommen die Erinnerungen an „einen Einsatz, den wir in dieser Dimension hier nicht mehr haben werden“. Er habe mit zig Beamten gesprochen, interessante Menschen kennengelernt. Einmal war er mit seinem Polizeiauto eingeklemmt in der von Demonstranten blockierten Zufahrtsstraße. „Als ich dann Polizisten im Krankenhaus besuchen wollte, haben mir die Gipfelgegner eine Gasse freigeschlagen. Da war ich sehr gerührt.“ Längst hat für ihn der normale Dienst wieder begonnen. Als Seelsorger wird er zu schweren Unfällen gerufen. „Manchmal hilft nur Schweigen“, ist die Erfahrung des Pastors. Und der Titel seines Buches, das nach dem Gipfel erschienen ist. Seither ist er auf Lesungen anzutreffen. „Da lerne ich wieder viele interessante Menschen kennen.“ Und G 8 ist so weit weg.

Der Landwirt: Rainer Uplegger

„Jetzt sind wir die Bösen, Papa“, sagt Paul Uplegger (6), als er mit Papa vom Fototermin aus dem Gerstenfeld vor dem Haus in Rethwisch kommt. Vor einem Jahr waren die Bösen aus Sicht des Papas, der ganz schön geschimpft hatte, Hunderte von Demonstranten, die durch seine Felder latschten. „Gott sei Dank war das Weizen. Gerste ist so piekig“, sagt Paul. Rainer Uplegger (38) hatte da andere Sorgen. Nicht nur das Weizenfeld vor seinem Fenster wurde Hauptverkehrsader der politischen Völkerwanderung. In Brodhagen haben die Demonstranten, die zum Zaun rund um Heiligendamm wollten, ihm den Raps zerlatscht. In Börgerende Zuckerrüben. „Der Schaden ging in die Tausende. Hat doch keiner damit gerechnet, dass die Polizei nicht eingreift“, sagt der Landwirt. „Jetzt bei den Bauern-Demos kamen Wasserwerfer. Aber die Chaoten durften Privateigentum beschädigen, ohne dass was passiert“, schimpft er. Wie viel er an Ausgleichszahlungen erhielt, will er nicht sagen. Dafür antwortet er auf die Frage, ob der G8-Gipfel nicht etwas Positives hatte? „Nö, ich hätte gut drauf verzichten können. Nie wieder. Beim nächsten Mal sollen die sich auf Helgoland treffen.“

Der Platzwart: Klaus Penndorf

Zum Gipfel bekam die Bad Doberaner Galopprennbahn einen neuen Zaun spendiert. Der ganze Stolz von Platzwart Klaus Penndorf (68). Zusätzlich verlief der Gipfel-Zaun um das Grundstück: Es diente der Polizei als Kontrollpunkt. „Eigentlich lagen wir in der Sperrzone“, so Penndorf. Aber am 5. Juli durchbrachen Demonstranten die Sperren und ließen sich nicht mehr vertreiben. „Ab da war es schlimm“, sagt der Platzwart. „Die Demonstranten liefen im Kontrollbereich umher.“ Auch der neue Zaun für die Galopprennbahn wurde beschädigt. „Es war kein Vergnügen, hier zu arbeiten. Ich musste täglich herkommen. Gucken, ob Maulwurfshügel da sind, Ratten oder Wühlmäuse. Und Rasen mähen.“ Einmal sei er mit seinem Transporter am Zaun entlanggefahren und habe versehentlich ein Schild der Protestler heruntergerissen. „Sie schrien: ,Kannst du nicht aufpassen, du Schwein?’ Dann schlug einer mit dem Baseballschläger gegen das Wagenfenster.“ Ab da nahm Klaus Penndorf seinen Rhodesian Ridgeback mit. „Der ist total gutmütig. Aber wenn mich einer angegriffen hätte, hätte der Hund mich verteidigt.“ Penndorf ist froh, dass der Gipfel vorbei ist. „Ich denke nicht gerne daran zurück.“

Der Security-Chef: Michael Joppeck

„Hätten die gewusst, dass von hier aus die zivilen Sicherheitskräfte organisiert wurden, hätten die mir die Bude abgefackelt.“ Michael Joppeck (38) betreibt einen Transport- und Sicherheitsdienst in Reddelich. Im Juni 2007 war er mitten im Anti-G8-Camp, umgeben von Demonstranten. Der schwarze Block hatte sich vor seiner Nase niedergelassen. Direkt vor seiner „Schaltzentrale. 160 zivile Sicherheitskräfte hat er von dort aus geleitet. „Aber die haben nichts gemerkt. Unglaublich!“ Seine Firma hatte Joppeck 2007 umzäunt. Mit dem Zaun, der auch Heiligendamm umgab. Sein Zaun steht noch. An den Fenstern hat er Sicherheitsfolie angebracht. Auch die klebt noch. Seine Firma gleicht jetzt einem Hochsicherheitstrakt. Vor G8 hatte er 20 Mitarbeiter, jetzt 40. Joppeck sagt: „Von mir aus können die zwei G8-Gipfel pro Jahr machen.“

Die Heiligendammer: Angelika Peißker & Iris Ohme

Vor einem Jahr waren die Heiligendammer Filmstars. Kamerateams filmten sie hinterm Zaun, beim Sicherheits-Check, beim Plausch. Manche Teams filmten sogar, wie andere Teams filmten. Und RTL-Nachrichtenmann Peter Kloeppel lud sich zum Grillfest im abgeschotteten Ort ein. Einmütig hatten sie zusammengesessen, mit Kloeppel geschwatzt. Für Angelika Peißker (64) längst Vergangenheit: „Ich erinnere mich nur noch daran, wenn jemand fragt.“ Sie sei von der G8-Veranstaltung genervt gewesen – und zusammen gegrillt habe man seitdem auch nicht mehr. Es waren skurrile Szenen, die sich in und um Heiligendamm abgespielt haben – die Filmemacher Andreas Horn (42) und Dirk Matzewski (43) verewigten einige in der Dokumentation „Der Zaun“. Iris Ohme (66) hat all das abgehakt. „G8 ist vorbei. Und die Zäune stehen jetzt am Hotel Kempinski.“

Maik Schroeder

Info: „Der Zaun“ erscheint im Juli als DVD.

Source: www.ostsee-zeitung.de

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Einzig Graffiti erinnern noch an G8-Gipfel in Heiligendamm

Chefs von sieben Industrienationen und Russland trafen sich vor einem Jahr – Vorwürfe gegen Polizei

Rostock/dpa. Vor einem Jahr schlugen die Wellen in Mecklenburg- Vorpommern hoch. Die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrienationen und Russlands trafen sich Anfang Juni zum G8-Gipfel in Heiligendamm. Das Ostseebad wurde mit einem Zaun abgeriegelt. 16 000 Polizisten sicherten den Gipfel. Schwere Ausschreitungen gewalttätiger Autonomer ließen die Bilder der friedlichen Demonstration am Wochenende vor dem Gipfelbeginn verblassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Gäste ließen sich später im größten Strandkorb der Welt fotografieren. Inzwischen erinnert in Rostock, Heiligendamm und Umgebung außer vereinzelten Graffiti nichts mehr an den Gipfel.

Nach dem Gipfel ist nach Worten des Koordinators des Anti-G8- Bündnisses, Monty Schädel, die Anti-Globalisierungsszene näher zusammengerückt. «Wir haben noch keine Ziele durchgesetzt, die Zusammenarbeit ist aber besser geworden – ein Qualitätssprung im Vergleich zur Zeit davor», sagt Schädel, der Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft ist. Die Proteste hätten gezeigt, dass mit gewaltfreien Mitteln, etwa der Blockade am Zaun, etwas zu erreichen sei. «Wir haben die Gipfelteilnehmer eingesperrt, mehr konnten und wollten wir nicht erreichen.» Es bleiben aber die alten Vorwürfe, dass sich die Polizei unverhältnismäßig und unfair gegenüber Demonstranten verhielt.

Das lässt der Chef der G8-Polizeieinheit, Knut Abramowski, so nicht stehen. «Wir haben den ordnungsgemäßen Verlauf des Gipfels sichergestellt», betont er. «Wir haben verhindert, dass die Rostocker Innenstadt in Trümmer gelegt wurde.» Abramowski, heute Chef der Polizeidirektion Schwerin, bleibt ruhig beim Gedanken an die anstehende Überprüfung des Luftwaffen-Einsatzes im Gebiet um Heiligendamm durch das Bundesverfassungsgericht. Der Einsatz sei nötig gewesen, um versteckte Depots zu orten. Die Verfassungsmäßigkeit sei vorher überprüft worden.

Der Geschäftsführer des Landestourismusverbandes, Bernd Fischer, findet: «Mecklenburg-Vorpommern ist international bekannter geworden.» Er verweist auf die umfangreiche Berichterstattung in ausländischen Medien. «Das kam zur rechten Zeit», will doch der Nordosten den mit 2,9 Prozent sehr bescheidenen Anteil ausländischer Gäste steigern. Richtig zufrieden ist aber die Sprecherin des Grand Hotels in Heiligendamm, in dem die Staats- und Regierungschefs getagt hatten. Nach dem Gipfel sei die Zimmerauslastung von schwachen 40 Prozent 2006 auf 62 bis 64 Prozent in diesem Jahr gestiegen, sagt Kirsten Brasche-Salinger.

Ein aufregendes Jahr haben die Gerichte und die Rostocker Staatsanwaltschaft hinter sich. Laut Oberstaatsanwalt Peter Lückemann wurden 1450 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit G8 eingeleitet. 46 Verfahren sind noch am Laufen, 83 endeten mit rechtskräftigen Verurteilungen. Allerdings hätten sich die Behörden nach Ansicht von Kritikern viel ersparen können, wenn sie nicht minimale Verstöße gegen das Versammlungsgesetz genauso verfolgt hätten wie Steinewürfe gegen Polizisten.

Immer wieder in der Kritik war die Behandlung von festgenommenen Demonstranten, die teilweise stundenlang und ohne anwaltliche Betreuung in sogenannten Gefangenensammelstellen in Käfigen festgehalten wurden. «Wir haben bei G8 massive Eingriffe in die Bürgerrechte und Versammlungsfreiheit erlebt», sagt die Grünen- Bundesvorsitzende Claudia Roth. «Heiligendamm steht für die Trennung von Politik und Gesellschaft. Der Zaun ist weltweit zum Symbol geworden für eine Politik, die sich abschottet und verschließt gegenüber den Menschen.»

von Joachim Mangler, 29.05.08
Source: www.mz-web.de

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Kurzer Prozess Heiligendamm: Der G8-Gipfel und was aus den Protesten wurde

Von Julia Schäfer
(Ursendung)

Heiligendamm, Juni 2007. Unter dem Motto "G8 blockieren" nutzen zehntausende Demonstranten das Gipfeltreffen der acht führenden Industrienationen, um gegen deren Politik zu protestieren. Schon bevor die Staats- und Regierungschefs tagen, gehen Polizei-Sondereinheiten vor dem Sicherheitszaun, in der Nähe der Camps oder am Rostocker Hafen gegen Gipfelgegner vor. Nach offiziellen Angaben werden 1.112 Menschen in den Gefangenensammelstellen festgesetzt. Später erzählen Betroffene von psychischen Schikanen, stundenlangen Fesselungen oder Knietritten ins Gesicht. In den Monaten nach dem Gipfelspektakel muss der Großteil der Verfahren eingestellt werden.

Und während vor Gericht vereinzelt gegen vermeintliche Polizeiwillkür und Repression gekämpft wird, treffen sich hunderte Aktivisten bei den "Perspektiventagen" in Berlin wieder. "Wie weiter nach Heiligendamm?" lautet dort die Frage, und es ist die Frage nach der Zukunft der globalisierungskritischen Bewegung im zehnten Jahr nach der Gründung von ATTAC.

Produktion: MDR 2008
Regie: Helmut Kopetzky
(vor einem Jahr: G8-Gipfel in Deutschland)

Source: http://www.mdr.de/DL/5506837.pdf

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IMI-Kongress 8./9. November 2008 zum Thema NATO

Nun stehen Thema und Termin des nächsten IMI-Kongresses fest. Der Kongress findet dieses Jahr am 8./9. November statt und wird sich intensiv mit dem Thema NATO beschäftigen.

Auf dem letzten NATO-Gipfel in Bukarest Anfang April hat die NATO eine Reihe weit reichender Entscheidungen getroffen. So soll u.a. ein eigenes Raketenabwehrsystem aufgebaut und der Kriegseinsätze in Afghanistan weiter forciert werden. Nicht zuletzt wurde dort die Erarbeitung eines Neuen Strategiedokuments beschlossen, das auf dem nächsten Gipfeltreffen pünktlich zum 60jährigen Jubiläum der NATO im Frühjahr 2009 verabschiedet werden soll.

Da dieser Gipfel in Kehl und Straßburg stattfinden soll, wird der Kongress nicht nur die Kriegspolitik der NATO in ihren verschiedensten Dimensionen ausführlich beleuchten, sondern er soll damit gleichzeitig auch der Mobilisierung für die Proteste gegen den NATO-Gipfel 2009 dienen.

Source: www.imi-online.de

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Brief an die Opfer von Bolzaneto

Genua, 22. Mai 2008

Liebe Freundinnen und Freunde,

im Juli, voraussichtlich am 21. oder 22. Juli, wird das Urteil des Bolzaneto-Verfahrens verkündet. Die Staatsanwaltschaft fordert die Verurteilung von 46 Beamten und Leitern der Polizei, der Carabinieri, der Gefängnispolizei, Ärzten und Krankenpflegern, die wegen Gewaltakten gegen festgenommene Demonstranten in der Bolzaneto-Kaserne vom Freitag 20. bis Sonntag 22. Juli angeklagt sind.

Da unsere Gesetzgebung keinen spezifischen Paragraph für Folter beinhaltet, hat die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung für die Straftaten von Amtsmissbrauch, Verletzungen, Beleidigung, privater Gewalt, Autoritätsmissbrauch gegen Festgenommene, Drohungen, Fälschung, Unterlassung von Arztattesten zu insgesamt 76 Jahren, 4 Monaten und 20 Tagen Gefängnisstrafe gefordert.

Keiner der Angeklagten wird einen einzigen Tag im Gefängnis verbringen, da die meisten Straftaten 2009 verjähren. Wir werden aber immerhin ein Ergebnis erreichen, wenn das Gericht die Verantwortlichen verurteilen und eine Entschädigung der NebenklägerInnen für die erlittenen, sowohl physischen als auch moralischen Schäden beschließen wird.

Anlässlich der Urteilsverkündung ist das Komitee Wahrheit und Gerechtigkeit gerade bemüht, Veranstaltungen und Unterkunft für alle diejenigen, die nach Genua fahren werden, zu organisieren. Die Bürgermeisterin Genuas, Frau Marta Vincenzi, hat uns ihre Bereitschaft erklärt, die NebenklägerInnen, die zur Urteilsverkündung nach Genua fahren wollen, auf Kosten der Stadtverwaltung aufzunehmen. Dafür müssen wir wissen, wer von euch nach Genua fährt. Durch Deine Mailadresse und unsere Webseite werden wir Dich kontaktieren, um Dich über die Veranstaltungen zu informieren, die unserer Komitee zur Urteilsverkündung vorbereiten wird und um Dir jede weitere nötige Information mitzuteilen.

Herzliche Grüße

Enrica Bartesaghi, Präsidentin des Komitees Wahrheit und Gerechtigkeit für Genua

Source: email